Mannheim. Die Stadt Mannheim muss Einsicht in den Kaufvertrag über das Spinelli-Gelände geben, den sie im April 2020 mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) abgeschlossen hat. Das gibt am Freitag der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg als Urteil einer mündlichen Verhandlung vom 24. November bekannt. Damit hat die Klage des Mannheimer Unternehmers Rolf Götz auf Grundlage des Landesinformationsfreiheitsgesetzes auch in zweiter Instanz Bestand. Der 10. Senat weist die Berufungen der BImA und der städtischen Töchter GBG, Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft, sowie der MWS Projektentwicklungsgesellschaft zurück.
Götz ist Gegner der Buga
„Wer Steuern zahlt, hat das Recht zu erfahren, wie viel Geld von Bürgern die Stadt für was ausgibt“, hat Rolf Götz stets sein Anliegen begründet. Der Diplom-Kaufmann, der in dritter Generation das Familienunternehmen Preßluft Götz leitet, freut sich, dass zwei Gerichte seinen Anspruch auf Einsicht in den Kaufvertrag für rechtens erachtet haben. „Der lange Atem hat sich gelohnt“, so der 68-Jährige, der bereits vor zweieinhalb Jahren beantragt hatte, in den Spinelli-Verkaufsvertrag Einsicht zu nehmen beziehungsweise über Kaufpreis und eventuelle Abreden mit finanzieller Auswirkung informiert zu werden. Dass er vehementer Gegner der Bundesgartenschau ist, die 2023 auf einem Teil des Areals sprießen soll, daraus hat er nie einen Hehl gemacht.
Rückblick: Am 29. April 2020 teilte die Stadt mit, dass sie gemeinsam mit ihren Töchtern, der Projektentwicklungsgesellschaft MWSP und der Wohnungsbaugesellschaft GBG, den letzten großen Brocken des einst von US-Streitkräften genutzten Spinelli-Areals in Feudenheim von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gekauft hat. Auf der aus mehreren Stücken bestehenden Fläche (insgesamt etwa doppelt so groß wie der Luisenpark) werden außer der Buga für 4500 Menschen Wohnungen und ein zentraler Teil des Grünzugs Nordost entstehen. Vom Kaufpreis stand nichts in der Rathaus-Mitteilung. Allerdings hatte der „MM“ schon zuvor auf einer Sonderseite zum Doppelhaushalt 2020/2021 erwähnt, dass für den Ankauf des Spinelli-Geländes fünf Millionen Euro bereitgestellt werden.
Dazu erklärte seinerzeit der Stadtsprecher, die Summe beinhalte auch Abriss und Freiräumung. Ob die fünf Millionen tatsächlich ausreichten, blieb bis heute offen. Bei der mündlichen VGH-Verhandlung, zu der auch die Stadt als Nicht-Berufungsklägerin beigeladen ist, führt der Vorsitzende Richter des 10. Senats, Christian Paur, mit den Parteien intensive Rechtsgespräche. Im Mittelpunkt stehen zwei Fragenkomplexe: Gilt es, andere Schutzvorschriften zu berücksichtigen, die mit dem Landesinformationsfreiheitsgesetz konkurrieren? Außerdem kreisen die Redebeiträge darum, ob die von der BImA wie auch von den städtischen Töchtern geltend gemachten Geschäftsgeheimnisse als Grundlage erfolgreicher Verhandlungen beim Verkauf beziehungsweise Verwerten von Grundstücken berechtigt sind.
Urteil erst rechtskräftig, wenn es schriftlich vorliegt
Der VGH hebt in seiner Pressemitteilung hervor: Bereits das Verwaltungsgericht Karlsruhe schließt aus, dass der Anspruch nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz weder aufgrund besonderer Sperrvorschriften zur Grundbucheinsicht noch zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen ausgeschlossen ist. Bislang gibt es nur den Tenor des Urteils, aber es steht fest: Revision ist nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden.
Und wie geht es nun weiter? Wie Klägeranwalt Jürgen Behrendt ausführt, ist das Urteil erst rechtskräftig, wenn es schriftlich vorliegt und außerdem die Berufungsparteien entweder die Vier-Wochen-Frist für eine Nichtzulassungsbeschwerde verstreichen lassen beziehungsweise eine solche verworfen wird. Erst danach müsse die Stadt den Spinelli-Kaufvertrag offenlegen. Auf Nachfrage erklärt der Fachanwalt für Verwaltungsrecht, dass dann nicht nur der obsiegende Kläger das Dokument einsehen dürfe. Die Stadt reagiert zurückhaltend. Rathaus-Sprecher Ralf Walther sagt auf Anfrage: „Das Urteil ist wie erwartet ausgegangen, wir warten jetzt auf die Urteilsbegründung.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Zu Spinelli-Kaufpreis: Die Urteile senden eine klare Botschaft