Mannheim. Die meisten Tötungsdelikte sind Beziehungstaten – dieser Satz ist bei „Verbrechen im Quadrat“, dem True-Crime-Podcast des „Mannheimer Morgen“, schon häufiger gefallen. Es beginnt mit großen Glücksgefühlen, Visionen, Zukunftsplänen und endet mit einer Katastrophe. In der vorerst letzten Folge der dritten Staffel von „Verbrechen im Quadrat“ geht es um einen solchen Fall. Ein Mord mit Vorgeschichte, ein Fall, der Fragen offen lässt – vor allem die nach dem Warum. Warum konnte der Tod einer 33-jährigen Frau, Mutter eines kleinen Mädchens, nicht verhindert werden?

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„MM“-Gerichtsreporterin Angela Boll hat diesmal drei Gäste ins Podcast-Studio eingeladen. Rechtsanwältin Sabrina Hausen vertrat in dem Fall die Hinterbliebenen des Opfers – die Mutter und den Bruder der Frau. Peter Lintz hatte 2019 gerade als Oberstaatsanwalt die Leitung der Abteilung Allgemeine Strafsachen übernommen und führte die Ermittlungen an, Kriminalhauptkommissarin Claudia Strickler blickt aus Polizeisicht auf diesen konkreten Fall, gibt aber auch Tipps, wie sich Menschen verhalten sollten, wenn ihnen ein Ex-Partner nachstellt.
Freundin ebenfalls schwer verletzt
Die Aufzeichnung des Notrufs von der Nacht des 27. Oktober 2019 ist eines der Beweismittel, die Oberstaatsanwalt Peter Lintz prägend in Erinnerung geblieben sind. Um 2.08 Uhr nimmt ein Beamter der Leitstelle ab und bekommt die pure Verzweiflung zu spüren. Eine Frau schluchzt ins Telefon, berichtet in gebrochenem Deutsch, dass ihre Freundin schwer verletzt ist, sie kann in ihrer Panik die Adresse in den Quadraten nicht wiedergeben, sie weint, schreit.
Sabrina Hausen
- Sabrina Hausen arbeitet als Anwältin, sie ist spezialisiert auf Strafrecht.
- Häufig vertritt Sabrina Hausen als Anwältin der Nebenklage vor Gericht Opfer von Straftaten oder deren Hinterbliebene. In dieser Position kann sie dafür sorgen, dass deren Leid und langfristige Folgen von Straftaten Beachtung finden.
Schließlich nimmt ein Anwohner den Hörer in die Hand und gibt der Polizei die Daten durch. Es dauert nur wenige Minuten, bis sie vor Ort sind. Aber es ist zu spät. Die 33-jährige Freundin der Anruferin ist tot, und auch die Anruferin selbst ist schwer verletzt. Bevor sie ins Krankenhaus gebracht wird, kann sie den Beamten noch sagen, wer der Täter ist. Es handelt sich um den Ex-Partner ihrer Freundin, der allerdings geflüchtet ist. Peter Lintz berichtet im Podcast auch von den ersten Maßnahmen der Kripo am Tatort. Zum einen habe man dort alle Spuren sichern müssen, zum anderen galt es, den Täter möglichst schnell zu fassen. „Es gab dann die Anordnung, seine Wohnung zu durchsuchen und sein Telefon zu überwachen“, sag Lintz. Etwa eine Stunde nach dem Eingang des Notrufs sei das SEK in die Wohnung eingedrungen und habe den Verdächtigen im Schlaf überwältigt. „Er hat die Tat bestritten“, weiß Lintz noch.
Peter Lintz
- Oberstaatsanwalt Peter Lintz hat in dem Fall die Ermittlungen geleitet.
- Zum Zeitpunkt des Mordes hatte er gerade die Leitung der Abteilung Allgemeine Strafsachen bei der Mannheimer Staatsanwaltschaft übernommen.
- Peter Lintz war zuvor lange in der in der Wirtschaftsabteilung tätig.
In der Zwischenzeit haben die Ermittler auch mehr über die Vorgeschichte von Täter und Opfer erfahren. Die beiden waren gut eineinhalb Jahre lang ein Paar gewesen, bis sich die Frau im April 2019 trennte. Ihre Tochter stammte aus einer vorherigen Beziehung. Den Schlussstrich aber wollte der Mann nicht akzeptieren. Er stellte der Frau nach, kontrollierte sie, rief ständig an, schickte Nachrichten. Unaufhörlich behielt er seine Ex im Auge. Ein Stalker. Die Frau, die nach der Trennung weiterhin in Mannheim lebte, ging zur Polizei, sie führte ein sogenanntes Stalking-Tagebuch. Anwältin Sabrina Hausen: „Sie hatte auch Anzeige erstattet und jede Menge Beweismaterial gesichert.“ Die Juristin vertritt häufig Opfer oder Hinterbliebene vor Gericht, hat regelmäßig mit Stalkingfällen zu tun: „Gerade in diesem Fall hat die Frau alles getan, was möglich war.“
Claudia Strickler
- Kriminalhauptkommissarin Claudia Strickler leitet im Polizeipräsidium das Referat Prävention.
- Sie war zuvor in der Pressestelle tätig, arbeitete aber auch schon im Bereich Sexualdelikte. Claudia Strickler erklärt im Podcast, wie sich Opfer von Stalkern schützen können.
Kriminalkommissarin Claudia Strickler kann sich an den Fall noch gut erinnern. Natürlich sei er auch an den Kollegen nicht spurlos vorbeigegangen, erzählt sie im Gespräch mit Angela Boll: „Es waren alle Maßnahmen zur Gefahrenabwehr getroffen worden. Und trotzdem gibt es Straftaten, die kann man nicht verhindern.“ Chef-Ermittler Lintz erinnert sich, dass die Suche nach Beweismitteln auf Hochtouren lief, auch als der Täter längst gefasst war. Eine Fitness-App, die während der Tat aktiviert war, lieferte Hinweise, ebenso wie die Spur, die eingesetzte Mantrailer-Hunde vom Tatort bis zur Haustür des Täters verfolgen. Auch wenn der Mann weiterhin alles bestreitet, besteht kein Zweifel an dessen Schuld.
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Kein Abschied möglich
Beim Prozess am Landgericht im Sommer 2020 treffen die Mutter der Getöteten und der Mörder ihrer Tochter wieder aufeinander. Ein Horrortrip für die Hinterbliebene. Durch Hammerschläge und 27 Messerstiche war die Frau getötet worden: „Für ihre Mutter war es grauenhaft, dass sie sich nicht mehr verabschieden konnte, weil die Tochter dermaßen verunstaltet war.“ Im Podcast beschreiben die Prozessbeteiligten auch, wie sie den Angeklagten im Gerichtssaal wahrgenommen haben. „Er war ruhig und zeigte keine Emotionen“, sagt der Staatsanwalt, als „teilnahmslos“ empfand ihn Anwältin Hausen. Der Mann wird wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht stellt die besondere Schwere der Schuld fest. Erst am Schluss hatte er vor Gericht noch eine Erklärung abgegeben. Sie sei seine große Liebe gewesen, sagte er über das Opfer.
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