Betreuung

Ganztagsöffnungszeiten gestrichen: Engpässe in evangelischen Kitas bringen Eltern ans Limit

Von 
Bertram Bähr
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Massive Engpässe, unter anderem in der evangelischen Kita Käfertaler Straße in der Neckarstadt, zehren an den Nerven vieler Eltern. © Bertram Bähr

Mannheim. Jede dritte Fachkraft erkrankt: Wie es in städtischen Krippen, Kitas und Horten derzeit aussieht, machte die Stadtverwaltung vor kurzem mit dieser Zahl deutlich. Sie bezieht sich auf Februar und März – und auf die Folgen von Corona. Dass es deshalb immer wieder zu kurzfristigen oder längeren Beschneidungen von Betreuungszeiten kommt, ist derzeit trauriger Alltag – auch in den Kitas und Krippen anderer Träger.

Dass eine Kita allerdings für mehrere Monate den Ganztagsbetrieb komplett einstellt und den Eltern nur noch verlängerte Öffnungszeiten (VÖ) anbietet, ist nach Einschätzung der Stadt neu. Aber inzwischen Realität – in der evangelischen Kindertagesstätte Käfertaler Straße in der Neckarstadt. Leider bestehe in der zweigruppigen Einrichtung (etwa 40 Kinder) „weiterhin ein personeller Engpass und wir können die Ganztages-Öffnungszeit voraussichtlich bis zu den Sommerferien nicht mehr einhalten“, teilte die Kita-Verwaltung der Evangelischen Kirche (Ekma) den Eltern am 28. April mit. Das gelte ab 1. Mai.

„Diese Umstellung fand ohne Rücksprache mit uns Eltern statt“, kritisiert eine betroffene Mutter gegenüber dem „Mannheimer Morgen“. „Mit einem Werktag Vorlauf vor Inkrafttreten“ sei man „vor vollendete Tatsachen gestellt“ worden. Das mache „fassungslos“.

Beiträge werden rückerstattet

„Wenn Personal kurzfristig erkrankt, gelingt es uns manchmal leider nicht, die Kürzung der Öffnungszeiten vorher mit den Eltern abzustimmen“, teilt Steffen Jooß, Direktor der Evangelischen Kirchenverwaltung, auf Anfrage mit: „Das ist sehr bedauerlich, lässt sich aber leider nicht immer vermeiden.“

Eigentlich ist die Familie mit der Betreuung in der Neckarstadt hoch zufrieden. Die Tochter gehe „jeden Tag mit großer Freude in ihre Gruppe, für uns Eltern ist das ein großes Glück“. Das Personal leiste „hervorragende Arbeit“, gegenüber den Kindern herrsche „ein liebevoller und sehr zugewandter Umgang“ und sie würden „tagtäglich mit kreativen Ideen gefördert“. Aber was nutze das alles, wenn die Zeiten massiv eingeschränkt würden: Durch die Umstellung von Ganztag auf VÖ fielen bis zu den Sommerferien rund 200 Betreuungsstunden weg. Das bringe nicht zuletzt erhebliche berufliche Auswirkungen und Nachteile mit sich.

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Dabei ist der Einschnitt in der Käfertaler Straße zwar ungewöhnlich massiv. Aber die Folgen der Engpässe zeigen sich auch andernorts deutlich. Steffen Jooß fasst zusammen: „Aufgrund der durch Corona und dem generellen Personalmangel angespannten Situation sind mehr als zehn Kitas von einer Reduktion der Öffnungszeiten betroffen.“ Diese Zahl ändere sich immer wieder. Man versuche, „bei Kürzungen immer mit Eltern individuelle Lösungen zu erarbeiten“. Deshalb könne man „nicht ,die eine Lösung’ nennen“.

In der Kita Fürstenwalder Weg auf der Vogelstang zum Beispiel wurden die Zeiten aktuell um knapp zwei Stunden gekürzt. Statt 7 bis 17.15 Uhr können die Kinder nur noch von 7.30 bis 16 Uhr in die Kita. „Das bringt Eltern, die beide berufstätig sind, in echte Schwierigkeiten“, sagt eine betroffene Mutter. Sie beklagt außerdem, trotz eines von der Kirche zugesagten reduzierten Beitrags ab 15. April sei auch für den Mai die volle Gebühr abgebucht worden. Das zumindest lässt sich schnell klären, wie die Nachfrage bei Jooß ergibt: „Aus technischen Gründen kann die Beitragsrückerstattung erst mit der Juniabrechnung erfolgen.“

Kinderzahlen reduziert

Was das Grundproblem angeht, gibt es dagegen keine Entwarnung. So hatte die Ekma vor knapp zwei Monaten angekündigt, dass zum neuen Kindergartenjahr im September 75 Kita-Plätze akut gefährdet seien. Das ist nach wie vor der aktuelle Stand, wie Steffen Jooß mitteilt: „Bei der Personalgewinnung gibt es derzeit leider keine positiven Signale.“

Und gegenwärtig scheint sich die Mangelsituation noch einmal zu verschärfen, nicht zuletzt in der besonders betroffenen Kita Käfertaler Straße. Dort haben die Eltern am Montag eine neue Hiobsbotschaft erhalten, am frühen Morgen über die Kita-App: „Da wir aus Krankheitsgründen nur noch zu dritt sind, müssen wir die Kinderzahlen reduzieren und die Öffnungszeiten anpassen. Wer kann sein Kind zu Hause behalten?“, wurden sie gefragt.

Wenige Stunden später folgte dann auch noch ein weiterer Elternbrief von der Kita-Verwaltung. Von Mittwoch bis Freitag müsse man die Öffnungszeiten auf 8 bis 14 Uhr verkürzen und die Anzahl der Kinder reduzieren. So könne man an den drei Tagen nur 32 und am Mittwoch ab 12 Uhr nur noch 22 Kinder betreuen. Berücksichtigt würden „Eltern, die beide berufstätig oder alleinerziehend und berufstätig sind“. Der zu Beginn erwähnten Mutter zeigt das, dass „die Lage trotz drastischer Eingriffe alles andere als entschärft“ sei: „Es reißt einfach nicht ab. Unsere Nerven halten dem Ganzen allmählich nicht mehr stand.“

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim. Schwerpunkte: Schulen und Kitas

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