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Universität Mannheim am Tag danach: Zwischen Schock und Erleichterung

Nach dem tödlichen Polizeieinsatz gegen einen mit einer Machete bewaffneten Mann in der Universität Mannheim läuft am Tag danach der Lehrbetrieb weitgehend regulär. Rektor und Studierende zeigen sich aber dennoch betroffen

Von 
Sebastian Koch und Kilian Harmening
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Am 23. April drang ein Randalierer mit Machete in die Uni Mannheim ein und wurde dort von einem Polizisten in Notwehr erschossen. © dpa

Mannheim. Eigentlich hätte der Mittwoch für die Universität ein besonderer, ein feierlicher Tag werden sollen. Vor Wochen bereits hatte das Rektorat zum Universitätstag eingeladen, an dem Rektor Thomas Puhl Freunde und Umfeld der Universität über die Situation der größten Mannheimer Bildungseinrichtung informiert und die Universität auch sich selbst sowie Preisträgerinnen und Preisträger feiert. Gefeiert wird am Mittwoch aber nicht. Noch am späten Dienstagabend sagt Puhl den Universitätstag ab. Kurz zuvor hatte die Polizei einen 31-Jährigen angeschossen, nachdem dieser mit einer Machete im Schlossgebäude hantiert hatte. Der Mann erlag kurze Zeit später seinen Verletzungen.

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Man sei erleichtert, dass dank des schnellen Eingreifens der Polizei keine Mitglieder der Universität verletzt worden seien, erklärte Puhl in einem ersten Statement am Dienstag. „Dennoch stehen wir unter Schock und sind tief betroffen ob dieser Tragödie“, angesichts derer der Universitätstag nicht stattfinden könne. Auch eine für Donnerstag geplante Schneckenhofparty wurde abgesagt.

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Am Mittwoch erklärt Puhl dieser Redaktion, viele Angehörige der Universität hätten dem Rektorat gespiegelt, dass sie sich „trotz des Vorfalls auf dem Campus weiterhin sicher fühlen“. Zwar zeigt er sich „dankbar“, dass Sicherheitsvorkehrungen gegriffen hätten. Dennoch nimmt man den Vorfall zum Anlass, „mit der Polizei noch einmal abzustimmen, wie auch künftig die Sicherheit an der Universität gewährleistet werden kann“.

Studierende haben Möglichkeiten zu psychologischer Beratung

Einzelne Räumlichkeiten im Ostflügel des Schlosses sind am Mittwoch gesperrt, weil die Ermittlungen laufen. Auch ein großer Hörsaal im Bereich Schneckenhof Nord bleibt deshalb geschlossen. Dennoch: Auf den regulären Vorlesungsbetrieb hat die Tragödie kaum Auswirkungen.

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Thema ist sie trotzdem - natürlich. Wirtschaftsstudent Daniel Orlik etwa hat sich während des Einsatzes in der Bibliothek aufgehalten. Er hat am frühen Abend durch das Gebäude auch einen Knall gehört, ist aber nicht auf die Idee gekommen, dass das tatsächlich ein Schuss gewesen sein könnte. „Gesehen habe ich nichts“, sagt er und verneint auch ein mulmiges Gefühl. Auch einen Wechsel seines Lernumfelds plant er nicht: „Man hat ja gesehen, dass die Polizei bei sowas recht zügig vor Ort ist.“ Aber der 20-Jährige sagt: „Ein Weckruf, dass die Uni vor solchen Zwischenfällen nicht geschützt ist, ist das natürlich gewesen.“ Etwas erleichtert ist Orlik, dass er in einem hinteren Eck der Bibliothek war - weil ein potenzieller Angreifer einen weiten Weg zurücklegen müsste, um zu diesen Plätzen zu gelangen.

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Marco Haupt, Co-Vorsitzender des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA), berichtet von anfänglicher „Fassungslosigkeit“ und „Betroffenheit“, die er in Gesprächen am Vormittag erlebt hätte. „Der Lehrbetrieb ist dann aber eigentlich normal weitergegangen.“ Der Studierendenvertreter lobt das Vorgehen des Personals am Vorabend. Trotz der Tragik um den Getöteten herrsche angesichts der nach derzeitigem Kenntnisstand „sehr gefährlichen Situation“ aber vor allem „Erleichterung, dass niemand Weiteres verletzt worden ist“. Dass die Universität mit Studierendenwerk und Otto-Selz-Institut offensiv und rasch die Möglichkeiten psychologischer Unterstützung angeboten haben, bezeichnet er als gutes Krisenmanagement.

Am Mittwoch wird das Angebot des Studierendenwerks aber nicht nachgefragt, erklärt eine Sprecherin. „Es ist aber wichtig, dass Studierende wissen, wohin sie sich wenden können. Das Angebot gilt weiter.“

Mitarbeiterin: „Wir kannten die Person hier alle“

Unterdessen erzählt auch die angehende Unternehmensjuristin Andrea Beckers, dass sie während des Schusses vor Ort gewesen sei - aber nichts gehört und erst im Nachhinein davon erfahren habe. „Ich bin froh, dass man nicht viel mitbekommen hat, weil ich glaube, dann wären alle in Panik ausgebrochen.“

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Am Mittwochmittag hält sie sich wieder wie gewohnt im Eingangsbereich der Bibliothek auf: „Die Wahrscheinlichkeit, dass das noch mal passiert, ist eher gering“, sagt sie. „Man sollte aber vielleicht einführen - da habe ich auch mit Freundinnen darüber gesprochen -, dass man nur Leute in die Bibliothek lässt, die wirklich Studenten sind“, regt sie an. Derzeit sind die Universitätsbibliothek und ihr Eingangsbereich öffentlich zugänglich, erklärt eine Sprecherin des Rektorats.

Salomé Schiebel, Studentin an der Dualen Hochschule in Mannheim, war am Dienstag ebenfalls nicht vor Ort, hält sich aber häufig im Learning Center der Uni auf. „Eigentlich habe ich keine Angst davor“, sagt sie am Mittwoch. „Das wäre aber bestimmt anders gewesen, wenn ich es gesehen hätte oder jemanden kenne, der dort war.“

Bestürzt zeigt sich unterdessen eine Mitarbeiterin der Bibliothek. Selbst miterlebt hat sie den Vorfall zwar nicht, sagt sie. Sie und ihre Kolleginnen seien aber dennoch tief geschockt und müssten den Vorfall nun erst einmal aufarbeiten. „Ich kann Ihnen sagen: Wir kannten die Person hier alle.“ Wie die Rektoratssprecherin weiter erklärt, hatte der Angreifer in der gesamten Universität Hausverbot.

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