Umfrage - Bürger sehen Fasnachtsfeiern angesichts steigender Corona-Zahlen kritisch / Nicht alle finden generelle Impfpflicht zielführend

Umfrage: Mannheimer kritisieren Corona-Politik - geteilte Meinung zu Impfpflicht

Von 
Tanja Capuana
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Julia Keßler und ihr Partner Abraham Muniz Chicharro verweisen auf eine hohe Impfquote in Spanien. © Tanja Capuana

Mannheim. Die Infektionszahlen schnellen in die Höhe, in den Kliniken werden die Intensivbetten knapp, und in den Niederlanden gilt seit Samstag erneut ein Teillockdown. Wie ist die Stimmung in Mannheim? Wir haben uns in der Innenstadt umgehört.

Melanie und Erik, die ihren vollen Namen nicht in der Zeitung lesen möchten, finden viele der aktuellen Maßnahmen widersprüchlich. Besonders die 2G-Regel oder die Pflicht zum PCR-Test für Ungeimpfte, die unter anderem bei Veranstaltungen im Innenraum sowie in der Gastronomie gilt, stößt ihnen sauer auf. Gemeinsame Restaurantbesuche finden bei ihnen nicht mehr statt. Denn die 32-Jährige ist zwar geimpft, ihr Partner aber nicht. „Der PCR-Test ist sehr teuer“, moniert der Mannheimer. „Deswegen überlegt man sich das zweimal, ob man auswärts Essen geht.“ Dabei hatte sich der 31-Jährige im Sommer gefreut, wieder mal ins Lokal gehen zu können. „Wenn es wieder mit Schnelltests ginge, fände ich das okay.“ Einen dritten Lockdown halten sie nicht für ausgeschlossen. „Letzten November war es genauso“, sagt er.

Alternativen schaffen

Hella Beurich hat bereits ihre Boosterimfpung erhalten. Unzufrieden ist sie mit der Haltung der Politiker gegenüber der Impfung. „Ich habe das Gefühl, dass sie Angst haben, zu ihren Entscheidungen zu stehen.“ Die Mannheimerin befürwortet eine generelle Impfpflicht, ausgenommen bei Kindern. „Ich höre auf allen Kanälen, dass die meisten Menschen auf den Intensivstationen ungeimpft sind.“ Vor allem aber sollte sich Pflegepersonal, Mitarbeiter in Kliniken sowie Erzieher und Mitarbeiterin in sozialen Berufen den häufig lebensrettenden Piks geben lassen. Dass in Fasnachtshochburgen die fünfte Jahreszeit, wenn auch unter 2G, gefeiert wird, sieht die 73-Jährige kritisch. „Vielleicht sollte man Alternativen schaffen, um Leuten das Ausgehen zu ermöglichen.“

Jürgen Grubmüller und seine gute Freundin Claudia Hoffmann. © Tanja Capuana

Auch Mia und Marco Schwarz sind geimpft. „Ich finde es aber trotzdem nicht gut, wenn Leute, die sich nicht impfen lassen möchten, diskriminiert werden“, sagt die Mannheimerin. Die Entscheidung, sich impfen zu lassen, sollte freiwillig sein.“ Unschlüssig ist das Ehepaar vor allem bei der Überlegung, was es von der Politik in Sachen Coronamaßnahmen fordern soll - außer der besseren Bezahlung von Pflegekräften. Die wiedereingeführten kostenlosen Tests für alle kommen bei ihnen jedenfalls gut an. Die 2G-Regel betrachtet Mia Schwarze jedoch trotzdem mit Skepsis. „Das führt zum Unmut in der Gesellschaft.“ Und Marco Schwarz fügt hinzu: „Leute, die sich nicht impfen lassen wollen, werden es dadurch auch nicht machen.“

Hella Beurich hat schon ihre Boosterimpfung erhalten. © Tanja Capuana

„Katastrophe“, lautet das Urteil von Miri Haxhija über die aktuellen Coronamaßnahmen. „Wer geimpft ist, schützt nur sich selbst“, sagt die junge Frau. Anstecken könnte man andere trotzdem. „Jeder sollte die Verantwortung für seinen Körper haben.“ Die Spaltung der Gesellschaft werde von oben vorangetrieben“, tadelt eine Mannheimerin, die anonym bleiben möchte. Sie findet es nicht gut, wenn Geimpfte mehr dürfen als Ungeimpfte. Und: „Die Impfung sollte freiwillig bleiben.“

Geld in Medikamente stecken

„Ich finde es erschütternd, dass die Politik nach zwei Jahren immer noch so hilflos ist“, sagt Jürgen Grubmüller. Impfen sei nicht das Mittel, um die Pandemie zu beenden. Stattdessen hätte man Geld in die Entwicklung von Medikamenten investieren sollen. Als Marketingmanager habe er gesehen, dass manche andere Länder mit der Pandemie besser klargekommen seien. „Folgekosten waren nicht so hoch, das war für die Gesellschaft verträglicher.“

„Alle sollten sich impfen lassen“, sagt dagegen Julia Keßler. Nur so könne man die Pandemie in den Griff kriegen. Ein gutes Beispiel für eine hohe Impfquote sei Spanien, fügt ihr Lebenspartner Abraham Muñiz Chicharro hinzu. „Sie kommen langsam wieder zurück zur Normalität.“ In den 3G beziehungsweise 2G-Modellen sehen die beiden eine Möglichkeit, den einen oder anderen doch noch zur Impfung zu motivieren. Keßler berichtet: „Wir hatten einige Bekannte, die noch nicht geimpft waren, jetzt werden es immer weniger.“

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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