Immobilien

Turley-Gelände Mannheim: Deshalb kommt es zur Versteigerung

Sieben Objekte der Tom Bock Group auf dem Mannheimer Turley-Gelände kommen unter den Hammer: Wie kam es dazu? Was sagt die Bank, was der Betroffene? Und welche Folgen hat das fürs Wohnquartier? Wir geben die Antworten.

Von 
Timo Schmidhuber
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Mannheim. Ein fünfgeschossiges Wohn- und Geschäftshaus ist genauso dabei wie die ehemalige Reiterhalle aus der Kaiserzeit – für sechs Gründerzeit-Gebäude sowie ein unbebautes Grundstück aus dem Bestand der Tom Bock Group (TBG) auf dem Areal der früheren Mannheimer Turley-Kaserne hat das Amtsgericht die Zwangsversteigerung angeordnet. Das Gericht bestätigte auf Anfrage einen Bericht des Onlineportals Neckarstadtblog. Wir liefern Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Um welche Gebäude handelt es sich konkret?

Der Projektentwickler TBG war vor zehn Jahren als Investor auf Turley eingestiegen und hatte von der städtischen Projektentwicklungsgesellschaft MWSP elf der insgesamt 14 meist denkmalgeschützten Gebäude aus der Zeit um die Jahrhundertwende übernommen und einen Großteil davon saniert. Die sechs Gebäude, für die jetzt die Zwangsversteigerung terminiert ist, stammen aus diesem Bestand. Sie sind in jeweils unterschiedlichem Zustand, wie aus den Unterlagen beim Onlineportal versteigerungspool.de hervorgeht, auf das das Amtsgericht für weitere Informationen verweist. Manche Häuser sind saniert und nahezu komplett vermietet. Bei anderen dagegen hat sich in Sachen Renovierung praktisch nichts getan. Zur Reiterhalle zum Beispiel, in der ursprünglich ein Ausstellungsgebäude entstehen sollte, steht in den Unterlagen: „sanierungsbedürftiger Rohbauzustand/nicht abgeschlossene Umbauarbeiten“.

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Wer hat die Zwangsversteigerung beantragt?

Die Sparkasse Rhein Neckar Nord als Gläubigerin, wie das Amtsgericht erklärt. Weitere Angaben macht die Behörde zum konkreten Verfahren allerdings nicht. Zwangsversteigerungen gelten als letztes Mittel, wenn ein Schuldner seine Verbindlichkeiten nicht begleichen kann. Wer beim Gericht eine solche Versteigerung beantragen will, braucht einen sogenannten Vollstreckungstitel – bei Immobilien ist das häufig eine sogenannte Grundschuldbestellungsurkunde. In den vorliegenden Fällen ist das Gericht dem Sparkassen-Antrag gefolgt und hat die Versteigerung der sechs Gebäude und des Grundstücks angeordnet.

Wie kam es dazu? Warum war keine „geordnetere“ Lösung möglich?

Sein Haus sei jederzeit für die Diskussion von Lösungsansätzen bereit gewesen, erklärt der Sprecher der Sparkasse auf Anfrage. In den vergangenen zwei Jahren habe es „intensive gemeinsame Bestrebungen aller Beteiligten“ gegeben, eine sowohl für die MWSP als auch für die TBG sowie alle Gläubiger und die Mieter „zufriedenstellende Lösung“ zu finden. „Doch es gibt Schwierigkeiten hinsichtlich der Vorstellungen zwischen einigen der Beteiligten, die diesen Prozess derart erschwert haben, dass leider keine Lösung gefunden wurde.“ Die Sparkasse erklärt, dass es neben ihr noch weitere Gläubiger gebe. Konkreter will der Sprecher aber nicht werden.

Welchen Wert haben diese Immobilien und das Grundstück?

Der aktuelle Verkehrswert beläuft sich auf insgesamt mehr als 22 Millionen Euro. Das lässt sich deshalb so genau sagen, weil das Gericht – wie bei Zwangsversteigerungen üblich – für jedes Objekt ein Gutachten über den sogenannten Verkehrswert in Auftrag gegeben hatte. Die Versteigerung der Gebäude findet an verschiedenen Tagen – am 13., 20. und 27. Oktober – im Kulturhaus Käfertal statt.

Wie läuft eine solche Zwangsversteigerung ab?

Ganz vereinfacht gesagt: Das Meistgebot gewinnt, wenn nach dreimaligem Aufruf kein höheres abgegeben wird. Der Gläubiger kann aber beantragen, den Zuschlag zu verweigern, wenn das Höchstgebot weniger als 70 Prozent des Verkehrswerts beträgt. Dann muss ein zweiter Termin anberaumt werden – für den diese Klausel dann aber nicht mehr gilt. Insofern ist unklar, welchen Preis ein Gläubiger am Ende für die Objekte bekommt.

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Was sagt die TBG zu dieser Entwicklung?

Bislang nichts. Der „MM“ hat Tom Bock am Montagvormittag auf dessen Handy erreicht und um ein Gespräch gebeten. Bock sagte, er habe im Moment keine Zeit und bat darum, ihn am Mittwoch noch mal anzurufen.

Wie ist das Verhältnis der städtischen MWSP zur TBG?

Beide liegen schon viele Jahre im Clinch. Auch wenn Mieter einer wirklich komplett sanierten TBG-Wohnung den Investor für seine Kreativität und den Erhalt der historischen Bausubstanz durchaus gelobt haben, blieben viele der TBG-Gebäude auf Turley unfertig. Die MWSP kündigte schließlich im Sommer 2019 alle Verträge mit der TBG, weil die Arbeiten zu langsam vorangingen und sie die Entwicklung des Turley-Quartiers gefährdet sah. Ein wichtiger Streitpunkt war dabei, dass die TBG die vereinbarte Tiefgarage auf dem Gelände nicht baute. Seit der Kündigung läuft ein gerichtliches Verfahren zwischen MWSP und TBG – bislang ohne rechtskräftiges Urteil.

Was sagt die MWSP zur aktuellen Situation?

Sie hat das klare Ziel, „die vollständige Entwicklung von Turley zügig voranzutreiben“, wie ein Sprecher erklärt. Dazu gehöre auch, „mit möglichen neuen Käufern in gegenseitigem Interesse als Partner gemeinsam die Weiterentwicklung des Areals voranzutreiben“. Ob die MWSP bei der Versteigerung selbst mitbietet, dazu will der Sprecher – mit Blick auf das Wesen einer Versteigerung – nichts sagen. „Wir werden die Zwangsversteigerung sicherlich intensiv beobachten.“

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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