Justiz

Tod nach Polizeikontrolle: Gutachten kommt zu brisantem Ergebnis

Was genau geschah Anfang Mai am Marktplatz? Die vorläufigen Ermittlungsergebnisse deuten auf einen nicht natürlichen Tod infolge des Einsatzes hin

Von 
Martin Geiger und Till Börner
Lesedauer: 

Der Fall hat die Menschen in der Stadt wochenlang beschäftigt und bundesweit für Aufsehen gesorgt: Anfang Mai war ein 47-jähriger Mann nach einem umstrittenen Polizeieinsatz am Marktplatz verstorben. Und seither lauteten die großen Fragen: War das Vorgehen der beiden Polizisten korrekt und angemessen? Haben ihre Handlungen zum Tod des deutschen Staatsbürgers mit kroatischen Wurzeln geführt? Oder war seine Herzschwäche ursächlich für das tragische Ereignis?

Im Internet kursierende Videos, die den Einsatz zeigen sollen, warfen viele Fragen auf. Immerhin war dort zu sehen, wie ein Beamter auf den Kopf eines am Boden liegenden Mannes einschlägt. In Mannheim und Heidelberg demonstrierten nach dem Vorfall mehr als 300 Menschen gegen Polizeigewalt. Im Internet wurde heftig gehetzt. Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) sah sich in einer Stellungnahme genötigt, zur Mäßigung aufzurufen.

Die Ermittlungen des Landeskriminalamtes, das in solchen Fällen die Aufklärung übernimmt, um Unvoreingenommenheit sicherzustellen, zogen sich in die Länge. Nach der Obduktion des Leichnams waren weitere Untersuchungen nötig. Nun hat die Mannheimer Staatsanwaltschaft am Mittwochnachmittag die vorläufige Bewertung des vermutlich entscheidenden Gutachtens veröffentlicht. Das Ergebnis: Es „liegt ein nicht natürlicher Tod infolge des Polizeieinsatzes vor“.

120 Videos, 70 Zeugen

Mehr zum Thema

Staatsanwaltschaft

Polizeieinsatz mit Todesfolge auf Mannheimer Marktplatz: Todesursache bekannt

Veröffentlicht
Von
Till Börner und Martin Geiger
Mehr erfahren
Ermittlungen

„Ein nicht natürlicher Tod“ nach Polizeieinsatz am Marktplatz

Veröffentlicht
Von
Martin Geiger und Till Börner
Mehr erfahren

Das Geschehen lasse sich inzwischen im Wesentlichen nachvollziehen, erklärte die Behörde in einer knappen schriftlichen Mitteilung. Immerhin seien seit jenem verhängnisvollen Montag Anfang Mai rund 70 Zeugen vernommen und 120 Videos gesichtet worden. Zudem hat man feingewebliche und chemisch-toxikologische Untersuchungen durchgeführt, deren Ergebnisse in das nun vorliegende Gutachten ebenfalls eingeflossen sind.

Und so kommt die Staatsanwaltschaft zu dem Schluss: „Der 47-Jährige soll letztlich an einer lage- und fixationsbedingten Atembehinderung mit konsekutiver Stoffwechselentgleisung in Kombination mit einem Ersticken durch eine Blutung in die oberen Atemwege verstorben sein.“ Was das genau bedeutet, ließ sich am Mittwochnachmittag nicht mehr klären: Die zuständigen Vertreter der Mannheimer Behörde waren bis Redaktionsschluss für Nachfragen nicht mehr zu erreichen.

In ihrer Stellungnahme heißt es, dass nun die vorliegenden Erkenntnisse gesichtet und ausgewertet werden müssten. Wie lange dies dauere, sei nicht absehbar. Eventuell seien auch zusätzliche Ermittlungen notwendig. Sprich: Ob die beiden Polizisten angeklagt werden, steht damit noch nicht fest. Die Staatsanwaltschaft betonte: „Es gilt weiter die Unschuldsvermutung.“

Beamte weiter suspendiert

Der Sprecher des Mannheimer Polizeipräsidiums, Patrick Knapp, wollte den Inhalt des Gutachtens und dessen vorläufige Bewertung nicht kommentieren. „Die beiden Beamten sind weiterhin suspendiert. Das Disziplinarverfahren ist weiterhin ausgesetzt“, teilte er mit. „Wir warten nun die juristische Bewertung des Vorfalls ab.“ Erst danach könne über die folgenden Schritte entschieden werden.

Auch der Vorsitzende der hiesigen Bezirksgruppe der Gewerkschaft der Polizei, Thomas Mohr, sagte: „Man muss abwarten, was die Justiz jetzt entscheidet. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.“

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

Redaktion Redakteur in der Onlineredaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen