Innenstadt

Tausende Gegendemonstranten bei AfD-Kundgebung in Mannheim

Die Sorge war ob der explosiven Mischung, die in Mannheim aufeinandertreffen sollte, groß. Eine AfD-Kundgebung traf auf eine Gegendemo des DGB. Auch die Antifa mischte mit. Die Polizei war mit starken kräften im Einsatz

Von 
Unserem Reporterteam
Lesedauer: 
Die Polizei trennt die beiden Lager voneinander ab. © Florian Karlein

Mannheim. Die Sorge war ob der explosiven Mischung, die in Mannheim am Freitag aufeinandertreffen sollte, groß: Zum einen hatte eine Woche nach der vermutlich politisch motivierten tödlichen Messerattacke auf dem Marktplatz die rechtspopulistische AfD zu einer Kundgebung aufgerufen. Demgegenüber stand die Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) mit dem Bündnis „Mannheim steht zusammen - für Demokratie und Vielfalt“. Zudem machte die linke Antifa mobil, um sich gegen die AfD zu stellen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.

So dürfte Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) zunächst aufgeatmet haben, nachdem der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die ursprünglich auf dem Marktplatz geplante Versammlung der AfD nicht erlaubt hatte. Das Gericht hatte damit der Beschwerde der Stadt gegen die am Donnerstag ergangene Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe stattgegeben. Entsprechend erleichtert zeigt sich Specht nach der Entscheidung: „Sie ermöglicht es der Mannheimer Stadtgesellschaft, in Würde um den ermordeten Polizisten Rouven Laur zu trauern und der Verletzten des Messerattentats zu gedenken“, erklärt er in einer Mitteilung. Die Stadt hatte zuvor per Allgemeinverfügung bis zum 16. Juni alle Kundgebungen auf dem Marktplatz, dem Tatort des tödlichen Messerangriffs, unter anderem aus Pietätsgründen untersagt. Die AfD ging daraufhin dagegen vor.

AfD-Kundgebung muss auf den Paradeplatz ausweichen

Während die AfD auf den Paradeplatz ausweichen muss, finden sich am Alten Meßplatz gegen 16.30 Uhr die Teilnehmer zur DGB-Kundgebung ein. „Wir wollen ein klares Zeichen setzen gegen die AfD, die zwei Tage vor der Wahl alles ausschlachtet, um Stimmen herauszuholen. Auch noch klagen, um auf dem Marktplatz zu demonstrieren, das ist pietätlos“, sagt Ralf Heller, Kreisvorsitzender des DGB Mannheim. In seiner Rede betont er: „Die AfD ist nicht die Partei des kleinen Mannes. Sie wird gerade denen schaden, die sie wählen.“ Der DGB-Landesvorsitzende Kai Burmeister rief dazu auf, bei deWahlen am Sonntag „demokratische Volksvertreter zu wählen - aber keine Volksverhetzer“.

Demonstrationen auf dem Mannheimer Paradeplatz. © Thorsten Langscheid

Indes ist nicht nur am Alten Meßplatz die Polizeipräsenz zu diesem Zeitpunkt hoch. Auch in den Planken, am Wasserturm und am Hauptbahnhof ist die Polizei mit starken Kräften postiert. Dem Innenministerium zufolge sind am Nachmittag in ganz Mannheim rund 900 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz. Bei den ehrenamtlichen Mitgliedern der Einsatzeinheiten des Sanitätsdienstes war sogenannter Voralarm ausgelöst worden, damit sie bei Bedarf schneller vor Ort sein können.

Gegen Islamismus und Rassismus. © Susanne Merz

Unter der starken Polizeipräsenz setzt sich schließlich gegen 17.30 der Demonstrationszug vom Alten Meßplatz zum Paradeplatz in Bewegung, wo fast zeitgleich die Kundgebung der AfD mit geschätzten 700 Teilnehmern beginnt. Weiteren Polizeiangaben zufolge sind dagegen etwa 3300 Personen an dem DGB-Demozug beteiligt, der gegen 18.45 Uhr den Paradeplatz erreicht. Getrennt werden die beiden Lager von Gittern und einer neutralen Zone rund um den Brunnen, die voller Polizisten ist. Auch eine Gruppe der linken Antifa ist mittlerweile am Paradeplatz eingetroffen. Die Gegendemonstranten rufen unter anderem: „Ganz Mannheim hasst die AfD.“

Frohnmaier kritisiert das Demoverbot auf dem Marktplatz

Der Mannheimer AfD-Kreisvorsitzende Rüdiger Ernst spricht bei der Kundgebung unterdessen über die Verletzung des Gemeinderatskandidaten Heinrich Koch, der in der Nacht auf Mittwoch auf der Rheinau von einem 25-Jährigen mit einem Teppichmesser verletzt wurde. Ernst spricht von mehreren Schnitten „zehn Zentimeter von der Halsschlagader entfernt. Das hätte auch anders ausgehen können.“

Liveblog (mit Video)

Messerattacke in Mannheim: Trauerfeier für Rouven Laur im Rosengarten

Veröffentlicht
Von
unseren Reportern
Mehr erfahren

Laut Polizei liege bei dem Angreifer eine psychische Erkrankung vor, am Tag nach der Tat sei er in ein psychiatrisches Krankenhaus eingeliefert worden. Ernst sieht darin den Versuch, den Vorfall „herunterzuspielen“: Innerhalb kürzester Zeit sei diese Diagnose erstellt worden. „Das kann gar nicht funktionieren“, sagt Ernst. Der Angreifer sei kein Passant gewesen, sondern sei professionell mit Werkzeug gegen die AfD vorgegangen. Ernst: „Ein Hinweis für Linksextremismus.“

Mehr zum Thema

Mannheimer Marktplatz

Mannheimer OB appelliert nach Messerattacke an Demo-Anmelder - was am Freitag ansteht

Veröffentlicht
Von
Sebastian Koch , Timo Schmidhuber und Bertram Bähr
Mehr erfahren
Morgenupdate

Die Nachrichten am Morgen für Mannheim und die Region

Veröffentlicht
Von
Yelin Türk
Mehr erfahren
Kundgebungen (mit Video)

Einkesselung, Sprechchöre und Banner: Hitzige Atmosphäre auf dem Mannheimer Marktplatz

Veröffentlicht
Von
Sebastian Koch
Mehr erfahren

Der hessische AfD-Landesvorsitzende, Robert Lambrou sagt: „Olaf Scholz wachen Sie auf und nehmen Sie das Heft in die Hand, verdammt noch mal! Politischer Islam muss gestoppt werden. Er ist die größte Gefahr für unser Land“. Der Co-Vorsitzende des AfD-Landesverbandes, Markus Frohnmaier, kritisiert das Demonstrationsverbot auf dem Marktplatz. Das Sicherheitsargument sei nur vorgeschoben. Vielmehr sei die Sicherheit der AfD gefährdet, weil „hier Linksextreme mit Antifa-Fahnen demonstrieren dürfen“. Oberbürgermeister Specht „soll sich lieber darum kümmern, dass nicht noch mehr Bürger mit Messern attackiert werden, statt der AfD das Demonstrieren zu verbieten“. Die Partei beendet gegen 19.30 Uhr ihre Kundgebung und singt dabei die Nationalhyme.

Polizei muss Kette vor dem Stadthaus bilden

Später muss die Polizei vor dem Stadthaus eine Kette bilden, um Teilnehmer der AfD-Kundgebung von Gegendemonstranten zu trennen. Beide Seiten rufen Sprechchöre, es kommt zu Beleidigungen. Am Ende singt eine Gruppe aus Teilnehmer der AfD-Kundgebung die Melodie des Lieds „L’amour toujours“, wie es Jugendliche mit rassistischen Parolen hinterlegt in einem Video von Sylt getan haben. Nach einigen Minuten laufen die Teilnehmer der Kundgebung zur anderen Seite des Stadthauses. Am Stadthaus skandieren Gegendemonstranten „Ihr dürft nach Hause gehen!“

Gegen 20 Uhr ist auch die Gegendemo beendet. Nach Angaben einer Polizeisprecherin habe es beiderseitig verbale Provokationen gegeben, der Polizei seien zunächst aber keine Straftaten oder körperlichen Auseinandersetzungen bekannt gewesen.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen