Soziales

Tafel Mannheim: Senioren können in Ruhe einkaufen gehen

Nur 60-Jährige und älter dürfen in den Laden. Die Mannheimer Tafel startet das Projekt „Seniorentafel 60+“ auf dem Waldhof und der Rheinau. Auch junge Ehrenamtliche werden gesucht.

Von 
Alena Kuhn
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Zwei Frauen sind zur Seniorentafel auf dem Mannheimer Waldhof gekommen, um einzukaufen. Sie möchten anonym bleiben. © Alena Kuhn

Mannheim. Anderthalb Liter Cola für 50, Joghurt für 20 und ein großes Müsli für 80 Cent. Um günstig einzukaufen, können Bedürftige die Tafel Mannheim besuchen. Am vergangenen Dienstag ist im Tafelladen auf dem Waldhof nicht viel los. Aber das ist in gewisser Weise so gewollt. Denn nur Seniorinnen und Senioren ab 60 Jahren dürfen dienstags im Laden einkaufen.

Die Tafel Mannheim in Trägerschaft des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Mannheim hat das Projekt „Seniorentafel 60+“ ins Leben gerufen. Gestartet ist es auf dem Waldhof am 4. März. Hier können bedürftige Senioren ab sofort jeden Dienstag von 10 bis 15 Uhr ungestört stöbern.

Auch an einem zweiten Standort in Mannheim wird das Projekt umgesetzt: Am Donnerstag, 6. März, öffnet auch im Laden auf der Rheinau die Seniorentafel. Immer donnerstags von 12.30 bis 14 Uhr können dort bedürftige Menschen ab 60 Jahren Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs besorgen.

Im Sortiment des Tafelladens auf dem Mannheimer Waldhof sind unter anderem Gemüse, Getränke, Hygieneartikel und Kleidung. © Alena Kuhn

Im dritten Mannheimer Tafelladen, in der Neckarstadt, gibt es ein solches Angebot nicht, da die Einrichtung schon fünf Tage in der Woche geöffnet hat und das DRK die Öffnungszeiten für alle Bedürftigen nicht verringern will. Auf dem Waldhof und der Rheinau haben die Tafelläden nun an den bestimmten Tagen zusätzlich offen.

Warum gibt es in Mannheim eine Seniorentafel?

„Etwa jeder fünfte Kunde der Tafel ist ein Senior“, berichtet Manuel Wamser, Leiter der Tafel Mannheim, Hockenheim und Edingen-Neckarhausen. Immer wieder haben Wamser und seine Mitarbeitenden gesehen, wie gestresst ältere Menschen im Tafelladen sind. „Ich würde schon mehr einkaufen, aber es ist anstrengend“, soll ein älterer Mensch zu Wamser gesagt haben.

Die Tafel auf dem Waldhof bedient laut Wamser etwa 60 Familien am Tag. Im Tafelladen in der Neckarstadt seien es sogar 180 Familien täglich. Da seien lange Wartezeiten vor dem Laden normal. Nur etwa fünf bis zehn Kunden dürfen gleichzeitig in das Geschäft. „Geht einer raus, kommt der nächste rein“, erklärt Wamser.

In den Mannheimer Tafelläden kosten die Produkte laut Wamser maximal ein Drittel des Supermarktpreises. © Alena Kuhn

Mit dem Projekt für Über-60-Jährige will die Tafel den Kundenstrom entzerren und den Senioren mehr Ruhe bieten. Dass sie entspannt einkaufen gehen können, „war richtig schön zu sehen“, sagt Wamser am Tag der Eröffnung auf dem Waldhof. So hätten die Kunden auch mehr Zeit, sich mit den Mitarbeitenden und anderen Kunden zu unterhalten. „Für einige ist die Tafel mit die einzige Kommunikationsmöglichkeit“, so der Leiter. Durch eine Rampe, die aufgebaut werden kann, können auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität in den Laden kommen.

Bevor das Senioren-Projekt in die Läden kam, wurde es zunächst mit dem Tafelmobil getestet. Das Tafelmobil ist ein Wagen, der jeden Tag in einer anderen Stadt der Region Lebensmittel verteilt. Seit vergangenem Herbst können ältere Menschen schon freitags in Weinheim exklusiv einkaufen gehen.

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Etwa 50 Senioren haben sich laut Wamser dort registriert: „Man hat gesehen, dass der Bedarf da ist und es angenommen wird.“ Auch die Kunden in den Tafelläden müssen registriert sein. Nur, wer seine Bedürftigkeit nachweisen kann - zum Beispiel durch das Jobcenter oder einen Rentenbescheid - bekommt einen Tafelausweis. Auf dem ist auch das Alter vermerkt. So wird kontrolliert, dass auch nur Menschen ab 60 Jahren zur Seniorentafel kommen.

Wie finden die Kundinnen und Kunden die Seniorentafel auf dem Mannheimer Waldhof?

Eine 62-jährige Frau, die anonym bleiben will, ist mit ihrer 66-jährigen Freundin auf den Waldhof gekommen, um im Tafelladen Lebensmittel zu besorgen. Beide sind vor drei Jahren aus der Ukraine geflüchtet, die 62-Jährige ist arbeitssuchend. Die Produkte seien günstiger als im Supermarkt. Das finden die Freundinnen sehr gut. Und auch das Konzept der Seniorentafel gefällt ihnen. Sie planen nun, jede Woche zu kommen.

Auch die 68-jährige Natalie packt fleißig Karotten, Äpfel und Milch in den Einkaufskorb. An den anderen Tagen, an denen die Tafel für alle geöffnet ist, sei es so laut. „Heute ist es leise“, freut sich Natalie, die ihren Nachnamen nicht nennen wollte. Bezogen auf die Lautstärke sagt Muhsin, der am Eröffnungstag auch auf dem Waldhof ist: „Für mich wäre es gut, wenn es jeden Tag so wäre.“ Sonst musste der 70-Jährige auch immer „eine halbe Stunde oder so warten“. Das sei heute anders.

Die Tafel Mannheim ist immer auf der Suche nach Geld- und Lebensmittelspenden. Auch neue Ehrenamtliche, vor allem Schüler und Studierende, seien herzlich eingeladen, am Projekt „Seniorentafel 60+“ mitzuwirken.

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