Entwicklungshilfe

Mangelernährung in der Viernheimer Partnergemeinde Silly

Eine Delegation aus Burkina Faso ist derzeit in Viernheim zu Gast. Sie informierte den Verein Focus über den Stand der Projekte in der Partnergemeinde Silly.

Von 
Othmar Pietsch
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Im Rahmen der Arbeitsgespräche nahmen René Nana (4.v.l.) und Bouma Bazie (5.v.l.) im Museum ausgediente landwirtschaftliche Geräte in Augenschein. © Othmar Pietsch

Viernheim. Die Sicherheitslage in Burkina Faso hat sich etwas entspannt, das trifft auch auf Viernheims Partnergemeinde Silly zu. Eine komplette Entwarnung gibt es aber noch nicht, immer wieder sorgen marodierende Terrorbanden für Unruhe. „Es ist besser geworden, man kann tagsüber wieder die Straßen befahren und Felder bestellen. Die Präsenz des Militärs und der freiwillige Kämpfer zeigt Wirkung“, hatten Abbe René Nana und Bouma Bazie gute Nachrichten aus ihrer Heimat zum Treffen mit dem Verein Focus in Viernheim mitgebracht.

Aktion „Weihnachtspäckchen“ bringt knapp 24.000 Euro an Spenden

Beide hatten kurzfristig ein Einreisevisum für Deutschland erhalten und konnten bereits an der Präsentation der Spendenaktion „Weihnachtspäckchen“ teilnehmen, bei der 23.902 Euro zusammengekommen waren (wir haben berichtet). Der eigentliche Zweck des Besuchs war aber der Austausch mit dem Verein Focus, bei dem es darum ging, die laufenden Projekte zu beleuchten und künftige Vorhaben auf den Weg zu bringen. Dabei standen die Entwicklung des Berufsbildungszentrums (BBZ) und die immer noch herrschende Mangelernährung von Schwangeren, stillenden Müttern und Neugeborenen im Mittelpunkt.

Das Mehl als Aufbaunahrung muss bis zur Fertigstellung verschiedene Produktionsstufen durchlaufen. © Othmar Pietsch

Immer wieder danken die beiden Burkinabe dem Verein Focus, der Stadt Viernheim und den Bürgerinnen und Bürgern für die großzügige Unterstützung. „Diese Hilfsbereitschaft kann man eigentlich nicht in Worte ausdrücken. Ein Blick in die Gesichter unserer Landsleute bei der Lebensmittelausgabe spricht aber Bände“, beschrieb BBZ-Leiter René Abbe die Gefühle der Menschen in Silly. Die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit habe in einem der ärmsten Länder der Welt bereits viele Menschenleben gerettet.

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Wolfgang Pachner, zuständig für den Bereich Gesundheit, hatte hierzu eine gute Nachricht parat. „Am 24. Dezember konnte eine unterernährte Mutter ein Kind mit einem Geburtsgewicht von 3075 Gramm zur Welt bringen. Darauf waren alle Beteiligten besonders stolz.“ Diesbezüglich gebühre den Hebammen ein besonderes Lob.

Verbesserungswürdig sei die Landwirtschaft: Weil viele Bauern nicht auf ihren Feldern sein konnten, waren die Ernteerträge nicht ausreichend. Dabei müssen weiterhin inländische Flüchtlinge mit Nahrung versorgte werden. Nach der Ernte im Oktober gibt es noch ausreichend Lebensmittel, während der Regenzeit im Mai und Juni sind die Vorräte aber aufgebraucht.

Das aufbereitete Mehl wird von den Frauen in Beutel mit je einem Kilogramm abgefüllt. © Othmar Pietsch

Im Berufsbildungszentrum habe man sich auf die Herstellung von angereichertem Mehl konzentriert, um Mangelernährte mit den nötigen Inhaltsstoffen zu versorgen. „Zuletzt konnten 400 Beutel je einem Kilo des Mehls an unsere Gesundheitsstationen geliefert und von einer Ernährungsberaterin den bedürftigen Menschen zugeteilt werden“, übersetzte Bouma Bazie die Aussagen von René Nana. Von der Mangelernährung seien offiziell 100 Kinder und 60 Frauen betroffen, die Dunkelziffer dürfte aber sicher größer sein.

Restaurant des Berufsbildungszentrums soll verpachtet werden

Gesprächsbedarf bestand auch bezüglich des Berufsbildungszentrums. Hier soll das zugehörige Restaurant, für das weiterhin die Lebensmittel geliefert werden sollen, verpachtet werden. Dadurch wären die Verantwortlichen entlastet. Außerdem ist René Nana auf der Suche nach Führungskräften. Die verschiedenen Fachbereiche sollen eigene Budgets erhalten, um die Kosten besser kontrollieren zu können. Weil nach der Wahl von US-Präsident Donald Trump die Entwicklungshilfe durch US-Aid eingestellt wurde, kommt der Unterstützung durch die Brundtlandstadt eine noch größere Bedeutung zu.

In Silly will man zur Unterstützung der Aktivitäten im Land ein Team zusammenstellen. Um die Produkte des Berufsbildungszentrums zu lagern oder zu verarbeiten, wurde ein Hangar angemietet.

Spendenkonto

Spenden für Silly sind möglich auf das Konto des Vereins Focus bei der Sparkasse Starkenburg . Die IBAN lautet: DE18 5095 1469 0013 2365 62 . Da der Verein eine Quittung ausstellen kann, wird bei der Überweisung um die Angabe der Adresse gebeten.

Die Abgänger des BBZ werden weiter betreut, ihre Entwicklung verfolgt und sie erhalten in ihren Heimatgemeinden Unterstützung. Um die Motivation während der Ausbildung zu hoch zu halten, werden die Jahrgangsbesten besonders geehrt. Zuletzt gewannen zwei Mädchen vor einem Jungen, was angesichts von Zwangsheiraten in Burkina Faso keine Selbstverständlichkeit ist.

Außerdem soll der Verein Focus ein eigenes Büro bekommen, wenn Besuche aus Deutschland anstehen. Derzeit sei eine Reise nach Burkina Faso allerdings zu gefährlich, weshalb dort seit geraumer Zeit keine Konsultationen möglich waren. „Dabei ist Viernheim für Silly unentbehrlich und die Besuche waren stets informativ und haben die Freundschaft vertieft“ ,bedauerte René Nana die Situation.

Freier Autor

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