Partnerschaft - SV Waldhof und Deutsch-Türkisches Institut für Arbeit und Bildung unterzeichnen Kooperationsvertrag

SV Waldhof und DTI: Gemeinsam gegen Rassismus

Von 
Steffen Mack
Lesedauer: 
DTI-Chef Mustafa Baklan (v.l.), SVW-Geschäftsführer Markus Kompp und DTI-Vize Franz Egle vor Journalisten im VIP-Raum des Carl-Benz-Stadions. © Steffen Mack

Zweisprachige Pressekonferenzen gibt es bei Fußballvereinen in der Regel nur vor Europa- oder Champions-League-Spielen. Davon ist der SV Waldhof als wackerer Drittligist ja noch etwas entfernt. Aber an diesem Freitag geht es im VIP-Raum des Carl-Benz-Stadions nur am Rande um Sport. Sondern vielmehr um ein gesellschaftliches Zeichen: Der SVW schließt einen Kooperationsvertrag mit dem Deutsch-Türkischen Institut für Arbeit und Bildung (DTI). Mit gemeinsamen Aktionen wollen sie Rechtsradikalismus, Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung bekämpfen. Auch gegen die jüngsten islamistischen und antisemitischen Anschläge wenden sie sich.

Die beiden Männer, die das oben auf dem Podium zuvorderst tun, haben kürzlich schon einen anderen Vertrag geschlossen: Der DTI-Vorsitzende Mustafa Baklan ist mit seinem Familienunternehmen vor zwei Wochen als Hauptsponsor bei den Blau-Schwarzen eingestiegen, gemeinsam mit SVW-Geschäftsführer Markus Kompp präsentierte er den Schriftzug seiner Handelsmarke „Suntat“ auf dem Spielertrikot. Auch das dürfte ein Grund für den regen Zustrom vor allem türkischer Journalisten zur Pressekonferenz sein.

Vor Baklan und Kompp hängt indes kein Trikot, sondern ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift „Schieß Tore gegen Rassismus“. Darüber prangen die Logos von DTI und SVW. Auf der Rückseite steht eine Eins für Artikel 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, hier verkürzt als „Die Würde aller“. Weil sich die Aktionen auch stark an Kinder und Jugendliche richteten, habe man manchmal zudem aus Verständlichkeitsgründen etwas verändert, sagt DTI-Vize Franz Egle. So werde bei einem Memory-Spiel mit SVW-Spielerporträts und Grundgesetztexten aus „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen“ (Artikel 14) ein kindgerechtes „Wir teilen gerne“.

Freundschaftsspiel mit Türkspor

Geplant ist auch eine Lichterkette aus Solarlampen, die Schüler der Justus-von-Liebig-Schule gemeinsam mit einem türkischen Künstler gestalten. Auf jeder wird eine Botschaft eines Dichters oder Philosophen stehen, die für Toleranz wirbt. Die Lichter sollen an geeigneten Stellen in der Stadt sowie im Carl-Benz-Stadion aufgehängt werden.

Neben dieser „Licht-an“-Aktion und dem Memory-Spiel ist ein Freundschaftsspiel zwischen dem SVW und Türkspor Mannheim geplant, bei dem die Teams Trikots mit Grundgesetzartikeln tragen. Es soll am 23. Mai 2021 stattfinden, dem 72. Geburtstag des Grundgesetzes.

Im selben Alter ist Franz Egle. Ihm gefalle gar nicht, dass „Multikulti“ heute für viele schon fast ein Schimpfwort sei, so der frühere Präsident der Hochschule der Wirtschaft für Management. „Dabei ist jemand, der mehrere Sprachen spricht und sich in mehreren Ländern auskennt, ein unglaublicher Gewinn – auch für die Wirtschaft.“ Die Fragen bei der bilingualen Pressekonferenz drehen sich indes vor allem um Baklans Einstieg als Trikotsponsor beim SVW. Ein Reporter fragt auf Türkisch, ob das als Unternehmer in der jetzigen Situation wirtschaftlich vernünftig sei. Baklan antwortet auf Deutsch: „Man muss dann halt unterstützen, wenn der Bedarf da ist.“ Wenn der SVW wieder in der Ersten Liga spiele, werde er sein Geld nicht mehr nötig haben. Da schmunzelt auch Kompp.

Egle betont indes, die jetzige Partnerschaft gegen Rassismus hätten sie schon im Sommer vor dem Sponsoring-Vertrag vereinbart. Die Initiative dazu sei von Menschen ausgegangen, die beiden Mannheimer Vereinen angehörten, dem DTI wie dem SVW. Natürlich könne man Probleme wie Rechtsextremismus oder islamistischen Terror nicht lokal lösen, aber ein „Wehret den Anfängen“ sei erforderlich. Darin habe ihn ein vom örtlichen Antidiskriminierungsbüro verfasster Bericht über einige Vorfälle bestärkt.

Lob auch an aktive Fanszene

Kompp wird von einem türkischen Journalisten gefragt, ob es auch beim SVW Rassismus gebe. „In der Mannschaft definitiv nicht“, so der Geschäftsführer. Allerdings sitze im Stadion nun mal ein Spiegelbild der Gesellschaft, da könnten unter den bis zu 24 500 Zuschauern natürlich ein paar Unverbesserliche sein. Kompp verweist jedoch auch auf das vielfältige Engagement der aktiven Fanszene gegen Rassismus.

Am Ende überreicht Kompp dem DTI noch einen Spenden-Scheck über 1907 Euro (analog zum SVW-Gründungsjahr), und der Kooperationsvertrag wird unterzeichnet. Übrigens mit freundlicher Unterstützung des „Mannheimer Morgen“: Die Kugelschreiber sind vom „MM“-Reporter entliehen. Im Fußball gibt es für so etwas einen Scorer-Punkt.

Das Institut und seine Arbeit

  • Das Deutsch-Türkische Institut für Arbeit und Bildung (DTI) wurde 2012 in Mannheim gegründet.
  • Vorstandsvorsitzender ist der Unternehmer Mustafa Baklan. Als Stellvertreter und geschäftsführender Vorsitzender fungiert Franz Egle, Gründungspräsident der Hochschule der Wirtschaft für Management.
  • Das DTI fördert die Verständigung zwischen Deutschen und hier lebenden Türkischstämmigen, insbesondere in den Bereichen Bildung Arbeit, Wissenschaft und Forschung. Ein Schwerpunkt sind Jugendliche.
  • Das Institut finanziert sich als gemeinnütziger Verein mit Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Sponsorenleistungen und Projektmitteln. Alle Vorstands- und Kuratoriumsmitglieder sind ehrenamtlich tätig.
  • Kooperationspartnerschaften – wie die nun mit dem SV Waldhof vereinbarte – bestehen unter anderem mit vier Mannheimer Schulen und mit dem Nationaltheater. 

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

Thema : SV Waldhof Mannheim

  • SV Waldhof Warum der Sieg des SV Waldhof in Aue Hoffnung macht

    Nicht nur tabellarisch machte der SV Waldhof am 11. Spieltag der 3. Liga einen Sprung nach vorn. Auch sonst zeigten viele Faktoren in die richtige Richtung.

    Mehr erfahren
  • SV Waldhof Kein Platz für Frust bei Waldhof-Stürmer Kennedy Okpala

    Beim 2:0-Sieg des SV Waldhof in Aue hätte sich der 20-jährige Angreifer mehr belohnen können. Der Ärger des Youngsters war aber schnell verflogen.

    Mehr erfahren
  • SV Waldhof SV Waldhof meldet sich in Aue stark zurück

    Mit seiner bisher stärksten Auswärtsleistung und einem 2:0-Sieg nimmt der SV Waldhof die Punkte bei Erzgebirge Aue mit. Nur bei der Chancenverwertung hapert es.

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen