Mannheim. Seit drei Jahren ist sie stillgelegt. „Hängende Töne und Register führten regelmäßig zu Ausfällen“, seufzt Bezirkskantor Klaus Krämer: „Sie zu spielen ist inzwischen unmöglich“. Aber jetzt soll die Orgel der Marktplatzkirche St. Sebastian, die älteste Orgel in Mannheims Quadraten, wieder saniert werden. Die Initiativgruppe zur Rettung der Orgel von St. Sebastian hat dazu eine Spendenaktion gestartet.
Termine und Konto
- Mit einem „Paukenschlag“, so Bezirkskantor Klaus krämer, soll die Spendenaktion am Samstag, 14. Oktober ab 20.30 Uhr beginnen.
- Anlässlich der Mannheimer Orgeltage, die vom 13. bis 15. Oktober dauern, spielen an dem Abend in der Jesuitenkirche bekannte evangelische und katholische Kantoren wie Johannes Michel, Tobias Breitner, Klaus Krämer, Beate Rux-Voss, Marion Krall und Lars Schwarze, ehe es ein großes, ungewöhnliches Finale gibt – einen Musiker-Flashmob.
- Einmal monatlich um 10.50 Uhr gibt es in St. Sebastian Chormusik vor dem Gottesdienst, am 9., 16. und 23. Dezember um 11 Uhr Musik zur Marktzeit im Advent.
- Spendenkonto der Röm-Kath. Kirchengemeinde Johannes XXIII. IBAN DE 38 6709 0000 0093 8147 03, Verwendungszweck „Orgel St. Sebastian“ angeben.
Der jeweils aktuelle Spendenstand unter www.kathma-johannes23.de/orgelrettung. Dort ist auch eine Liste der Spender abrufbar. Spender erhalten zudem eine Urkunde.
Derzeit steht nur eine kleine Ersatzorgel, ausgeliehen von der Liebfrauenkirche, in dem Gotteshaus in F 1. „Es ging nicht mehr, sie ist nicht mehr spielbar“, bedauert Stadtdekan Karl Jung, zugleich der Leiter der Seelsorgeeinheit Johannes XXIII., zu der St. Sebastian gehört, über das alte Instrument. Aber die Orgel sei „nicht irgend ein Instrument, sondern entscheidend für die Liturgie, die Königin der Instrumente“, verdeutlicht Karl Jung.
Älteste Kirche stark genutzt
Hinzu komme, dass die Marktplatzkirche, 1709 geweiht und damit älteste katholische Kirche und ältestes erhaltenes Gebäude Mannheims, „für uns von hoher Bedeutung ist“, so der Dekan. Das liege nicht nur daran, dass sie nach dem Volksheiligen St. Sebastian benannt ist, Schutzpatron der Stadt und oft angerufen als Helfer gegen Krankheit und Not. Sie sei zudem „ein ganz prominenter Ort“ in der Innenstadt direkt am Marktplatz, stark genutzt von vielen Gläubigen zum Gebet, zum Innehalten, um hier Kerzen anzuzünden oder Blumen abzulegen. „Hier kommen jeden Tag sehr viele Menschen her“, unterstrich Jung.
Zudem erhalte die Kirche ab 2026 eine noch höhere Bedeutung, weil nach der Kirchenreform auf Ebene der Erzdiözese die neue Pfarrei für ganz Mannheim auch den Namen St. Sebastian tragen werde.
Die Orgel der Kirche, 1875 von der Werkstatt Louis Voit und Söhne Durlach erbaut, war zunächst 1877 auf der Allgemeinen Gewerbe- und Kunstausstellung für das Großherzogtum Baden in Karlsruhe ausgestellt und vom Großherzog mit einer Goldmedaille ausgezeichnet worden, ehe sie 1877 von der Pfarrei St. Sebastian gekauft wurde. Das Gehäuse schuf der Mannheimer Architekt Philipp Bender. 1917, im Ersten Weltkrieg, mussten die Prospektpfeifen für die Waffenherstellung abgegeben werden. Dafür hat das Instrument den Zweiten Weltkrieg nahezu unbeschädigt überstanden. „Aber was der Krieg nicht geschafft hat, haben nachfolgende Generationen erledigt“, beklagt Krämer 1954 und 1959/61 erfolgte, teils unsachgemäße Sanierungen. Inzwischen sei es „unmöglich, sie zu spielen“, zumal die 2016 ihre Brandschutzvorschriften „massiv erhöht“ habe.
Abbau ab 2025
Nun soll die Orgel ab Frühjahr 2025 Stück für Stück abgebaut, alle historischen Teile gereinigt, renoviert und der historische Zustand von 1875 wieder hergestellt werden. „Es muss einiges neu gebaut, das Gehäuse überarbeitet werden“, so Krämer. Auch die alte Brüstung der Empore muss, um die Orgel demontieren zu können, weg. Danach wird die Orgel über zwei Manuale, Pedal, 22 Register und 1200 Pfeifen verfügen. Das alles werde „einige Zeit“ in Anspruch nehmen, wollte sich Krämer nicht genau festlegen. Geplant ist jedenfalls das erste Quartal 2026. Die Gemeinde sei jedoch, so Stefanie Janho vom Gemeindeteam, „überglücklich“, dass die Entscheidung zur Renovierung statt einer neuen Orgel gefallen ist: „Es handelt sich schließlich um unser Kulturgut!“
Von den Gesamtkosten von 600 000 Euro sind bisher aber nur zwei Drittel aus Mitteln des Erzbistums Freiburg, der Pfälzer Katholischen Kirchenschaffnei und angesparten Spendenmitteln gedeckt. 200 000 Euro fehlen noch. Daher hat sich unter Leitung von Roswitha Niedermeier eine Initiativgruppe gegründet. Sie wolle Benefizkonzerte, Pfeifenpatenschaften, Orgelführungen und „Orgel-Schnupperstunden“ gegen Spende arrangieren und noch viel mehr Aktivitäten entfalten, „damit unsere schöne Orgel ihr altes Klangvolumen wieder entfaltet“.
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