Verkehr

Streit um Parkverstöße von Anwohnern auf Spinelli eskaliert

Handyfotos von Parksündern sorgen rund um die Völklinger Straße in Mannheim-Spinelli für Ärger. Ein Leser schildert ein Klima der Angst.

Von 
Valerie Gerards
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Strafzettel auch für kurzes Halten zum Ausladen oder Einsteigen vergiften auf Spinelli das Nachbarschaftsklima (Symbolbild). © picture alliance / dpa

Mannheim. Im Spinelli-Quartier in Mannheim eskaliert ein Nachbarschaftskonflikt. Auslöser ist die angespannte Parksituation rund um die Völklinger Straße. Ein Leser berichtet von einer Gruppe Anwohner, die über die Messenger-App „Signal“ Fahrzeuge fotografiert und die Bilder an die Stadtverwaltung weiterleitet. Die Folge: Strafzettel, auch für kurzes Halten zum Ausladen.

„Ich bin auf einem dieser Fotos deutlich erkennbar“, schreibt der Leser. Die Aufnahmen zeigen nicht nur Kennzeichen, sondern auch Personen. Die Bilder werden auf privaten Handys gespeichert und in der Gruppe geteilt. Für viele Bewohner ist das ein Eingriff in die Privatsphäre. „Das Gefühl, ständig überwacht zu werden, führt zu einer misstrauischen Atmosphäre im Viertel“, heißt es in der Beschwerde. Einige denken angeblich bereits über einen Umzug nach.

„Hinweise können grundsätzlich zur Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens führen“

Die Stadt Mannheim bestätigt, dass Hinweise, auch mit Fotos aus der Bevölkerung, bei der Bußgeldstelle eingehen. „Solche Hinweise können grundsätzlich zur Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens führen, sofern sie den rechtlichen Anforderungen genügen“, erklärt Stadtsprecherin Desirée Leisner. Die Entscheidung über eine Ahndung treffe die Bußgeldstelle nach sorgfältiger Prüfung jedes Einzelfalls.

Wie viele Strafzettel über die Hinweise aus der Bevölkerung tatsächlich verteilt werden, lässt sich nicht nachvollziehen: Eine Statistik über Strafzettel, die ausschließlich auf Grundlage privater Meldungen im Bereich Spinelli ausgestellt wurden, liegt laut Stadt nicht vor. Die Verkehrsüberwachung erfolge regulär durch den städtischen Ordnungsdienst.

Stadt mahnt Bürgerinnen und Bürger zur Sensibilität

Zusätzlich erreichen die Behörde Hinweise von Bürgern. Diese würden geprüft, um Doppelbearbeitungen zu vermeiden. Die Stadt betont, dass Hinweise aus der Bevölkerung zur Verkehrssicherheit beitragen sollen, nicht zur sozialen Kontrolle. „Es sollte ein sensibles Gleichgewicht gewahrt werden zwischen berechtigtem Hinweisverhalten und einem respektvollen nachbarschaftlichen Miteinander“, erklärt Leisner.

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Im verkehrsberuhigten Bereich der Völklinger Straße gelten strenge Regeln. Fahrzeuge dürfen nur zum Be- und Entladen oder Ein- und Aussteigen außerhalb gekennzeichneter Flächen halten. Dauerhaftes Parken ist verboten. Die Stadt verweist auf die Schutzfunktion solcher Regelungen: „In solchen Bereichen sind widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge immer eine potenzielle Gefährdung für schwächere Verkehrsteilnehmer und insbesondere für spielende Kinder. Durch die genannten Regelungen sollen die Kleinsten und Schwächsten besonders geschützt werden.“

Die Stadt stellt klar, dass es kein Erfolgshonorar und keine Vergütung gibt

Sofern in einem verkehrsberuhigten Bereich keine entsprechenden Flächen für das Abstellen von Fahrzeugen markiert sind, ist es tatsächlich so, dass Fahrzeuge – außer zum kurzfristigen Be- und Entladen oder Ein- und Aussteigen – dort nicht zum Parken abgestellt werden dürfen.

Falschparker fotografieren: verboten oder erlaubt?

  • Wer dem Ordnungsamt ein falsch geparktes Auto melden möchte, darf das prinzipiell per E-Mail tun oder eine App nutzen. Auch Fotos darf man mitsenden.
  • Wenn das Foto für andere Nutzer sichtbar wird: Kennzeichen, Personen und andere eindeutige Identifikationsmerkmale müssen unkenntlich gemacht werden .
  • Ohne Einwilligung dürfen keine personenbezogenen Daten veröffentlicht werden .
  • Der Versand von Fotos via WhatsApp fällt unter die Verbreitung im Sinne des Urheberrechts an Werken der bildenden Künste und der Photographie und bedarf einer Einwilligung .

Ob ein Fahrzeug nur kurz gehalten oder tatsächlich geparkt wurde, prüft die Verkehrsüberwachung vor Ort. Bei Privatanzeigen erfolgt die Prüfung durch die Bußgeldbehörde. Betroffene erhalten einen Anhörungsbogen und können sich zum Sachverhalt äußern. Ein Erfolgshonorar für städtische Ordnungskräfte gibt es nicht. Auch Bürger, die Hinweise oder Fotos einreichen, erhalten keine Vergütung. Die Stadt stellt klar: „Das Einreichen solcher Hinweise erfolgt freiwillig und unentgeltlich.“

„Viele fühlen sich unter Druck gesetzt“

Die Kritik an der Überwachung durch Nachbarn wirft datenschutzrechtliche Fragen auf. Fotos, die Gesichter zeigen und auf privaten Geräten gespeichert werden, sind heikel. Der Leser spricht von psychischer Belastung und einem Klima der Angst. „Viele fühlen sich unter Druck gesetzt“, heißt es in der Nachricht. Auf Google Maps finden sich bereits Rezensionen, die diese Stimmung bestätigen: „Spinelli sollte man eigentlich in ,Big apple is watching you umtaufen‘“, „Man kann kaum irgendwo halten, und manche Nachbarn scheinen nur darauf zu warten, jemanden zu melden. Wirklich schade, denn das macht das Leben hier unnötig stressig“ oder „Die Nachbarschaftsatmosphäre leidet deutlich unter diesem Verhalten“, ist dort zu lesen.

Die Stadt sieht in der Bürgerbeteiligung grundsätzlich eine Ergänzung zur eigenen Kontrolle. Doch die Grenze zwischen Engagement und Überwachung ist schmal. Die Reaktionen im Quartier zeigen: Das Vertrauen unter Nachbarn leidet. Die Diskussion über Parkverstöße wird zur Frage des Zusammenlebens.

Freie Autorin

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