Mannheim. Bis zum Kindergartenjahr 2027/28 soll in Mannheim ein zentrales Platzvergabesystem für Betreuungseinrichtungen geschaffen werden. Dieses ersetzt dann das bisherige Meldesystem Kinderbetreuung (MeKi), das vor allem bei den Eltern in der Kritik steht. „Dadurch wäre eine transparente, verbindliche und effiziente Platzvergabe nicht nur für alle städtischen Kita-Plätze möglich, sondern darüber könnten auch Plätze der freien Träger vergeben werden“, so Bürgermeister Dirk Grunert.
Zentrales Vergabesystem für Betreuungsplätze: "Wäre ein großer Fortschritt"
Möglichst viele Träger von Kindertageseinrichtungen an einen Tisch bringen, sich auf gemeinsame Vergabekriterien einigen und das Ergebnis in einer Software umsetzen - so der Plan der Stadtverwaltung. Da die freien Träger nicht verpflichtet werden können, sich in die zentrale Platzvergabe einzubringen, will man über ein Bonussystem, also eine höhere Förderung, einen Anreiz dafür schaffen. Der Prozess zur Ausarbeitung des neuen Vergabesystems wird aktuell in Grunerts Dezernat abgestimmt. „Ein solches System wäre ein großer Fortschritt“, sagt der Dezernent.
Mit dem bisherigen Meldesystem sind viele Eltern unzufrieden. Dass man beispielsweise zu keiner Zeit eine Rückmeldung erhält, kritisiert Dominik Bonaszewski, Vorstandsmitglied im Gesamtelternbeirat der evangelischen Kitas in Mannheim und Vertreter der konfessionellen Kita-Eltern im Jugendhilfeausschuss. „Dies sorgt dafür, dass die Eltern bis weit nach dem offiziellen Vergabezeitraum auf heißen Kohlen sitzen und nicht wissen, ob noch ein Platz kommt oder ob sie doch rechtliche Schritte einleiten müssen. Eine einfache Serienmail wäre völlig ausreichend“, merkt der Elternvertreter an.
Noch über 1800 Kinder bis Ende des Jahres unversorgt
Auch bevorzuge das aktuelle MeKi-System doppelt vollzeitarbeitende Eltern und alleinerziehend arbeitende Eltern. „Das ist für diese Eltern absolut notwendig. Leider sind damit aber soziale Fragen gar nicht berücksichtigt. Wie im Jugendhilfeausschuss berichtet, ist der Kitabesuch beim Spracherwerb entscheidend, um sprachliche Probleme zu mindern.
Eine soziale Kompetente gibt es derzeit aber nur bei der Belegung von Plätzen durch das Jugendamt“, so Bonaszewski. Eine noch entscheidendere Rolle komme dem Vergabesystem auch dadurch zu, dass sich die Kosten für einen Kitaplatz je nach Träger massiv voneinander unterscheiden würden.
Letztlich verwaltet MeKi allerdings nur den Mangel, darin ist sich Bonaszewski mit seinem Kollegen vom Stadtelternbeirat, Hildwin Wonner, einig. Schließlich sind aktuell – bei knapp 12 000 vorhandenen Plätzen – bis zum Ende des Kalenderjahres noch über 1800 Kinder unversorgt. „Für die Eltern bedeutet dies sowohl vor allem Konflikte mit dem Arbeitgeber als auch Probleme bei der Bewältigung von finanziellen Verpflichtungen aufgrund eines geringeren Einkommens“, sagt Wonner und fügt hinzu: „Darüber hinaus wird Kindern, die keinen Platz erhalten, ein wertvoller wichtiger Entwicklungsschritt in der Persönlichkeit und im Umgang mit anderen Menschen vorenthalten.“ Der Stadtelternbeirat setze sich für eine Verbesserung der Personalsituation und multiprofessionelle Teams ein, die im Kita-Alltag unterstützen und das Fachpersonal entlasten könnten.
Eine Änderung am Vergabeprozess würde keinen zusätzlichen Platz schaffen, sondern es gäbe nur andere betroffene Familien und Kinder, die dann unversorgt seien, so Wonner. Mehr finanzielle Mittel für den Bildungsbereich – das fordert der Stadtelternbeirat. „Darauf sollte der Fokus der Politik und der Stadtverwaltung ganz klar liegen. Auch im Rahmen der Etatberatungen“, erklärt der Stadtsprecher.
Verbesserte digitale Prozesse könnten dann beispielsweise dafür sorgen, dass Betreuungsplätze optimal belegt würden. „Eine starke Personalakquise, Ausbildung und Haltung von Fachkräften sowie die Schaffung von Ganztagesplätzen beziehungsweise den Umbau von Plätzen mit verlängerter Öffnungszeit zu Ganztagesplätzen sehen wir als dringend geboten“, so Hildwin Wonner.
„Wir haben uns im westdeutschen Bundesgebiet in den vergangenen Jahrzehnten nicht gut genug um das Thema Kinderbetreuung gekümmert“, weiß auch Bürgermeister Grunert. Das so entstandene Defizit aus der Vergangenheit arbeite man nun aber Stück für Stück auf. „Wir haben reagiert“, sagt Grunert und verweist auf bauliche und personelle Anstrengungen.
Erzieherinnen und Erzieher gesucht: Stadt rekrutiert erstmals im Ausland
Zum ersten Mal rekrutiert die Stadtverwaltung aktuell im Bereich der Kinderbetreuung nun auch im Ausland. So werden im November zehn spanische Erzieherinnen in Mannheim erwartet. Im Bereich der praxisintegrierten Ausbildung (PiA) hat man die Kapazität in den vergangenen fünf Jahren erhöht. Allerdings ist die Zahl der Bewerbungen für PiA rückläufig. „Es konnten trotz intensiver Bemühungen für dieses Ausbildungsjahr nicht alle zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze besetzt werden“, teilt eine Dezernatssprecherin mit.
Neue Ausbildungsmodelle kommen dagegen sehr gut an, zum Beispiel der „Direkteinstieg Kita“. Dieses Modell richtet sich an berufliche Quereinsteiger und nimmt damit eine neue Zielgruppe in den Fokus. Dafür kooperiert die Stadt vor Ort mit drei Fachschulen.
Ein flexibles, tageweises Buchungssystem für Betreuungsplätze lehnt Bürgermeister Grunert ab: „Die Bereitschaft, einzelne Wochentage dauerhaft abzugeben, ist doch nur in geringem Maße vorhanden. Eltern wollen Sicherheit. Das Potenzial ist deutlich kleiner als man auf den ersten Blick denkt. Auch entsprechen wechselnde Gruppen nicht dem Bedürfnis von Kindern.“
Überlegungen wie in anderen Kommunen, den Erzieherinnen und Erziehern ein höheres Gehalt zu zahlen, gibt es in Mannheim nicht. „Wir zahlen hier nach Tarif. Damit hat eine Fachkraft bei uns nach ihrer dreijährigen Ausbildung ein Gehalt in Vollzeit von 3500 bis 3600 Euro brutto. Ich finde das nicht schlecht, und das vertrete ich auch offensiv“, so Dirk Grunert.
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