Umwelt

Darum geht es bei "Gemeinsam gegen Kippendreck" in Mannheim

Zigarettenstummel - ein häufiger, aber giftiger Müll auf dem Boden. Die Aktionswoche von Stadt, RhineCleanUp und den Surfridern Baden-Pfalz soll Bewusstsein schärfen und die Stadt sauberer machen

Von 
Roland Schmellenkamp
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Die Aktionswoche von Stadt, RhineCleanUp und den Surfridern Baden-Pfalz soll Bewusstsein schärfen und die Stadt sauberer machen. © Roland Schmellenkamp

Mannheim. Die Rheinterrassen mit Blick auf Ludwigshafen sind ein schöner Ort, um sich auf einer Sitzbank zu entspannen. Aber wer dort auf den Boden schaut, sieht Hunderte Zigarettenstummel herumliegen. „Zigarettenreste auf den Boden werfen ist gesellschaftlich akzeptiert. Das ist bei keinem anderen Müll so“, betont Alexander Baum, der sich ehrenamtlich als Projektleiter Surfrider Baden-Pfalz engagiert. Vor zwei Jahren hatte er die Idee, Schilder auf Bänken anzubringen, um Raucher dazu anzuregen, ihre Kippen in Mülleimern zu entsorgen. Grund: Sie enthalten bis zu 7000 verschiedene Giftstoffe, die für Mensch und Tier schädlich sind und ins Grundwasser gelangen. „Sogar im arktischen Meer wurden sie nachgewiesen“, so der 29-Jährige. Außerdem ist der Filter aus Zellulose-Acetat biologisch nicht abbaubar und zerfällt zu Microplastik.

Drei Millionen Zigarettenstummel sammelt die Stadt jährlich ein

Aus der Idee mit den Schildern entwickelte sich schließlich in Zusammenarbeit mit der Gruppe RhineCleanUp und der Stadt eine Aktionswoche unter dem Mott „Gemeinsam gegen Kippendreck“. Zur Größenordnung des Problems nennt Alexandra Kriegel, Leiterin Stadtraumservice Mannheim, eine Zahl: Drei Millionen Zigarettenstummel würden die Mitarbeiter der Stadt jährlich sammeln. Uwe Franken (RhineCleanUp-Koordinator für die Metropolregion Rhein-Neckar) ergänzt, dass seine Gruppe 2022 eine Sammelaktion veranstaltet habe: Vier Tage hätten 15 bis 20 Leute rund anderthalb Stunden täglich Kippen aufgesammelt, 135 000 Stück seien so zusammengekommen.

Gemeinsames sammeln

Während der Woche „Gemeinsam gegen Kippendreck“ sind eine Reihe von Aktionen geplant. An diesem Samstag findet bei den Rheinterrassen am Fahnenmast eine Sammelaktion statt.

Weitere sollen am Sonntag im Jungbusch an der Teufelsbrücke sowie am Dienstag um 17 Uhr im Bereich des Marktplatzbrunnens stattfinden.

An diesem Tag wird die Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori (SPD) als Gast erwartet. Am Freitag, 9. August, findet um 11 Uhr auf dem Marktplatz eine Abschlussveranstaltung statt. Dort werden die gesammelten Kippen präsentiert.

Die Organisation RhineCleanUp setzt sich für saubere Flüsse und Meere ein. Seit 2018 säubert sie Flussufer. RoS

„Ich habe selber mal geraucht und verstehe, dass es für eingefleischte Raucher schwer ist, sich umzustellen“, betont er. Doch Franken empfiehlt die Nutzung von Taschenaschenbechern, wenn kein Mülleimer in Reichweite ist. Einige Bekannte würden sie benutzen, und während der Aktionswoche werden Taschenaschenbecher vom Stadtraumservice gratis verteilt. Er unterteilt die Bevölkerung grob in drei Schichten: Leute, die sowieso schon nachhaltig leben. Dann eine große Gruppe, die man mit solchen Aktionen wie der Woche „Gemeinsam gegen Kippendreck“ erreichen könne. Er regt an, dass während der Woche einzelne Bürger und Gruppen selbstständig Kippen sammeln, um sie am Abschlusstag in eine gläserne Säule zu werfen. Weiter gebe es, so Uwe Franken, gesellschaftlich „eine kleine Schicht, bei der Hopfen und Malz verloren ist. Die kriegt man nur durch Sanktionen.“ Bei den Müllsäuberungsaktionen seiner Gruppe von RhineCleanUp habe es sogar schon Passanten gegeben, die sie ausgelacht und ihnen Kippen vor die Füße geworfen hätten.

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Was kaum jemand weiß: 100 Euro Bußgeld sind fällig, wenn der Ordnungsdienst jemanden auf frischer Tat ertappt. Petar Drakul, Innenstadtbeauftragter des Oberbürgermeisters, erklärt, dass es jährlich einige Bußgeldverfahren gebe. Er formuliert unverblümt: „Wer 2024 noch Kippen auf den Boden wirft, ist asozial.“ Aber wohin mit den Stummeln? Auf den Rheinterrassen hat der Stadtraumservice neue Mülleimer angebracht, die zur großen Öffnung für Müll zusätzlich eine kleine Öffnung nur für Kippen haben, darin sind sie vom anderen Müll getrennt. Damit soll verhindert werden, dass die Behälter anfangen zu brennen, wie schon öfter geschehen. Diese Metallbehälter sollen nach und nach alle 4200 bisher im Stadtgebiet vorhandenen ersetzen.

„Voting-Behälter“ sollen Raucher zur Benutzung animieren

„Wir haben damit eine der größten Dichten im Vergleich mit anderen Städten“, erklärt Alexandra Kriegel vom Stadtraumservice. In besonders problematischen Zonen wie an Haltestellen und vor Schulen werden sogenannte „Voting-Behälter“ angebracht: Mit dem Einwurf eines Zigarettenstummels auf der einen oder anderen Seite kann man bei einer Frage abstimmen. Das soll zur Nutzung animieren. Alle von der Straße aufzuheben, das sei für den Stadtraumservice quasi unmöglich: Sie liegen oft in Ritzen, jede davon müsse einzeln mit einer Zange gegriffen werden. Petar Drakul betont: „Bei allen Umfragen wird das Thema Sauberkeit als Störfaktor ganz oben genannt.“

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Alexander Baum von Surfrider Baden-Pfalz erklärt, dass es in den vergangenen drei bis fünf Jahren bei jungen Leuten bis 25 Jahren wieder mehr Raucher geben würde. Er hat eine weitere Idee, um Kippendreck zu verringern: Auf Zigarettenpackungen ähnlich wie mit Bildern zu Gesundheitsschäden auf Umweltschäden hinweisen. Aber er weiß: „Dazu müsste es ein Gesetz geben.“

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