Turnier in Waldhof-Stadion

So läuft es bisher bei der Tauzieh-WM in Mannheim

Normalerweise spielen im Mannheimer Sepp-Herberger-Stadion die älteren Nachwuchsmannschaften des SV Waldhof ihre Heimspiele aus. Doch jetzt ist der Rasen komplett durchplügt: Hier wird die Tauzieh-WM ausgetragen

Von 
Steffen Mack
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Diese Mannschaft aus dem Baskenland holt sich in der 560-Kilo-Klasse den WM-Titel in Mannheim. Nur der Hinterste darf das Seil um die Schulter legen. Links steht der Trainer, der aus der Nähe coachen kann. © Thomas Tröster

Mannheim. Von Lukas Podolski kursiert ein lustiges Zitat. Es wurde dem Nationalspieler zwar nur von einem Komiker angedichtet. Aber das macht den Spruch nicht weniger witzig: „Fußball ist wie Schach, nur ohne Würfel.“ Erster Gedanke im Seppl-Herberger-Stadion: Tauziehen auch.

Je acht Menschen stehen sich lange an einem dicken Seil gegenüber, ohne dass sich erkennbar etwas tut. Doch schlagartig gibt es Bewegung. Erst in die eine, dann in die andere Richtung. Die Akteure werfen sich mit ganzem Körper rein, zeilweise zerren sie fast im Liegen. Die klobigen Schuhe mit Metallplatten pflügen tiefe Löcher in den Rasen.

Tauzieh-WM: Gut, dass der Waldhof einen neuen Rasen bekommt

Normalerweise würden die Platzwarte des SV Waldhof durchdrehen. Aber sie stehen entspannt im Hintergrund. Nach der Tauzieh-Weltmeisterschaft bekommt der Verein einen neuen Rasen, das alte Spielfeld war ohnehin sanierungsbedürftig.

So wird nun vier Tage die WM offiziell im „Stadion am Alsenweg“ ausgetragen. Beim richtigen Namen war wohl die Verwechslungsgefahr zu groß, weil es in Weinheim ein Sepp-Herberger-Stadion gibt (nur ohne „l“ am Sepp). Nicht, dass sich da jemand verirrt. Immerhin werden 15 000 Zuschauer erwartet, um sich rund 1500 Athleten aus 23 Nationen anzusehen. Die Bandbreite reicht von Belgien über die Ukraine, Indien und die USA bis zu Sierra Leone.

Für den Rasen im Mannheimer Seppl-Herberger-Stadion ist die Tauzieh-WM eher nicht. Er wird danach aber auch ausgetauscht. © Thomas Tröster

Wobei es eigentlich 22 sind, das Baskenland ist ja keine Nation. Die nordspanische Autonomie-Region darf ansonsten bei internationalen Turnieren höchstselten mitmachen, beim Tauziehen schon. Und wie!

Eines ihrer Teams, Goiherri, steht im Halbfinale der 560-Kilo-Klasse Sins aus der Schweiz gegenüber. Ralf Bräuninger, Präsident des deutschen Tauzieh-Verbands, nimmt den unbedarften Reporter mit aufs Spielfeld. Aus der Nähe ist das Spektakel faszinierend. Selbst wenn sich die Akteure kaum bewegen, ist ihnen die enorme Kraftanstrengung anzusehen. „Hören Sie das Knacken?“, fragt Bräuninger. „Das kommt vom Seil. Das ist schon so angespannt, da könnten Sie drauf laufen.“

Plötzlich gehen die Basken in die Offensive. Bräuninger erläutert, die Hinteren hätten die Vorderen auf ein großes Loch unter ihren Füßen aufmerksam gemacht, für einen guten Stand sei jetzt eine Verlagerung wichtig. Der Reilinger erklärt auch die Fouls, die gepfiffen werden. Etwa, wenn jemand am Tau umgreift, sogenanntes Klettern. Auch sich einer Hand am Boden abstützen und am Körper das Seil einklemmen ist verboten, allein der letzte Mann darf es sich um die Schulter wickeln.

Tauzieh-WM: Hat eine Mannschaft drei Fouls begangen, wird abgepfiffen

Als Goiherri und Sins gleichzeitig das dritte Foul gepfiffen bekommen, unterbricht der Schiedsrichter. Das passiert auch, wenn es beide Seiten zu lange an Aktivität fehlen lassen oder der Boden zu durchgepflügt ist. Dann geht es auf der nächsten Bahn weiter. Zwischendurch bessern die Greenkeeper mit Rechen nach.

Die Tauzieh-WM in Mannheim

  • Am Samstag, 7. September,  und am Sonntag, 8. September,  wird die Tauzieh-WM in vier Sessions ausgetragen, die sind jeweils von 9 bis 12.30 und von 13.15 bis 17 Uhr angesetzt. In jeder treten drei unterschiedliche Geschlechts-, Ge-wichts und Altersklassen an.
  • Den Anfang machen am Samstagmorgen ein 560-Kilo-Männer-, ein 540-Kilo-Frauen- und U19 520-Kilo-Mixed-Team.
  • In allen Wettwerben sollen auch deutsche Teams starten.
  • Der Eintritt kostet 19,50 Euro, ermäßigt (Vier- bis 14-Jährige und Schwerbehinderte) 12,50 Euro. Wochenendtickets gibt es für 32,50 bzw. 22,50 Euro. 

 

Schließlich setzt sich Goiherri unter großem Jubel durch. Danach werden die Wettkämpfe für eine Siegerehrung unterbrochen. Am heftigsten feiern auf dem Podest Holländerinnen, die in ihrer 500-Kilo-Klasse Dritte wurden. Zweite sind Engländerinnen, Sieger ist ein Team aus Taiwan, das wie bei Olympia als „Chinese Taipeh“ bezeichnet wird.

Aus 90 Clubs wetteifern insgesamt 185 Teams, die meisten stellen die Niederlande (34), die Schweiz (27) und - der erstmalige - WM-Gastgeber Deutschland (20). Am Wochenende folgen 124 Nationalteams, ebenfalls in verschiedenen Geschlechts-, Gewichts- und Altersklassen. Fast alle Akteure treten erst für einen Club, dann für ihr Land an.

Rund um das Spielfeld haben die Teams ihre Pavillons aufgeschlagen. Beim Rundgang sieht man etwa eine Athletin, die ihren Gürtel - an dem man das Seil führt - angelegt bekommt. Noch ist er ihr nicht fest genug. „I need it tighter“, ruft die Frau.

Basken überzeugen bei der Tauzieh-WM in Mannheim

Vor einem anderen Zelt schreit ein Mann „Oba bleiba“ aufs Feld, den Schlachtruf der Stuttgart-21-Gegner. Er meint aber seine Clubkameraden aus Simonswald, die in der 560-Kilo-Klasse gegen Sins gerade fast im Liegen ziehen. Doch schnell raffen sich die Schwarzwälder auf und holen sich gegen die Schweizer in nur zwei Durchgängen Bronze.

Auf der Tribüne bei der Tauzieh-WM in Mannheim feuern sich überwiegend die unterschiedlichen Teams aus den Teilnehmernationen gegenseitig an, die vorne sind aus Irland. © Thomas Tröster

Im Finale gewinnt Goiherri gegen Gaztedi, ebenfalls aus dem Baskenland. Dass die Teams von dort an diesem Nachmittag so gut sind, führt Jost Waser vom Tauzieh-Weltverband auch auf das sommerliche Wetter zurück. „Bei Regen ist alles ganz anders“, sagt der Schweizer.

Am Wochenende wollen die Stadionsprecher mehr erklären

Als Laie ist es nicht leicht, das verstreute Geschehen zu überblicken, besonders von der Tribüne aus. Auf der sitzen bei der Club-WM aber auch fast nur Angehörige und Aktive, die sich gegenseitig anfeuern. Am Wochenende, wenn mehr Neugierige aus Mannheim und Umgebung kommen, „werden wir auch mehr erklären“, verspricht Mark Nischwitz. Der Laudenbacher und ein holländischer Kollegen sind die Stadionsprecher. Die beiden laufen auf dem Feld hin und her, um sich mit ihren Durchsagen abzuwechseln.

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Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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