„zwischenDrin“-Festival

So könnten leer stehende Läden in Mannheim aussehen

Das „zwischenDrin“-Festival richtet sich gegen leerstehende Geschäfte in der Mannheimer Innenstadt. Nach dem erfolgreichen Auftakt ging es in diesem Jahr in die zweite Runde

Von 
Bernhard Haas
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Die siebenköpfige Brassband „Brass2Go“ sorgte mit ihrer Musik für mächtig Stimmung auf den Mannheimer Planken. © Bernhard Haas

Mannheim. Der Anblick leerer Ladenlokale und heruntergekommener Häuser in den Innenstädten gehört inzwischen zum normalen Bild in vielen Städten. Die Stadtentwicklung selbst gilt als ein komplexes Zusammenspiel aus wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Faktoren, die das städtische Leben prägen und beeinflussen.

Leerstände in der Innenstadt bieten aber auch Potenzialräume, die kreativ wiederbelebt und in den städtischen Kontext integriert werden können. „Da können wir noch viel mehr leisten“, erklärte Petar Drakul, Leiter des Projektes FutuRaum Mannheim.

Nach dem erfolgreichen Auftakt im letzten Jahr ging das Zwischennutzungs-Festival „zwischenDrin“ in Mannheim in die zweite Runde. Erneut wurden Kultur- und Kunstbegeisterte, Experten und Stadtmacher sowie eine Vielzahl an Kreativschaffenden, die gemeinsam mit im Rahmen des Projektes Startraum leerstehende Innenstadträume zwischennutzen, zusammen gebracht.

„Zwischendrin“-Festival: Zehn Tage, 100 Kreative, 2000 Besucher

Dieses Jahr fand das Festival im Zeitraum vom 19. bis 29. September statt. Gemeinsam mit vielen Akteuren wurde wieder die Innenstadt Mannheims mit unterschiedlichsten Formaten wie Workshops, Vorträgen und Diskussionen sowie Konzerten und Filmvorführungen bespielt. Darüber hinaus wurden über die verschiedenen Spielorte verteilt zahlreiche wechselnde Ausstellungen regionaler Künstler gestaltet. Es war viel geboten.

Im Zeitraumexit werden im Rahmen des „zwischenDrin“-Festivals auch Taschen mit Skizzen angefertigt. © Biernhard Haas

„Die Zeiten, dass die Menschen in die Innenstädte kommen und nur shoppen und konsumieren, sind eigentlich vorbei. Es muss nach weiteren Möglichkeiten gesucht werden, um die Menschen in die Stadtmitte zu locken“, sagte der Leiter des Projektes Startraum, Maximilian Frey. Es bedürfe funktionaler, städtebaulicher und immobilienwirtschaftlicher Anpassungen in den Innenstädten, um die grundsätzliche Funktion dieser Räume für die Gesamtstadt langfristig zu sichern. Dies gelte nicht nur im Hinblick auf den voranschreitenden Nutzungswandel, sondern auch für die Ausstattung des öffentlichen Raums, die Stärkung von Klimaschutz und Klimafolgeanpassung sowie die Sicherung der umweltschonenden Erreichbarkeit der zentralen Bereiche der Innenstädte, führte Frey aus.

Zeitraumexit war einer der Hotspots des Festivals „zwischenDrin“: die beiden Organisatoren Maximilian Frey (l.) und Ben Fritsche im Gespräch. © Bernhard Haas

Die Besucher konnten an zehn Festivaltagen ein vielfältiges Programm besuchen, das knapp 30 Workshops, Vorträge, Diskussionen, Konzerte und Open-Air-Kinos sowie wechselnde Ausstellungen umfasste. Letztlich gehe es um die Attraktivität der Innenstädte, sagte Frey. Nach ersten Auswertungen beteiligten sich rund 100 Kreative bei den verschiedensten Programmpunkten. Über 2000 Besucher seien gezählt worden, berichtete Frey im Gespräch mit dieser Redaktion. An der umfassenden, monatelangen Planung der einzelnen Punkte seien weit über 200 Menschen beteiligt gewesen, so der Projektleiter.

Erlauben Vermieter in Mannheim zu selten Zwischennutzung 

Frey erklärte: „Insbesondere durch die steigende Zahl an Leerständen in der Innenstadt und das kreative Potenzial der ansässigen Kultur- und Kreativszene gibt es zahlreiche Möglichkeiten in der Quadratestadt, neue Projekte zu starten und direkt zu einer höheren Attraktivität beizutragen.“ Manchmal müsse aber auch Überzeugungsarbeit geleistet werden, meinte Frey. Nicht jeder Immobilienbesitzer sei bereit, relativ kurzfristig zu vermieten und damit eine Zwischennutzung zuzulassen.

Luca Enig (l.) und Dominik Müller zeigen in Mannheim, wie ein „ewiger Garten“ angelegt wird. © Bernhard Haas

Wir besuchten einige Programmpunkte. Da war zum einen das Netzwerk Frauenzimmer als ein Zusammenschluss von über 30 Expertinnen aus unterschiedlichsten Bereichen: Gesundheit, Lebensberatung und Coaching, Erziehung und Kinder, Unternehmertum und Gründung, Fashion und Lifestyle. Da ging es ganz konkret um die Förderung der finanziellen Unabhängigkeit von Frauen bei der finanziellen und rechtlichen Vorsorge, inklusive Themen wie Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Testament.

„Zwischendrin“-Festival: Kunsthandwerk, Musik und ein ewiges Terrarium

Die Goldschmiedin Katja Ehmke zeigte ihre eigenen Mannheimer Schmuckkreationen. Die Künstlerin Katharina Koch-Pejanovic zeigte anhand von Bildern, wie dem Zuhause oder im Büro eine persönliche Note verliehen werden kann. Zu guter Letzt kam in diesen Räumlichkeiten auch die Musik nicht zu kurz. Singer und Songwriter Leonardo Ramírez präsentierte Lieder aus seiner Heimat Mexiko und der ganzen Welt.

Benedikt Müller lud zu einem Workshop in die Plankenhofpassage, wo er ein ewiges Terrarium als Flaschengarten für zu Hause baute. Die Grundprinzipien von Drainage und Nährstoffkreislauf wurden vermittelt. Eine breite Auswahl an klein bleibenden tropischen Pflanzen und natürlichen Einrichtungsgegenständen stand bereit. In einem geschlossenen Glaskörper wurde ein bioaktives System auf kleinstem Raum erschaffen. In Zeitraumexit durfte Niklas Schneider über die Schulter geschaut werden, wie er Mode gestaltet und näht. Zusammen mit seinem Kollegen Bobby Alltag zeigte er, wie mittels Blaudruck Patches hergestellt werden können, die im Anschluss auch gleich aufgenäht wurden.

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Auf den Planken spielte die Heidelberger Band „neun“, die für energetischen Folk Pop und akustische Grooves steht. Sicher ein Hingucker war die siebenköpfige Brassband „Brass2Go“ in ihren knallroten Anzügen, die durch die Mannheimer Planken zog und dort, wo sie stehen blieb, für ordentlich Stimmung sorgte. Hier trafen deutsche Blasmusiktradition auf heiße Rhythmen aus New Orleans. So manche Stadtbahn musste deswegen ganz langsam an den begeisterten Zuhörern vorbeifahren.

Freier Autor

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