Sicherheit

Schulbesuch der Polizei: Was Kinder tun sollen, wenn sie angesprochen werden

Abstand halten und vorsichtig bleiben: Wie die Polizei Kinder fit macht fürs richtige Verhalten gegenüber Fremden - und was die Viertklässler davon halten. Zu Besuch im Unterricht der Käthe-Kollwitz-Schule

Von 
Lisa Uhlmann
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Die Polizeihauptkommissare Stefan Ebert und Tanja Ambacher beantworten Fragen der Kinder und erklären, wie man sich am besten verhält, wenn man von Fremden angesprochen wird. © Lisa Uhlmann

Mannheim. „Wissen Sie schon, wie der Mann aussieht, der Kinder klaut?“, liest ein Mädchen die Frage ihrer Klasse vor - und damit die letzte von unzähligen, mit der die Viertklässler die Polizisten an diesem Morgen löchern. Die beiden Polizeihauptkommissare Stefan Ebert und Tanja Ambacher sind in Absprache mit Schulleiter Ulrich Diehl zu Besuch an der Käthe-Kollwitz-Schule im Herzogenried. Ihr Ziel: Den Kindern zu vermitteln, wie sie sich am besten Verhalten sollen, wenn sie jemand Fremdes anspricht.

In Gruppen zur Schule laufen

Der Hintergrund des Klassenbesuchs ist ein Ernster: So soll ein Mann einen Jungen vor wenige Wochen vom Schulhof fast entführt haben, es gibt mehrere Anzeigen auch an einer anderen Schule, die Kriminalpolizei ermittelt. Zwar gibt es seitdem keine weiteren Meldungen, wie Eltern und Rektor Diehl berichten. Trotzdem sind einige Väter und Mütter aus Sorge deswegen sogar auf Patrouille. Von der Angst der Erwachsenen ist im Klassenzimmer aber nur wenig zu spüren.

„Wir haben das Thema im Unterricht behandelt, der Besuch von der Polizei samt Tipps ist toll und wichtig. Aber Angst habe die Kinder nicht, es sind eher die Eltern, die sich sorgen“, sagt Klassenlehrerin Nina Fendel. Lediglich bei der Frage, wer zur Schule gebracht wird, schießen ein paar Hände nach oben. Ein Mädchen erklärt: „Sonst laufe ich alleine, aber seitdem der Mann da ist, begleitet mich meine Mutter.“

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Dass das Ansprechen ihrer Kinder bei Müttern und Vätern eine Urangst auslöst, weiß auch Polizistin Tanja Ambacher von der Verkehrsprävention. „Unser Ziel ist es, dass die Kinder den Schulweg alleine bestreiten. Wegen der Vorfälle sind die Eltern aber gerade übersensibilisiert“, sagt Ambacher. Der Tipp der Polizistin: Man kann die Kinder einfach in Gruppen gemeinsam zur Schule gehen lassen. Vergangene Woche haben sie und ihre Kollegen in der Jugendverkehrsschule alle Zweitklässler der Käthe-Kollwitz-Schule fit gemacht für das Verhalten gegenüber Fremden. Mit Hilfe eines Rollenspiels und dem Vermitteln von Antiopfersignalen, wie etwa Abstand zu halten oder sich groß zu machen.

Geschichte vom Schwindelfritz

Zurück im Klassenzimmer wollen insgesamt 23 Viertklässler zuerst viel lieber von Polizist Ebert wissen: Was war sein schwierigster Fall? Wie laut ist die Sirene am Polizeiauto? Wie viele Verbrecher kennt er - und wie fängt man einen Dieb? Geduldig erzählt Ebert von Bankräubern, Klapperschlangen und einer Verfolgungsjagd. Und berichtet außerhalb vom Klassenzimmer, dass ihm bei seinen Schulbesuchen schon Schulschwänzer begegnet sind, die sich Geschichten über Lieferwagen und fremde Männer ausgedacht haben, um nicht bestraft zu werden. „Wir prüfen das immer auf den Wahrheitsgehalt“, sagt Ebert. Beide Beamte sind sich einig: Bislang sei nichts Schlimmeres passiert, ist es sogar normal, dass nach solchen Trainings für Grundschüler später ein Kind einen Vorfall meldet. Deshalb erzählen die Beamten im Training auch die Geschichte vom Schwindelfritz. Weil der sich dauernd Geschichten ausdenkt, glauben ihm die Eltern nicht mehr, als er wirklich angesprochen wird. Die Moral der Geschichte: „Die Kinder sollen alles erzählen, was ihnen passiert, sich aber nichts ausdenken, um im Fokus zu stehen“, sagt Ambacher.

Um auch die Viertklässler zu sensibilisieren, wird ihr Kollege Ebert an diesem Tag auch die anderen vierten Klassen besuchen. Als Sachbearbeiter für Vorbeugung und Prävention vom Neckarstadt-Revier steht er mit den meisten Schulleitungen im engen Kontakt, beantwortet regelmäßig Schülern ab der fünften Klasse ihre Fragen. Diesmal will Ebert von den Mädchen und Jungen selbst wissen: Was tut ihr, wenn euch jemand anspricht? Wieder melden sich einige eifrig, erklären abwechselnd: „Wenn jemand uns packt, sollen wir schreien und wegrennen - oder kämpfen!“

Immer vorsichtig bleiben

Ein kurzer polizeilicher Blickwechsel, dann schaltet sich Ambacher ein: Kämpfen sei keine gute Idee und wer wegläuft, braucht ein klares Ziel. Etwa andere Erwachsene oder Lehrkräfte, aber auch ein Geschäft oder einen Supermarkt. Einige Läden tragen Aufkleber, mit denen sie sich als Notinsel ausweisen. Hier bekommt man direkt Hilfe von Erwachsenen. Woran man einen bösen Menschen erkennt, will die erfahrene Polizistin wissen - eine Fangfrage. „Schwarze Kleidung oder eine Maskierung“, werfen da die Kinder eifrig ein, bis sich ein Junge nachdenklich meldet. „Die sehen wie normale Menschen aus“, sagt er. Darauf hat Ambacher gewartet. Genau das sei das Problem: Man könne nicht erkennen, wer gut und wer böse ist. Allerdings seien die meisten Menschen gut. Ihr Tipp: Immer vorsichtig bleiben. Dabei reicht es schon aus, einfach weiterzugehen statt zu schreien, wenn man angesprochen wird.

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Rollenspiel mit dem Auto

Das lernen auch die Grundschüler beim Training in der Jugendverkehrsschule, berichtet Ambacher. In drei Durchgängen spricht sie beim Rollenspiel ein Beamter im Auto an. Beim ersten Mal sollen die Kinder absichtlich alles falsch machen, sogar ins Auto einsteigen. Im zweiten Durchgang zeigen die Experten und Expertinnen dann, wie man sich richtig verhält, im dritten müssen die Grundschüler alles anwenden, was sie gelernt haben.

Tatsächlich liegt der Schwerpunkt der Jugendverkehrsschule auf Trainings für Grundschulen wie dem Rad- und Fußgängertraining sowie dem sicheren Schulweg. Das einstündige Programm „Verdächtiges Ansprechen“ bieten die Experten immer wieder für Schulen und auf Nachfrage an. Dazu gehört auch ein Elternabend. Für die kommenden Osterferien können Eltern privat ihr Kind für ein kostenloses Training anmelden, ein Großteil der Termine ist aber wegen der starken Nachfrage schon ausgebucht.

Den Viertklässlern in der Käthe-Kollwitz-Schule gibt Hauptkommissarin Ambacher am Ende noch den letzten und einen ganz wichtigen Tipp mit auf den Weg: „Haltet immer Abstand! Wenn niemand an euch rankommt, kann euch nichts passieren.“

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

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