Bildung

Schotter-Parkplatz statt Bildungscampus in Mannheim - Internationaler Bund verzichtet auf Großprojekt

Es sollte ein Großprojekt für Kita-Kinder, Schüler und Studenten werden: der Bildungscampus des Internationalen Bunds in Neckarau. Der Startschuss fiel 2019 mit viel Prominenz, passiert ist nichts. Warum es dabei bleibt

Von 
Bertram Bähr
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Gähnende Leere, wo inzwischen eigentlich der Bildungscampus stehen sollte: Der Internationale Bund hat das Großprojekt auf seinem Gelände an der Oskar-Meixner-Straße in Neckarau aufgegeben. Hinten links zu sehen ist die Hochschule der Wirtschaft für Management, in der Mitte das Goethe-Institut, rechts ein Parkhaus. © Bertram Bähr

Mannheim. Viel Prominenz hatte sich am 5. April 2019 an der Oskar-Meixner-Straße in Neckarau versammelt. Anthony Salcito, der Vizepräsident der Microsoft-Bildungssparte, war aus den USA angereist, Präsidentin Perizat Daglioglu und Aufsichtsratsvorsitzender Georg Mehl vertraten die Hochschule der Wirtschaft für Management (HdWM), auch Oberbürgermeister Peter Kurz war gekommen. Er griff wie viele andere geladene Gäste auf dem 10 000 Quadratmeter großen Grundstück zum Arbeitsgerät, um mit dem symbolischen Ersten Spatenstich offiziell ein Großprojekt zu starten - den IB-Bildungscampus.

Nach dem symbolischen Spatenstich Anfang April 2019 hat sich auf dem Gelände des IB nichts mehr getan. © Thomas Rittelmann

Aber noch immer sieht das Gelände so aus wie vor gut drei Jahren. Hinter den Gebäuden von HdWM und Goethe-Institut herrscht gähnende Leere. Auf dem Terrain, auf dem Kinder und Studenten sein sollten, findet sich lediglich ein großer geschotterter Parkplatz.

Beim Bundespräsidenten zu Gast

Jetzt ist klar: Der Internationale Bund (IB), der hier seine Mannheimer Einrichtungen auf dem eigenen Gelände bündeln und ausbauen wollte, hat die Reißleine gezogen. Anfang Juli sei die Entscheidung gefallen, teilt Dirk Altbürger, Pressesprecher des IB, dem „Mannheimer Morgen“ auf Anfrage mit: „Der Vorstand hat beschlossen, das Projekt nicht weiterzuführen.“

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Der IB ist nach eigenen Angaben mit mehr als 14 000 Mitarbeitenden einer der großen Dienstleister in der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit in Deutschland. Als solcher wollte er eigentlich in Mannheim einen „Leuchtturm“ errichten, der bundesweit ausstrahlt: die Schaffung des Campus mit viergruppiger Kindertagesstätte, zweizügiger Ganztagsgrundschule, weiterführender Carlo-Schmid-Schule, Medizinischer Akademie und HdWM.

Seine weitreichenden Pläne stellte der IB am 18. Mai 2018 der Öffentlichkeit vor und reiste am 7. September des gleichen Jahres sogar nach Berlin, um dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier die Campus-Idee zu präsentieren. Beim Spatenstich sieben Monate später sprach der IB-Vorstandsvorsitzende Thiemo Fojkar angesichts der erwarteten 40-Millionen-Euro-Investition von dem „mit Abstand größten Projekt“ in der Geschichte des Internationalen Bunds. Nach ersten Überlegungen im Jahr 2012 sei hier in Mannheim „ein Traum Wirklichkeit geworden“.

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„Unkalkulierbar geworden“

Oder aber eben nicht, wie die Zukunft zeigte. Der IB stehe wirtschaftlich zwar auf gesunden Füßen, betont Pressesprecher Dirk Altbürger. Aber angesichts der „ganzen Unwägbarkeiten“ mit Corona, der Lieferketten-Problematik und der Preisexplosion beim Bauen sei man zu dem Schluss gekommen, dass dieses Großprojekt für den IB „unkalkulierbar geworden wäre. Es geht uns nicht schlecht, aber zwei Jahre Corona haben uns viel abverlangt.“ Wie viel Geld bereits in das Projekt geflossen ist, dazu macht der IB keine Angaben.

Als es mit den Corona-Infektionen und den Lockdown-Maßnahmen im März 2020 so richtig losging, lag der Erste Spatenstich bereits fast ein Jahr zurück. Doch auch in der Zwischenzeit hatte sich auf der Baustelle nichts getan. Aus welchem Grund? „Zwischen dem Spatenstich und dem Beginn der Pandemie wurde das Konzept des Campus noch einmal revidiert“, teilt Dirk Altbürger mit. Das sei „insbesondere angesichts des Umstandes, dass die Medizinische Akademie neu aufgestellt“ worden sei, erforderlich gewesen. Für die Akademie hatte der IB eine neue Organisationsstruktur erarbeitet.

Zukunft des Geländes unklar

Auf einer Fassade in Richtung Neckarauer Straße hängt noch ein einsames Plakat, das für den Campus wirbt. © Bertram Bähr

Nach den ursprünglichen Plänen für Mannheim hätten Kita und Grundschule ihren Betrieb in wenigen Tagen, nach den Sommerferien, aufnehmen sollen. Den gesamten Campus, so die Vorstellung des IB zu Beginn, hätte man bis zum kommenden Jahr fertigstellen wollen. Stattdessen bleibt es dabei, dass der IB seine Mannheimer Einrichtungen an verschiedenen Standorten betreibt. Die HdWM ist nach wie vor in der Oskar-Meixner-Straße angesiedelt. Die Medizinische Akademie, die Logopädie, Ergo- und Physiotherapie lehrt, bleibt am Standort in der Janderstraße, knapp zwei Kilometer Luftlinie entfernt. Und dazwischen, etwa auf halber Strecke, liegt an der Neckarauer Straße die Carlo-Schmid-Schule.

Was wird aus dem brachliegenden Gelände an der Oskar-Meixner-Straße? „Das Grundstück gehört nach wie vor uns“, so Altbürger. „Was wir damit machen, wissen wir noch nicht.“ Aber dass die Pläne für einen Bildungscampus wieder aus der Schublade geholt werden könnten, damit ist nicht zu rechnen.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim. Schwerpunkte: Schulen und Kitas

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