Mannheim. „Ich dachte, ich hätte das verarbeitet, aber seit Freitag kommt alles wieder hoch“, sagt ein 57-jähriger Polizeibeamter am Donnerstag vor dem Mannheimer Landgericht. Im vergangenen November rammte ihm ein Mann während eines Einsatzes in der Neckarstadt-West ein Messer in den Bauch. Der 57-Jährige wurde schwer verletzt, bis heute klagt er über Schmerzen. Nach dem Tod seines 29-jährigen Kollegen auf dem Mannheimer Marktplatz quält ihn ein bestimmter Gedanke: „Das hätte ich sein können.“
Der mutmaßliche Täter muss sich seit Donnerstag vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung vor, Oberstaatsanwalt Andreas Grossmann beantragt die dauerhafte Unterbringung des Mannes in einem psychiatrischen Krankenhaus, weil er an einer paranoiden Schizophrenie leide.
Kindergarten in Neckarstadt-West mit Kot beschmiert
Doch was ist am 7. November 2023 passiert? Sinngemäß lassen sich die Antragsschrift des Oberstaatsanwalts und die Aussagen der Zeugen so zusammenfassen: Wochenlang soll ein zunächst unbekannter Mann immer wieder den Eingangsbereich eines katholischen Kindergartens in der Neckarstadt-West mit Kot beschmiert haben.
Als der Leiter der Einrichtung zum wiederholten Mal Anzeige erstattete, entschieden sich die Beamten dazu, eine Kamera im Eingangsbereich des Kindergartens zu installieren. „Darauf war erkennbar, dass der Mann immer zwischen 21 und 24 Uhr auftauchte“, sagt der 57-jährige Polizeibeamte.
Die verstörenden Videoaufnahmen sind an diesem Donnerstag auch im Sitzungssaal 1 des Mannheimer Landgerichts zu sehen. Mehmet K. wendet den Blick ab. Dem 44-jährigen Beschuldigte, der auf dem Video zu sehen ist, sind die Vorwürfe unangenehm, sagt er am Donnerstag. An die Kotschmierereien könne er sich nicht erinnern.
Mutmaßlicher Täter aus Mannheim soll an paranoider Schizophrenie leiden
Im November beschlossen die Beamten, den Kindergarten zu observieren und gleich in der ersten Nacht tauchte der mutmaßliche Täter wieder vor dem Kindergarten auf. Gemeinsam mit einem Kollegen nahm der 57 Jahre alte Polizeibeamte die Verfolgung auf, holte ihn ein und bekam dann einen Schlag in den Bauch - der sich als Messerstich entpuppte.
Mehmet K. räumt die Vorwürfe ein, er habe nicht realisiert, dass die beiden Männer, die ihn verfolgten, Polizisten gewesen seien. „Ich wollte niemanden verletzen, schon gar keinen Polizisten.“ Ein Messer habe er bei sich getragen, um sich selbst zu schützen. 2018 sei er am Ludwigshafener Goerdelerplatz von zwei Männern attackiert worden und später habe es einen Zwischenfall mit einem Hund auf einem Discounter-Parkplatz gegeben.
Mehmet K. wirkt unscheinbar, fast sein ganzes Leben hat er in Mannheim verbracht. Er ist hier zur Schule gegangen, hat in der Region eine Ausbildung zum Chemikanten gemacht und sich zum Chemiemeister weitergebildet. Seit 2018 gehe er nicht mehr arbeiten, sagt er am Donnerstag, „wegen der Krankheit“. 2011 habe er unter Depressionen gelitten, ein Jahr später sei es ihm zunehmend schlechter gegangen, sagt K. vor Gericht: „Ich fühle mich überwacht, dachte, es gebe eine Verschwörung gegen mich.“ Kurz darauf habe er die Diagnose bekommen, dass er an einer paranoiden Schizophrenie leide.
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