Mannheim. Die Leinwand auf dem Neumarkt ist aufgebaut, das beliebte Programm Kinokult Open Air kann wieder beginnen. Schon vor der Dämmerung zieht die Konstruktion Leute an, die neugierig geworden sind, vor allem Kinder, die fragen, wann der Film beginnt. Das ist das Schöne am Freiluftkino: Es ist kein beschränkter Raum, sondern mittendrin im Leben.
„Seit sechs Jahren zeigen wir Filmkunst im Open-Air-Kino. In diesem Jahr haben wir Filme ausgewählt, die in Mannheim gedreht oder von Mannheimer und Mannheimerinnen gemacht wurden oder einen inhaltlichen Bezug dazu haben“, sagt Morticia Zschiesche, Kuratorin und Filmwissenschaftlerin. Zusammen mit Redakteur Alexander Pawlak wurde das Programm zusammengestellt.
Zuschauer können erraten, wo die Szenen spielen
Im Eröffnungsfilm „Parkour“ geht es um junge Männer, die in halsbrecherischen Hindernisläufen ihren Kick erleben. Das Interessante daran: Sie springen in Mannheim umher, und man kann quasi mitraten, wo welche Szene gedreht wurde. Parkour hätte eigentlich schon vor einer Woche die Reihe eröffnen sollen, doch das Wetter spielte nicht mit. Nach einem heißen Tag gab es Regengüsse. „Das war schade, denn Regisseur Marc Rensing und Produzent Rüdiger Heinze waren extra gekommen“, fügt Zschiesche hinzu.
Das weitere Programm
Am Dienstag, 27. August, läuft der Film „Der Junge muss an die frische Luft“, der von der Kindheit des Komikers Hape Kerkeling handelt. Bezug zu Mannheim besteht durch den Produzenten Nico Hofmann.
Am Dienstag, 3. September, gibt es die drei Kurzfilme. Den Hauptfilm präsentiert das Marchivum mit der Dokumentation „Die Köchin des Kommandanten - Zwei Wege nach Auschwitz“ von Christina Stihler und Karen Strobel.
Beginn ist jeweils etwa 20.30 Uhr.
Das Motto der Reihe lautet „Mannheim Hochtief“ und steht für ein Wechselbad der Gefühle. „Alles, was mit der Stadt zu tun hat, Baustellen, Wetterkapriolen, Menschen und Gesellschaft im Umbruch - diese Themen kommen in allen Filmen vor“, so Zschiesche, die den Abend auch moderiert.
Fünf Jahre lang fand der Kinokult auf dem Alter am Alten Messplatz statt und nun zum ersten Mal auf dem Neumarkt im Herzen der Neckarstadt West. Wie der Alter ist der Neumarkt auch dann ein belebter Platz, wenn gerade kein Event ansteht. So bleiben einfach die Leute sitzen, die sich auch sonst dort aufhalten, und genießen den Film. Die Vorführung ist kostenfrei.
Im Publikum findet man einige Kulturschaffende. „Der Film wurde auch schon einmal in Heidelberg gezeigt, da habe ich ihn verpasst. Deshalb bin ich heute hier“, meint Franz Schneider vom Karlstorkino Heidelberg. Auch Karl-Heinz Schelter und Gisela Kerntke von KulturQuer QuerKultur sind gekommen, um den Event zu unterstützen und einen schönen Kinoabend zu erleben. „Seit 2009 wohne ich hier, ich wollte nie mehr weg“, sagt Schelter, der in der Neckarstadt Ost im September wieder den Kultur- und Atelierspaziergang organisiert.
Alle Stühle sind nicht belegt. Es ist also für die kommenden Filme Luft nach oben. Ihren eigenen Campingstuhl hat Christel Borks mitgebracht. „Ich wohne in der Neckarstadt Ost, komme schon das dritte Jahr. Die ganze Zeit war es beim Alter, aber diese Location ist ansprechender. Wenn es warm ist, ist beim Alter kaum etwas Grünes, das ist hier besser.“ Borks findet an der Reihe interessant, dass alle Filme einen Bezug zu Mannheim haben. Über den Campingstuhl könnte man fast einen eigenen Film drehen, denn dieser hat im vergangenen Jahr einige Vorstellungen der Buga miterlebt.
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Es kommen auch Leute, die sich gerne überraschen lassen. „Ich war noch nie im Open-Air Kino und habe mich nicht informiert“, meint Donovan, der mit Sarah gekommen ist. „Ich habe ein Plakat gesehen und finde den heutigen Film spannend, weil er in Mannheim gedreht wurde. Ich bin gespannt, ob man Locations wiedererkennt“, sagt Sarah. Die Uhrzeit für den Beginn des Films ist nicht verbindlich, es geht einfach dann los, wenn es dunkel genug ist. „Wir sind keine Konkurrenz zum Kino“, sagt Zschiesche in ihrer Begrüßung. Im Gegenteil, man arbeitee mit den Kinos zusammen. An diesem Abend wird der Film von Cinema Quadrat präsentiert. Das Team kooperiert auch mit dem Quartiermanagement Neckarstadt West und dem nah gelegenen Bürgerhaus - dort gibt es sogar Popcorn.
Viele ehrenamtliche Helfer bestreiten den Aufbau. „Gutes Wetter ist bestellt“, meint Quartiermanagerin Jennifer Pohl. Michael Ackermann von der Film Commission Nordbaden und Location Scout Angelika Weimer waren an der Produktion von „Parkour“ beteiligt. „Wir drehten zum Beispiel vor der Geschwister-Scholl-Schule Vogelstang, an der damaligen Baustelle Technoseum, im alten Lanz-Krankenhaus und im 7er Club“, berichtet Weimer. In Mannheim zu drehen sei einfacher als in Berlin, meint Ackermann: „Die Drehbedingungen sind besser, die Wege kürzer. Berlin ist an manchen Stellen zu gentrifiziert, an anderen zu hart. Mannheim ist das bessere Berlin.“
Schon startet der Film. Man sieht junge Männer im rasanten Tempo über Treppen, Mauern, Teile von Gebäuden fliegen und denkt: „Moment, das war doch die Neckarpromenade. Oder war es doch ein Hochhaus auf der Vogelstang?“ Die Bilder wechseln sehr schnell. Deutlich zu erkennen ist das Carl-Benz-Bad, das im Film gut rüberkommt wegen seiner schlichten Architektur.
Hauptdarsteller Richie (Christoph Letkowski) neigt zu Eifersucht, wenn jemand seiner Freundin Hannah (Nora von Waldstätten) zu nahe kommt. Dieses Gefühl steigert sich im Laufe des Films so sehr, dass die Situation eskaliert. Brillant ist der österreichische Schauspieler Georg Friedrich, der seinen Wiener Charme in die oft graue Mannheimer Kulisse hineinbringt.
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