Mannheim. Mehrere Hundert Menschen haben am Samstag in der Innenstadt an einer Demonstration teilgenommen, zu der die Gruppen Free Palestine Mannheim, Zaytouna und Free Palestine Mainz aufgerufen hatten. Laut einem Sprecher der Polizei demonstrierten in der Spitze bis zu 600 Menschen, Veranstalter sprechen von mehr als 1000.
Angesichts der militärischen Lage im Nahen Osten wird auch der Ton auf jenen Demonstrationen wieder rauer, zu denen palästinensische Gruppen seit fast genau zehn Monaten regelmäßig aufrufen. Während der Zug unter dem Motto „10 Monate Genozid, 10 Monate Widerstand“ vom Ehrenhof über die Planken und die Fressgasse zum Marktplatz zog, üben Rednerinnen und Redner scharfe Kritik an israelischer Regierung, an nationalen und internationalen Medien oder der deutschen Außenpolitik.
Dass jüngst wohl der israelische Geheimdienst Mossad den Führer der palästinensischen Terrororganisation Hamas, Ismail Haniyya, in Teheran getötet hat, zeige – laut Reden in Mannheim – dass die israelische Regierung an Verhandlungen mit der Hamas über einen Waffenstillstand nicht interessiert sei. Dass vor zehn Monaten die Hamas Israel überfallen hat, was die international inzwischen in seinem Ausmaß umstrittene militärische Offensive in Gaza ausgelöst hat, wird so gut wie nicht erwähnt.
Kaum Differenzierung in Reden, Werbung für BDS
Immer wieder kritisieren Redner und Rednerinnen die „Entmenschlichung“ und Ungleichbehandlungen der Palästinenser und erinnern an das Leid in Gaza, das kaum zu ertragen sei. Vor allem Letzterem kann man angesichts grausamer Bilder nicht widersprechen – obwohl in allen Ansprachen kaum differenziert wird. So schaffen es die Organisatoren erneut nicht, sich etwa von der Hamas zu distanzieren, geschweige denn von den Geschehnissen des 7. Oktober. Im Gegenteil: „Israel hat aus meiner Sicht kein Existenzrecht“, ruft einer der Hauptorganisatoren wiederholt über die Mikrofone, begründet dies mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung – und erntet dafür viel Applaus aus dem ihm folgenden Demozug. Ähnliches hatte der Mann vor einigen Tagen auch bereits auf einer Kundgebung auf dem Marktplatz erklärt.
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In weiteren Reden wird Israels Premier Benjamin Netanjahu, dem die Demonstration Kriegsverbrechen vorwirft, nachgesagt, eine militärische Eskalation mit Kriegen gegen den Libanon und den Iran zu forcieren. Auch hierbei wird jegliche Differenzierung unterlassen.
BDS-Bewegung wird als antisemitisch eingestuft
Ein anderer Redner appelliert nach rund 300 Tagen Krieg in Gaza: „Wir dürfen die Hoffnung nicht verlieren.“ Später wirbt er für die Ziele der BDS-Bewegung. „They oppress, we BDS“ (in etwa: „Sie unterdrücken, wir boykottieren, desinvestieren, sanktionieren“), hallt es über die Planken. Die BDS-Bewegung wird in Deutschland und vom Gemeinderat als antisemitisch eingestuft – Befürworter der Bewegung kritisieren dies und halten die Ziele des BDS für eine Form des gewaltfreien Widerstands gegen die illegale Besatzung.
In weiteren Reden wird unter anderem die prekäre und lebensgefährliche Situation von Journalistinnen und Journalisten in Gaza thematisiert. Während der Kundgebung auf dem Marktplatz verspricht ein Junge – vielleicht zehn, elf, zwölf oder 13 Jahre alt –, irgendwann in ein freies Palästina zu reisen. Er ruft auf, für dieses Ziel Fast-Food-Ketten zu boykottieren, die mit Israel in Verbindung stehen. Zuvor hatte auch ein kleines Mädchen über das Mikro den Demozug vorgesprochen.
Die Organisatoren kündigten weitere Versammlungen an.
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