Justiz

Offene Fragen zum Bestechungsverdacht in Mannheim

Von 
Anika Pfisterer , Thorsten Langscheid , Steffen Mack und Timo Schmidhuber
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Einen Tag nach Bekanntwerden einer möglichen Bestechungsaffäre im Bauamt gibt es dazu noch mehr Fragen als Antworten. Die Stadt Mannheim will sich nicht näher äußern. Aber der Verdacht gegen eine 48-jährige Sachbearbeiterin hat sich offensichtlich erhärtet: Wie das Amtsgericht am Donnerstag auf Anfrage mitteilte, wurde die festgenommene Frau mittlerweile einem Ermittlungsrichter vorgeführt. Nun sitzt sie in Untersuchungshaft.

Am Mittwoch hatten Staatsanwaltschaft und Polizei gemeinsam über die Vorgänge informiert. Demnach kam bei monatelangen verdeckten Ermittlungen im Bereich Drogen/Organisierte Kriminalität auch der Bestechungsverdacht im Bauamt auf. Zwei 28 und 41 Jahre alte Männer sollen die 48-jährige Sachbearbeiterin unter anderem mit mehreren Tausend Euro, einem hochwertigen Motorrad und der Aussicht auf weitere finanzielle Vorteile geködert haben. Auch die beiden Männer sitzen in Untersuchungshaft. Ebenfalls festgenommen wurde eine weitere, 40 Jahre alte Frau, der Drogenhandel zur Last gelegt wird. Insgesamt wurden 44 Objekte durchsucht, 250 Beamte waren im Einsatz.

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft teilte am Donnerstag auf Anfrage mit, der Schwerpunkt der Durchsuchungsaktion habe im Bereich der Lupinenstraße gelegen. Auch die Wohnungen der Tatverdächtigen seien durchsucht worden.

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Insgesamt ermittle die Behörde in diesem Zusammenhang in 19 Fällen, bei denen es um Bestechlichkeit und Bestechung im Bauamt gehe. In einem Falle solle eine Baugenehmigung unrechtmäßig erteilt worden sein, in den anderen 18 Fällen gehe es um die Weitergabe von nicht-öffentlichen Informationen aus dem Bauamt und dem Bereich der Stadt. Letztere Fälle bildeten aktuell den Schwerpunkt der Ermittlungen.

Die Staatsanwaltschaft habe von den Vorwürfen im Laufe der Jahre 2019 und 2020 im Rahmen der verdeckten Ermittlungen im Betäubungsmittelbereich erfahren. „Die 19 Fälle beziehen sich im Schwerpunkt auf Gewerbeimmobilien/Vorhaben“, so der Sprecher.

Die zwei Männer, denen Bestechung vorgeworfen wird, und die Bauamtsmitarbeiterin hätten sich privat und dienstlich gekannt. Weitere Infos zu ihrem Verhältnis habe man bisher nicht. Die 48-Jährige habe sich durch ihr Tun eigene Vorteile verschafft und nicht etwa zugunsten Dritter gehandelt.

Ob es über die bekanntgewordenen Fälle weitere Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gebe - etwa weitere rechtswidrig erteilte Baugenehmigungen - sei Gegenstand der jetzt erst offen geführten Ermittlungen, so ein Behördensprecher. „Die Auswertung der unter anderem sichergestellten Datenträger, Mobiltelefone und Unterlagen wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.“ Aktuell gehe man nicht davon aus, dass es neben den Männern weitere Verdächtige oder gar eine organisierte Gruppe gebe, von denen Bestechung ausgegangen sei. Ob man auch im Bauamt bei der Mitarbeiterin von einem Einzelfall ausgehe, konnte der Sprecher wegen des laufenden Verfahrens nicht sagen.

Derweil ging bei der Staatsanwaltschaft und weiteren Stellen ein anonymes Schreiben ein, in dem von einem möglichen weiteren Bestechungsvorgang im Bauamt die Rede ist. Die Staatsanwaltschaft will dies prüfen. Bisher habe man noch keinen Zusammenhang zu dem anderen Fall feststellen können.

Die Stadt hatte am Mittwoch auf Anfrage lediglich mitgeteilt, sie habe „größtes Interesse an einer lückenlosen Aufklärung des Falles“, wolle sich aber wegen der laufenden Ermittlungen nicht näher äußern. Der „MM“ schickte am Donnerstag einen Fragenkatalog an Baubürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD). Unter anderem geht es darum, wann der Stadt die Vorgänge bekanntwurden, was mit internen Kontrollmechanismen ist, ob strukturelle und personelle Konsequenzen gezogen werden, die mögliche Bestechung zulasten Dritter - etwa privater Bauherren - ging, es Hinweise auf weitere Verstöße gebe, wie die Stadt den Vorgang bewerte und warum sie die Information der Öffentlichkeit der Staatsanwaltschaft überlasse.

Als Antwort auf die insgesamt 15 Fragen kam am Abend aus dem Baudezernat nur: „Die Stadt Mannheim hat erstmals am 17.03.2021 von den Ermittlungen erfahren. Die Vorgänge werden auch intern aufgearbeitet, die Stadt steht dazu in Kontakt mit den Ermittlungsbehörden. Für eine Bewertung sind die Ergebnisse der noch andauernden Ermittlungen entscheidend.“

Auch Mannheims früherer Baubürgermeister Lothar Quast (SPD) wollte sich auf Nachfrage nicht zu den Vorgängen äußern. Er war zum Jahresende 2020 altersbedingt aus dem Amt ausgeschieden. Der Fachbereich Baurecht und Denkmalschutz gehörte zu seinem Dezernat.

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