Gleichberechtigung

Oberkörper frei für alle in Mannheimer Bädern?

Partei Volt fordert, dass alle oben ohne baden können. Der FKK-Familiensportbund sieht Probleme bei der Umsetzung

Von 
Julius Paul Prior
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Im Waldschwimmbad ist der Gasverbrauch vergleichsweise gering. Zugeheizt wird meist nur, wenn es zum Saisonstart oder Saisonende zu kalt ist. © Neu

Mannheim. Oben ohne auch für Frauen und nicht-binäre Menschen in Mannheimer Schwimmbädern – das verlangt die Volt-Partei Baden-Württemberg nun von der Stadt Mannheim. In Göttingen dürfen Frauen an Wochenenden bereits oben ohne schwimmen. Dort läuft die Testphase zum Ende dieses Monats aus. Volt verlangt, dass sich die Stadt Mannheim zumindest auch auf eine Testphase einlässt.

Ziel sei es, die weibliche Brust zu entsexualisieren und die Gleichberechtigung aller Geschlechter zu fördern. Der Vorschlag wird zwar noch nicht im Gemeinderat diskutiert, die Fraktionen haben sich dennoch zu dem Thema geäußert.

Der zentrale Streitpunkt in der Diskussion um die Änderung der Badeordnung in Bädern in ganz Baden-Württemberg ist für Volt die ungleiche Behandlung der Geschlechter. Während es Männern freigestellt ist, ihre Brust zu zeigen, ist das Frauen und nicht-binären Menschen, die weiblich wirken, untersagt.

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Weibliche Brust entsexualisieren

Zugleich wird Männern nicht vorgeschrieben, ihre sekundären Geschlechtsmerkmale zu bedecken. Als sekundäre Geschlechtsmerkmale gelten Körperteile, die sich erst während der Pubertät entwickeln. Bei Frauen ist das die Brust, bei Männern sind es der Kehlkopf und der Bartwuchs.

Frauen und nicht-binären Menschen sollen mit einer Änderung der Badeordnung mehr Gleichberechtigung bekommen, begründet Volt. Zugleich soll die weibliche Brust als Objekt der Begierde abgeschafft und somit entsexualisiert werden.

„Durch die Änderung der Kleiderordnung in Badeanstalten können wir das Tabu, welches die weibliche Brust umgibt, brechen“, teilt ein Sprecher von Volt auf Nachfrage mit. Da dieses Tabu jedoch noch bestehe und die weibliche Brust oft in einem sexuellen Kontext stehe, müsse das Wohlbefinden und die Sicherheit der Frauen und nicht-binären Menschen an erster Stelle stehen.

Kein Raum für sexuelle Übergriffe

Um sexuelle Übergriffe und Unbehagen zu verhindern, hat Volt kein spezielles Konzept entwickelt. Die Partei wolle sich an den bereits in textilfreien Thermen geltenden Regeln orientieren. „Wie auch bisher sollen sexuelle Übergriffe unter keinen Umständen gestattet sein. Diese müssen Konsequenzen haben und mit Hausverboten und Strafanzeigen gemäß den geltenden Straftatbeständen geahndet werden“, erklärt ein Sprecher von Volt.

Stärker durchgreifende Konzepte halte die Partei für kontraproduktiv. Vielmehr soll im Laufe der Testphase mit den Badegästen diskutiert werden, wie das Konzept weiter verbessert werden kann.

„Männer sollen lernen sich zurückzuhalten“

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Li.Par.Ti, Lea Schöllkopf (Die Partei), unterstützt den Vorschlag von Volt. Auch sie kritisiert die Ungleichbehandlung, was sekundäre Geschlechtsmerkmale angeht: „Diesen Unterschied halten wir für einen Angriff auf Frauenrechte.“ Schöllkopf fordert: „Entweder dürfen Frauen alle sekundären Geschlechtsmerkmale zeigen so wie Männer oder die Männer müssen ihre verdecken.“

Auch beim Thema Sexualisierung der Frauen und der Brüste hat Schöllkopf eine klare Meinung: „Männer sollen endlich lernen sich zurückzuhalten, sobald sie Fettgewebe mit Milchdrüsen sehen.“

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„Mannheim ist eine weltoffene Stadt“

Weniger radikal, aber auch positiv sieht die SPD den Vorstoß von Volt. Eine Testphase sei „grundsätzlich unterstützenswert“, erklärt die sportpolitische Sprecherin Andrea Safferling. „Wichtig wäre dabei, die Freiwilligkeit ins Zentrum zu stellen“, fährt sie fort. Schließlich solle jeder Mensch die Wahl haben, den Oberkörper zu bedecken oder nicht.

Auch die Fraktion Freie Wähler – Mannheimer Liste (ML) würde eine Änderung der Badeordnung unterstützen. Sie begründen: „Mannheim ist eine weltoffene Stadt und sollte für solche Ideen und Vorschläge offen sein.“

AfD gegen „Gender-Ideologie“

Sie schlage zudem bereits eine Testphase an „einem (schwächeren) Nachmittag/Abend“ vor. So könne gesehen werden, ob in Mannheim überhaupt Bedarf oder Nachfrage für das Angebot bestehe.

Die bisher fehlende Nachfrage ist Grund für die CDU, den Vorschlag der Partei Volt nicht zu unterstützen. Das erklären die CDU-Stadträtinnen im Ausschuss für Sport und Freizeit, Marianne Seitz und Katharina Funck. Der AfD geht es indes eher darum, die „Gender-Ideologie“ nicht unterstützen zu wollen. Das erklärte AfD-Stadtrat Rüdiger Ernst auf Anfrage.

Stadt ist gegen Änderung

Auch die Stadt beabsichtige derzeit nicht, die Badeordnung vom 22. Juni 2021 zu ändern, in der in Paragraf 7 Nummer 1 festgelegt wird: „Der Aufenthalt im Nassbereich der Schwimmbäder ist nur in dafür vorgesehener Badebekleidung (z.B. Badehose, Badeanzug, Bikini, Burkini, Neoprenanzug) gestattet.“ Das teilte die Stadt auf Anfrage mit. FDP und Grüne äußerten sich trotz mehrfacher Nachfrage nicht.

Die Vorsitzende des Freien Lichtbundes Mannheim, Ingrid Bensch, sieht den Vorschlag von Volt kritisch. Der FKK-Familiensportbund hat auf dem Vereinsgelände ein Areal geschaffen, auf dem sich Menschen, die FKK praktizieren, sicher fühlen können. Zwar sagt auch sie: „Egal, wie eine Frau sich anzieht, ein Mann hat daran nichts verloren.“

Sie bezweifelt jedoch, dass dies so einfach durchgesetzt werden könne. Dort, wo FKK mit dem derzeit normalen Badebetrieb gemixt werde, könne nicht einfach ein sicherer Ort für die FKK-Anhänger hergestellt werden. „Wer FKK machen will, der geht auch dahin, wo das geht.“ Das sei auch so, wenn sich die Badeordnung ändern würde, sagt Bensch.

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