Antritts-Interview

Neuer Mannheimer Unirektor Fetzer: „Wir bauen im Friedrichspark nicht, um zu bauen“

Seit Herbst ist Thomas Fetzer Rektor der Universität Mannheim. Im Interview spricht er über seine Ziele für die Uni, über Vertrauen in die Wissenschaft und warum die Uni am zweiten Gebäude im Friedrichspark festhält

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Sebastian Koch
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War seit 2021 bereits Prorektor und ist seit 1. Oktober nun Rektor der Universität Mannheim: der Jurist Thomas Fetzer. © Christoph Blüthner

Mannheim. Herr Fetzer, wenn Rektoren von außen kommen, ist es üblich, dass sie viele Gespräche führen und sich ein Bild machen, wo es hapert und wo nicht. Das haben Sie wohl nicht machen müssen: Sie sind schon lange an der Uni und waren zuletzt Prorektor. Wie haben Sie die ersten Wochen als Rektor verbracht?

Thomas Fetzer: Tatsächlich nicht viel anders, als jemand, der von außen kommt. Natürlich kenne ich die Uni, viele Kolleginnen und Kollegen und Studis in Gremien schon gut. Trotzdem habe ich mich in allen Gremien nochmal vorgestellt. Als Prorektor war ich Mitglied des Rektorats. Als Rektor bin ich aber in einer anderen Rolle. Deswegen war es mir wichtig, zu hören, welche Erwartungen Menschen in mich setzen.

Ich spüre in der Universität eine Unsicherheit, was die nächsten Jahre bezüglich der Hochschulfinanzierung bringen.
Thomas Fetzer Rektor, Universität Mannheim

Was sind die Erwartungen?

Fetzer: Zunächst muss ich sagen, wie gut es tat, mit wie viel Wohlwollen die Gespräche verlaufen sind. Eine einstimmige Wahl in allen Gremien passiert nicht jeden Tag. Es ist aber schön, dieses Vertrauen auch nach der Wahl zu spüren. Als Universität stehen wir vor vielen Herausforderungen. Die geopolitischen und politischen Entwicklungen lassen uns nicht kalt, weil wir regional wie international verankert sind. Dazu kommt die Digitalisierung. Wir müssen auch schauen, wie sich die Hochschulfinanzierung entwickelt. Ich spüre in der Universität eine Unsicherheit, was die nächsten Jahre diesbezüglich bringen. Die Universität ist in zahlreichen Rankings sehr gut positioniert. Das ist aber nicht gottgegeben. Wir haben in dieser Runde keinen Antrag für die Exzellenzstrategie durchgebracht. Wir müssen uns anstrengen, um Strukturen zu schaffen, dass wir in den Rankings weiterhin vorne mit dabei sind. Das ist unser Anspruch. Der Kern der Universität Mannheim ist die Forschung. Das bedeutet nicht, dass die Lehre weniger wichtig ist. Aber die exzellente Forschung ist Grundlage all dessen, was wir tun. Daran müssen wir alle arbeiten. Ich will, dass die Universität in fünf Jahren noch besser dasteht als heute.

Ist die Universität dafür bereit?

Fetzer: Ich spüre die Erwartung, dass ich mich federführend darum kümmere, dass wir dafür bereit sind. Das kann man nicht allein erreichen. Die Atmosphäre, die ich erlebt habe, ist sehr unterstützend. Natürlich werden aber nicht alle immer glücklich sein mit dem, was ich in den nächsten Jahren mache. Das ist auch nicht mein Ziel. Ich will die Universität voranzubringen. Die Voraussetzungen dafür sind gut.

Was möchten Sie anders machen als Thomas Puhl, dessen Amtszeit ja sehr erfolgreich war?

Fetzer: Einmal „Rektor des Jahres“ und immer in der Top-Gruppe - das ist schwer nachzumachen. Thomas Puhls Leistung, die Universität in vielen Krisen so gut zusammenzuhalten, kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Deswegen geht es mir auch nicht so sehr darum, etwas anders zu machen. Wir befinden uns in einer anderen Phase. Wir werden uns auf die Forschung, insbesondere auf große Verbundforschungsprojekte fokussieren müssen, weil wir mit unserem wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Profil Disziplinen vereinen, die für viele Transformationsprozesse von großer Bedeutung sind.

Einstimmig zum Rektor gewählt

  • Thomas Fetzer wurde im Mai 1974 in Mannheim geboren. Er studierte an der Universität Mannheim und an der Vanderbilt University in Nashville/Tennessee Rechtswissenschaft. 2009 habilitierte Fetzer sich in Mannheim.
  • Fetzer ist seit 2012 Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Regulierungsrecht und Steuerrecht der Universität Mannheim. Seit 2021 war er Prorektor für Struktur- und Entwicklungsplanung, Internationalisierung und Gleichstellung. Zu Beginn des Jahres haben Senat und Universitätsrat ihn einstimmig zum Rektor gewählt. Seit 1. Oktober ist er offiziell im Amt.
  • Von Mai 2020 bis Oktober 2021 war er Richter im Nebenamt am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. seko

Welche Prozesse sind das?

Fetzer: Denken Sie an die Digitalisierung, an Migration und Integration, an die ökologische Transformation - diese Themen müssen wir wirtschafts- und sozialwissenschaftlich durchdringen. Wir müssen verstehen, wie Technologien sinnvoll eingesetzt werden können, welche wirtschaftlichen Effekte von ihnen ausgehen, wie sie gesellschaftlich akzeptiert werden können. An diesen Fragen zu forschen, das können wir in Mannheim in exzellenter Weise. Das funktioniert aber nur, wenn alle zusammenwirken: Volkswirte, Juristen, Sozialwissenschaftler, Betriebswirte. Wir müssen uns um große Forschungsprojekte bemühen. Für die brauchen wir Fragestellungen von Kolleginnen und Kollegen, die zusammenarbeiten können. Ich will die interdisziplinäre Forschung in Mannheim vorantreiben.

Eine Herausforderung ist die Digitalisierung. In ihrer Antrittsrede haben Sie gesagt, dass man da in Mannheim und in Deutschland noch „ein paar Meter“ gehen muss. Wie viele Meter sind das?

Fetzer: Viele. Und wir müssen Tempo aufnehmen. Wir können nicht auf dem Jakobsweg pilgern, sondern müssen sprinten, um den Anschluss nicht zu verlieren. Wir müssen die Verwaltung digitalisieren, um den Fachkräftemangel auszugleichen. Es geht nicht darum, jemanden zu ersetzen, sondern darum, Ressourcen und Zeit sinnvoller zu nutzen. Gerade mit unserem starken empirischen Fokus müssen wir die Forschung digitalisieren, um mit KI und Big Data neue Forschungsmöglichkeiten zu schaffen und in unseren Disziplinen führend zu bleiben. Mit dem Center for Data Science haben wir Kompetenzen gebündelt und sind auf einem guten Weg. Der Weg ist aber noch lang. Wir müssen die Lehre digitalisieren, um für Studierende eine zeitgemäße Lehre anzubieten. Es muss aber klar sein, dass wir eine Präsenz-Universität bleiben. Nur durch persönliche Begegnungen kann exzellente Forschung und Lehre funktionieren.

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Steht man bei der Digitalisierung im Konflikt mit finanziellen Mitteln, die an der einen oder anderen Stelle derzeit fehlen?

Fetzer: Geld schadet nicht und ist manchmal sicherlich ein limitierender Faktor. Das Kernproblem ist aber, dass wir zu wenige Kolleginnen und Kollegen finden. Ich weiß nicht, was Menschen bei SAP verdienen - es ist aber sicherlich deutlich mehr als das, was wir im Tarifvertrag Öffentlicher Dienst bezahlen. Ein weiterer limitierender Faktor ist manchmal der Kopf. Ich will das an einem einfachen Beispiel zeigen. Ich habe neue Visitenkarten bekommen. Die habe ich mir angeschaut und gedacht: Sieht gut aus. Später habe ich nochmal draufgeschaut und gedacht: Warum steht da eine Faxnummer? Zum Erstaunen vieler habe ich gesagt, dass ich keine Faxnummer auf der Karte brauche. Das ist nur ein kleines Beispiel. Es gab mal den Slogan ,Umparken im Kopf’. Ich denke, damit kann man viel erreichen.

Ist der Kopf auch ein Grund, warum die Digitalisierung so schleppend läuft?

Fetzer: Das würde ich nicht sagen. Ich nehme nicht wahr, dass es bei Kolleginnen und Kollegen viele Ängste gibt. Im Gegenteil. Es gibt viele, die sagen: ,Lasst uns doch einfach mal machen.’ Man braucht aber viel personelle Expertise. Da sind wir im beinharten Wettbewerb - nicht nur mit der Privatwirtschaft, sondern mit amerikanischen Universitäten. Wir haben in Mannheim hervorragende Leute an der Universität und sind ein attraktiver Arbeitgeber. Aber der Fachkräftemangel ist ein Problem. Ein weiterer Punkt ist, dass wir immer alles perfekt machen wollen. Wir brauchen immer einen Plan bis zum Ende. Das funktioniert bei der Digitalisierung aber nicht. Manchmal müsste man einfach mal machen dürfen, vielleicht auch, um in zwei, drei Jahren festzustellen: Das war nichts. Das ist aber immer noch besser als gar nichts gemacht zu haben. Der Perfektionismus in Deutschland ist oft hinderlich.

Der AStA kritisiert, dass in den Landeshaushaltsverhandlungen die Finanzierung der Hochschulen zu knapp ausfällt. Auch der Geschäftsführer des Studierendenwerks Mannheim, Peter Pahle, sieht „den Bildungsstandort jetzt zunehmend in Gefahr“, wenn Studierendenwerke nicht stärker unterstützt würden. Sie haben bei Ihrem Antritt davor gewarnt, Investitionen in Forschung und Lehre nicht weiter zurückzuschrauben und sehen darin eine Gefahr für die Gesellschaft. Andererseits: Wo soll das Geld herkommen?

Fetzer: Der Haushalt liegt ja nicht bei null. Geld ist da, muss man ehrlicherweise sagen. Die Politik muss es aber priorisieren. Um es deutlich zu sagen: Es ist nicht so, dass wir in einem Elfenbeinturm leben und nicht sehen, wie die Welt draußen ist. Im Gegenteil. Dass wir all die Krisen irgendwann finanzieren müssen, kommt nicht überraschend. Wir wissen auch, dass die Bedarfe auch an anderen Stellen groß sind. Denken Sie zum Beispiel an die Justiz, an Kindergartenplätze, an Schulen, an die Infrastruktur. Es wäre vermessen zu sagen, wir wollen mehr Geld und das war’s. Als Universität Mannheim verstehen wir die Situation und sind bereit, unseren Teil beizutragen, die schwierige Finanzlage zu meistern.

Das klingt nach einem „Aber“ .

Fetzer: Die Hochschulfinanzierung ist, so wie sie sich darstellt, schwierig. Unterm Strich bleiben uns vom jährlichen Zuwachs von 3,5 Prozent aufgrund von Lohnsteigerungen nur 0,3, vielleicht 0,4 Prozent. Das ist weniger als die Inflation und lässt unberücksichtigt, dass wir schon eine ganze Phase der Inflation hinter uns haben. Das führt dazu, dass wir irgendwann Kürzungen im Betrieb oder in der Lehre vornehmen müssen. Die Idee der Hochschulfinanzierungsverträge war, Universitäten Planungssicherheit zu geben. Wir haben langfristige Projekte, mit denen wir Menschen Perspektiven geben. Im Moment stellt es sich aber so dar, dass die Planungssicherheit eingeschränkt wird, weil wir - grob erklärt - im Laufe eines jeweiligen Haushaltsjahres erst wissen, ob wir noch mehr einsparen müssen. Nochmal: Wir stellen uns nicht hin und sagen, wir brauchen zehn Prozent mehr. Wir werden derzeit aber sehr beschränkt.

Es gibt Punkte im Haushalt, die politisch priorisiert sind. Jeder sagt, meiner ist der wichtigste. Dann muss man fragen, was Zukunftsinvestitionen sind. Investitionen in Bildung und Wissenschaft sind Zukunftsinvestitionen.
Thomas Fetzer Rektor, Universität Mannheim

Wo soll das Geld herkommen?

Fetzer: Es gibt Punkte im Haushalt, die politisch priorisiert sind. Jeder sagt, meiner ist der wichtigste. Dann muss man fragen, was Zukunftsinvestitionen sind. Investitionen in Bildung und Wissenschaft sind Zukunftsinvestitionen. Das Problem ist, dass man das Geld heute ausgibt, Ergebnisse aber erst in Jahren sieht. Umgekehrt ist es so, dass man, wenn man heute nicht genug investiert, in sechs, sieben Jahren die negativen Konsequenzen spürt. Wir haben nicht viele Rohstoffe. Wir haben aber kluge Köpfe, gerade in Baden-Württemberg. Wir stecken in Transformationsprozessen, an denen der ganze Mittelstand hängt. Die Chance, die wir im Land der Cleverle, der Köpfe und der Erfinder haben, ist, dass wir in diese Cleverle, Erfinder und Köpfe investieren. Das müssen wir priorisieren. Sonst gefährden wir unsere Wettbewerbsfähigkeit.

Die Universität spürt die Misere konkret, weil das Land den Bau des zweiten Gebäudes im Friedrichspark vorerst auf Eis gelegt hat. Glauben Sie, dass das Gebäude auf absehbare Zeit gebaut wird?

Fetzer: Irgendjemand hat mal gesagt, Prognosen für die Zukunft sind schwierig, weil sie die Zukunft betreffen. Ich weiß, dass die Bebauung nicht nur aus finanziellen Gründen umstritten ist. Wir bauen nicht, um zu bauen und damit der Rektor ein Band durchschneiden kann. Das will ich nochmal unterstreichen. Wir haben den Bedarf, weil das Schloss permanent renoviert werden muss. Das nächste Projekt ist der Ostflügel. In zwei, drei Jahren folgt der Westflügel. Wir müssen schauen, wo wir die Leute unterbekommen. Noch wichtiger ist aber, dass wir teilweise andere Arten von Räumen brauchen als die, die wir im Schloss realisieren können. Da geht es um zeitgemäße Lehre. Wir brauchen flexible Raumgestaltungen mit neuen Arbeitskonzepten. Unsere internationalen Wettbewerber sind da viel weiter. Es geht um Qualität der Lehre und der Forschung. Deshalb ist unser Bedarf mit einem Gebäude nicht bedient.

Thomas Fetzer vor dem Mannheimer Schloss. © Christoph Blüthner

Wann wird das zweite Gebäude gebaut?

Fetzer: Ich bin zuversichtlich, dass sich die finanzielle Situation wieder bessern wird. Wir befinden uns aber in einer Krise, die noch ein paar Jahre nachwirken wird. Das geht nicht von heute auf morgen. Auch da bedarf es vonseiten des Landes irgendwann einer Priorisierung.

Gleichzeitig beklagt man Leerstände in der Stadt. Auch Warenhäuser tendieren dazu, Verkaufsflächen eher zu verkleinern. Ist es eine Überlegung, den Platz durch Anmietungen von Leerständen zu kompensieren und die Innenstadt so auch insgesamt aufzuwerten und zu beleben?

Fetzer: Wir sind mit der Stadt im konstruktiven Austausch. Wir gehören zu dieser Stadt. Insofern prüfen wir solche Optionen. Es gibt zwei limitierende Faktoren, weshalb sich nicht jedes Gebäude eignet: Die Räume, die wir brauchen, kann man zum Beispiel in einem leerstehenden Kaufhaus nur bedingt umsetzen. Es geht ja nicht darum, dass wir Büros brauchen, sondern spezifische auf die moderne Lehre ausgerichtete Flächen mit entsprechender Infrastruktur und Technik. Der zweite Punkt, der uns wichtig ist, ist die Idee von einem Campus, auf dem wir möglichst alle konzentriert auf Achse sind und uns begegnen. Das ist auch aus organisatorischen Gründen wichtig. Natürlich prüfen wir Optionen - aber diese Punkte sind Limitierungen, über die wir nicht so einfach hinwegkommen.

Man hat das Gefühl, Wissenschaft steht zunehmend unter Druck, sich gesellschaftlich und politisch zu positionieren, etwa beim Klimawandel oder Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Gleichzeitig ist die Wissenschaft deshalb immer wieder politischen Angriffen ausgesetzt. Wie kann Wissenschaft wieder in gesellschaftliche Bereiche vordringen, die an ihr zweifeln?

Fetzer: Eine schwierige Frage. Ich bin mir zunächst nicht sicher, ob die Hypothese stimmt, die Wissenschaft müsse sich positionieren - mit Ausnahme eines klaren Bekenntnisses zu unserer Verfassung. Wissenschaft muss fundierte Grundlagen liefern, auf denen Entscheidungen getroffen werden können. Natürlich sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Menschen, die auch eine politische Meinung haben. Gesetze werden aber von dafür demokratisch legitimierten Institutionen gemacht. Politik muss viele Aspekte abwägen, die auch über die Perspektive der Wissenschaft hinausgehen. Als Wissenschaft sollten wir keine Politik machen, sondern uns darauf konzentrieren, Entscheidungsgrundlagen auf Basis exzellenter Forschung zu liefern.

Corona hat gezeigt, dass das Verständnis für wissenschaftliche Prozesse oft fehlt.

Fetzer: Da sind wir in der Bringschuld. Wir müssen - auch außerhalb unserer Fachkreise - erklären, was wir tun. Der Satz ,Man muss Menschen dort abholen, wo sie sind’ muss für uns von enormer Bedeutung sein. Auch deshalb haben wir nun die Reihe „Wissensdurst“ eingeführt, in der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Bars mit Menschen über ihre Forschung sprechen. Wir müssen an Orte gehen und dort Menschen erreichen, die nicht in Vorlesungssäle gehen. Es ist wichtig, Verständnis zu wecken, dass Wissenschaft keine Meinung ist, die wir als Privatperson vertreten, sondern dass wir belegen können, dass beispielsweise der Klimawandel stattfindet. Was daraus dann politisch folgt, ist eine andere Frage.

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Universität und Hochschule arbeiten bei TransforMA daran, Wissenschaft transparenter zu machen. Ist das zu lange vernachlässigt worden?

Fetzer: Ich glaube nicht, dass wir das vernachlässigt haben. Es braucht aber heute andere Formate als früher, in denen man Wissenschaft erklärt, ohne trivial zu werden. Es geht nicht darum, dass wir jeden Tag ,Die Sendung mit der Maus’ machen - aber wir müssen Kanäle suchen und über diese Kanäle überzeugen.

Wie kompliziert ist das?

Fetzer: Schwierig ist, dass wir teilweise nur bedingt Einfluss haben. Wenn in der Politik gesagt wird ,Das ist eine wissenschaftliche Meinung’, muss man erwidern: ,Nein. Das ist eine wissenschaftliche Erkenntnis. Aber man kommt darüber zu einer politischen Meinung.’ Wenn es diese Differenzierung gibt, ist alles fein. Es ist schwierig, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse, je nachdem, ob sie einem passen, als Meinung abgetan werden. Für das Verständnis von Wissenschaft ist es auch nicht gut, wenn ich lese, dass im Rahmen der Einsparmaßnahmen beim Öffentlich-Rechtlichen 3sat der erste Sender ist, der dichtgemacht werden soll. 3sat ist der einzige Sender, den ich wahrnehme, in dem Wissenschaft noch stattfindet. Insofern stehen wir vor schwierigen Aufgaben. Wir können vieles selbst machen, aber es sind auch andere Akteure, die viel tun müssen.

Wo soll die Universität am Ende Ihrer ersten Amtszeit stehen?

Fetzer: In unseren Fächern müssen wir deutschlandweit absolute Spitze sein. Auf dem ersten Platz, vielleicht dem zweiten Platz, maximal auf dem dritten Platz. Die Leistung, die wir gebracht haben, müssen wir trotz aller Herausforderungen auch in Zukunft bringen. In der Hochschulallianz ENGAGE.EU, die ich als Prorektor von Mannheim aus betreuen durfte, sind wir europaweit führend in Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Das müssen wir ausbauen. Ich will, dass wir auch weltweit sichtbar sind. Dass man in Fachkreisen weiß: Mannheim ist der Platz in Deutschland und Europa, an dem es besonders exzellente Forschung in Wirtschafts- und Sozialwissenschaften gibt. Wir verfügen nicht über Stiftungsvermögen, wie es sie in den USA gibt. Die haben Stiftungsvermögen, die allein größer als unser gesamter Haushalt sind. Mehr Geld hilft nicht immer - aber die können schon ganz andere Räder bewegen. Wir werden deshalb in den nächsten Jahren nicht zu den TopTen der Welt gehören. Wir müssen realistisch sein, aber ambitioniert. Das heißt: Deutschlandweit absolut führend, europaweit in der Spitzengruppe und weltweit sichtbar sein.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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