Mannheim. In der neuen ARD-Serie „Die Notärztin“ spielt Sabrina Amali die Hauptrolle. Es geht um dramatische Einsätze der Mannheimer Feuerwache III und die Zusammenarbeit mit Sanitätern und der Feuerwehr. Dabei erlebt die junge Notärztin viele emotionale Höhen und Tiefen. Im Interview spricht die Schauspielerin darüber, ob die Serie wirklich realistisch ist, wie sie sich auf Rollen vorbereitet und wieso sie versteht, dass viele Menschen in den „Helferberufen“ sich so stark engagieren, dass sie vom Burnout bedroht sind. Außerdem verrät sie, was ihr an Mannheim gefallen hat - und was nicht.
Wie bekommt man solche Filmrollen? Bewirbt man sich oder wird man über eine Agentur ausgewählt?
Sabrina Amali: Ich bekam von der Casterin die Drehbücher der ersten zwei Folgen zum Lesen. Ich fand sie sehr interessant, weil sie wirklichkeitsgetreu sind, und dachte sofort, dass ich die Notärztin sehr gut verkörpern könnte. Danach habe ich mit dem Regisseur und Autor Jan Haering eine Stunde telefoniert, mich interessierte, wieso er dieses Thema ausgewählt hat: Er kommt aus einer Ärzte- und Psychologenfamilie. Er sagte auch, dass er nicht auf Action gehen will, sondern Arbeitsalltag zeigen möchte. Dann gab es die erste Castingrunde, in der zweiten ging es darum, wie wir als Team funktionieren.
Sie sagten, dass Regisseur Jan Haering wirklichkeitsgetreu drehen wollte. Es gab auch einen Feuerwehrmann und einen Rettungssanitäter als Berater. Aber die Hauptakteurin engagiert sich privat für zwei Menschen, die sie bei ihren Einsätzen kennengelernt hat. Ist das realistisch?
Amali: Schwierige Frage. Die beschäftigt Dr. Nina Haddad sehr. Eigentlich soll sie es nicht tun. Das Thema fand ich auch persönlich schwierig, denn zum einen muss man Grenzen setzen, zum anderen hat man Verantwortung. Jan Haering hat für die Serie sehr, sehr gut recherchiert, es ist eine Arbeitswelt, über die wir Bürger normalerweise nichts wissen.
„Die Notärztin“: Sendeplatz und Hintergründe
- Die Serie „Die Notärztin“ wurde im Sommer in Mannheim und Berlin gedreht. Mannheim wird auch als Handlungsort erzählt.
- Sechs Folgen werden ab 13. Februar 2024 in der ARD zu sehen sein, jeweils dienstags um 20.15 Uhr. Bereits ab 6. Februar sind sie in der ARD-Mediathek abrufbar.
- Regisseur Jan Haering ging es darum, Spannung aus dem Alltag und nicht aus möglichst spektakulären Einsätzen zu ziehen.
- Wichtig sind in der Serie auch Teamkonflikte: Zwischen Ärzten und Feuerwehr, ein Kollege, der gern andere arbeiten lässt, eine beginnende Liebesbeziehung oder private Probleme, die sich in die Arbeit ziehen.
- Ein Ziel war es, die Arbeit realistisch darzustellen. Beispielsweise rennen die Rettungskräfte aus Selbstschutz mit ihrer schweren Ausrüstung nicht zum Einsatzort.
- Ein weiteres Beispiel: Wegen eines Bagatelleinsatzes kommt das Team zu einem echten Notfall zu spät. Manche Leute nutzen den Rettungsdienst nämlich quasi als „kostenloses Taxi“. Es gibt lange, anstrengende Schichten und wie in der Praxis Menschen, die Hilfe gar nicht annehmen wollen. RoS
Sie spielen die Notärztin Nina Haddad. Diese hat wie Sie selbst familiär einen Migrationshintergrund. Spielt der in der Serie eine Rolle? Oder ist das „normal“?
Amali: Es ist normal, und das hat mich gefreut. Es geht um eine Notärztin, nicht um ihren Hintergrund. Mich hat bei meinem Praktikum bei den Johannitern auch keiner gefragt, woher ich komme.
Ich finde es modern, dass es keine Rolle mehr spielt, ob man aus einer Einwandererfamilie kommt. Bei den Johannitern haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?
Amali: Ja, zwei Tage Praktikum bei den Johannitern in Berlin-Kreuzberg. Um 6 Uhr früh ging es los, ich hatte nichts gegessen, und gleich gab es den ersten Einsatz. Man ist fast schutzlos und kommt in irgendwelche Wohnungen, wo man nicht weiß, was einen erwartet. Das Praktikum hatte für mich einen Riesenmehrwert, ohne hätte ich die Rolle anders gespielt.
Wie?
Amali: Da geht es nicht nur um das Handwerkliche, auch um Zwischentöne. Zum Beispiel die Körperhaltung, wenn dem Notarzt etwas unangenehm ist oder er mit jemandem spricht.
Beim sogenannten „Method Acting“ versucht ein Schauspieler, sich komplett in eine Figur hineinzuversetzen. Machen Sie das auch so oder ist Ihnen beim Schauspielern immer bewusst: Jetzt spiele ich eine Rolle?
Amali: Beides. Es kommt auf Projekt und Rolle drauf an. Ich versuche mich immer zu verwandeln und verändere auch mein Aussehen. Vorher recherchiere ich akribisch, ich rede mit Menschen. Dabei will ich wissen: Welche Menschen üben die Berufe aus? Wieso gibt es im Rettungsdienst bei den Mitarbeitern so viele Burnouts? In der Vorbereitung haben mir Sanitäter das gleiche gesagt: Es braucht ein ausgeprägtes Helfersyndrom. Das kenne ich persönlich auch gut, es ist Segen und Fluch zugleich.
Wie meinen Sie das?
Amali: Ich verausgabe mich fast auch gerne beruflich, weil ich immer mein ganzes Herzblut reingebe. Gleichzeitig ist mir Familie sehr wichtig oder wenn mich jemand braucht. Ein Tick von mir ist, dass ich auch jemandem Hilfe aufzwinge, auch wenn er mich nicht gefragt hat. Daran arbeite ich (lacht). Auch meine Figur macht die Erfahrung: Die Welt geht nicht unter, auch wenn sie nicht alles rettet.
Bei den Dreharbeiten haben Sie auch Mannheim kennengelernt.
Amali: Es waren 50 Drehtage über drei Monate, intensive und sehr lange Tage. Ich habe Muskeln zugelegt und nachher Hornhaut an der Hand gehabt vom Tragen des Defibrillators. Die Stadt wurde mir immer als eine der hässlichsten Deutschlands verkauft, aber ich hatte hier eine unglaublich gute Zeit, was auch an den Dreharbeiten und am Team liegt. Ich kann nichts Schlechtes über Mannheim sagen. Es hat auch immer etwas mit den Menschen zu tun, mit denen man die Stadt erlebt.
Was hat Ihnen besonders gefallen?
Amali: Ein Platz mit Riesenbrunnen, Treppen und einer Backsteinsäule und viel Grün drumherum. Wissen Sie, was ich meine? Es war am letzten Drehtag.
War die Säule mehrere Stockwerke hoch? Vielleicht der Wasserturm?
Amali: Eine Sekunde, ich gebe das mal kurz bei der Internetsuche ein - ja, genau!
Was hat Ihnen nicht gefallen?
Amali: In der Innenstadt scheinen die Hausnummern kein System zu haben. An einer Straße steht 1, 2, 3, 4 und an der nächsten wieder andersrum.
Wenn man eine Weile in der Stadt lebt, versteht man das. In welchen Filmen kann man Sie noch sehen?
Amali: Am 11. März im ZDF im skurrilen Krimi „Der Millionenraub“, gerade drehe ich den zweiten Teil der ARD-Serie „Die Toten von Marnow“. Außerdem kommt 2024 der Film „Maysoon“ in die Kinos, in dem ich die Hauptrolle spiele, eine ägyptische Archäologin.
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