Mannheim. Der Untere Neckar in Mannheim soll schon bald einen natürlicheren und auch wilderen Verlauf finden – einstimmig bei einer Enthaltung gab der Gemeinderat am Dienstag im Stadthaus N 1 den Start für das ökologische Großprojekt der Neckar-Renaturierung frei, die – wie berichtet – insgesamt rund 32 Millionen Euro kostet und in Teilen bereits bis zur Bundesgartenschau 2023 fertig werden soll.
Neckar-Renaturierung
- Das insgesamt rund 32 Millionen Euro teure Vorhaben der Neckar-Renaturierung gliedert sich in vier Bauabschnitte (Projektphasen).
- Die Projektphase Nord umfasst das Augewässer unterhalb des Hochgestades des Aubuckels. Die Vorarbeiten haben bereits begonnen, das Gewässer soll bis zur Bundesgartenschau in zwei Jahren fertig werden.
- Die Projektphase West (Altneckar zwischen Fernmeldeturm und Riedbahnbrücke) soll neben der ökologischen Aufwertung die „Erlebbarkeit des Neckars“ verbessern. Auch hier laufen bereits Vorarbeiten, dieser Abschnitt soll ebenfalls bis zur Buga fertig werden.
- Nach 2023 soll dann die Projektphase Ost (Altneckar von Riedbahnbrücke bis Kraftwerkskanal Feudenheim) erfolgen.
- Im Anschluss daran – wahrscheinlich ab 2025 – steht der Anschluss des Augewässers über einen Durchstich an den Neckarkanal an. lang
Möglich wird das Umwelt- und Naturschutzvorhaben mit hohen Fördersummen vom Land und der Europäischen Union (EU), deren Gewässer-Rahmenrichtlinie mit dem Projekt umgesetzt werden muss. Mit Nebenarmen und Flachwasserzonen soll der Neckarlauf „renaturiert“ werden, das Augewässer in der Feudenheimer Au angelegt und ein Wasserlauf – zunächst bis Höhe Feudenheimer Straße, später mit einem Anschluss an den Neckarkanal oberhalb der Feudenheimer Schleuse – gebaut werden.
Kritik an Letzterem, den sogenannten Projektphasen Nord und Süd, kam von Mannheimer Liste und von FDP. In der getrennten Abstimmung darüber gab es dann elf Gegenstimmen und eine Enthaltung. Die ökologische Aufwertung des Altneckars trage man mit, die künstlichen Gewässer in der Au lehne man indessen ab, so ML-Stadtrat Holger Schmid: „Diese Teilprojekte sind das genaue Gegenteil von Renaturierung, sie sind wie Disneyland und Dubai“, argumentierte Schmid, dem sich die FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Reinemund anschloss.
Vorgesehen sind am Altneckar neue kleine Nebenarme, die Neckarwiese wird ,tiefergelegt’, damit der Fluss auch bei niedrigem Wasserstand wieder zugänglich wird, so die Pläne, die der Nachbarschaftsverband Mannheim-Heidelberg seit 2015 vorbereitet hat. Unterm Strich wird die Stadt 9,3 der 32 Millionen Euro selbst aufbringen müssen. Die Kosten für Augewässer und Bachlauf stecken schon in der Finanzierung des Grünzugs Nordost.
Die bereits im Jahr 2000 beschlossene Wasserrahmenrichtlinie der EU sieht bis 2027 neben anderen Qualitätsvorgaben für Grundwasser und Gewässer die Renaturierung von Uferbereichen vor. Ziel ist deshalb, dem Altneckar vom Kraftwerk am östlichen Ende der Maulbeerinsel bis zum Fernmeldeturm – in gewissen Grenzen – seinen mäandernden Lauf zurückzugeben. Die Uferzonen sollen zugleich als Naherholungsgebiet deutlich aufgewertet werden.
3,5 Kilometer lange Ufer-Strecken
Der westliche Abschnitt des Altneckars (Riedbahnbrücke–Fernmeldeturm, Kosten knapp zehn Millionen Euro) soll zur Buga 23 als ökologisches Mustervorhaben fertig werden. Mitte der 2020er Jahre soll auch der östliche Altneckar (13,1 Millionen) in neuer Natürlichkeit erstrahlen. An den beiden insgesamt rund 3,5 Kilometer langen Ufer-Strecken werden Buchten und Durchstiche so angelegt werden, dass die vergleichsweise starke Strömung des Neckars den Rest der Arbeit erledigt. Die Flachwasserzonen entstehen so auf natürliche Weise – und können sich mit der Zeit auch verändern.
Das Augewässer im Norden der Feudenheimer Au (5,7 Millionen Euro) sowie der zugehörige Wasserlauf sollen ebenfalls bis zur Buga fertig werden – damit die ehemalige Neckarschleife am Aubuckel wieder sichtbar wird. Der als Projektphase Süd bezeichnete Durchstich (3,4 Millionen Euro) ist bislang allerdings noch nicht durchgeplant. Wie nun deutlich wurde, kann dieser Teil des Vorhabens erst verwirklicht werden, wenn hohe Phosphorwerte im Neckarwasser dauerhaft abgesenkt werden. Dies, so erläuterte der für das Projekt zuständige Geschäftsführer der Bundesgartenschau-Gesellschaft, Michael Schnellbach, sei aufgrund gesetzlicher Vorgaben und dem bereits begonnen Ausbau der Kläranlagen am Neckar oberhalb Mannheims in „fünf bis zehn Jahren“ zu erwarten.
Erster Bürgermeister Christian Specht, der die Sitzung des Gemeinderats leitete, und Umweltbürgermeisterin Diana Pretzell (Grüne) erläuterten zudem, dass im Zusammenhang mit den umstrittenen Projektphasen Nord und Süd (Augewässer und Neckar-Anschluss) von künstlichen Anlagen nicht die Rede sein könne. „Es wird ein ehemaliger Neckarlauf wieder sichtbar gemacht“, so Pretzell in Bezug auf das Augewässer. Auch der Durchstich zum Neckarkanal erfolge im Verlauf einer natürlichen, einst auch wasserführenden Rinne, die nun neu nutzbar gemacht werde.
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