Mannheim. Auch dieses Wochenende steht die Innenstadt unter den Eindrücken des Kriegs im Nahen Osten: am Samstag, am Sonntag - und sogar in der Nacht auf Sonntag, in der pro-palästinensische Gruppen zu einem Camp auf dem Marktplatz aufrufen. Fragen und Antworten.
Welche Versammlungen wurden bei der Stadt gemeldet?
Laut einer Sprecherin rechnet die Behörde mit mehreren Versammlungen, die im Zusammenhang mit dem Krieg stehen. Ab 15.30 Uhr soll es am Paradeplatz einen Stand der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) geben, der ab 18 Uhr in eine Kundgebung mündet. Um 17 Uhr beginnt eine Demonstration, zu der unter anderem die Gruppen Free Palestine und Zaytouna aufrufen. Die Demonstration beginnt am Alten Meßplatz und läuft über die Breite Straße, die Kunststraße, den Ring und über die Planken auf den Marktplatz. Dort sollen eine Kundgebung und ab 22 Uhr das Camp folgen. Am Sonntag ist von 9 bis 18 Uhr eine weitere Versammlung auf dem Marktplatz zum Nakba-Tag angemeldet.
Warum gibt es so viele Versammlungen?
Während jüdische und pro-israelische Gruppen an die Gründung Israels erinnern und die Freilassung der von der palästinensischen Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 verschleppten Geiseln fordern, nimmt die Gegenseite den Nakba-Tag zum Anlass. An diesem gedenken Palästinenser unter anderem der Vertreibung während des Kriegs 1948 und der Enteignung des Landes. Begangnen wird der Tag am 15. Mai - in Mannheim haben Free Palestine und Zaytouna in dieser Woche mehrere Aktionen organisiert, etwa am Mittwoch eine Kundgebung am Paradeplatz und am Freitag die Aktion „Spray für Palestine“ im Graffiti-Park.
Wie viele Menschen werden am Wochenende demonstrieren?
Aus der Erfahrung heraus muss man wieder mit mindestens 1000 Menschen rechnen. Zuletzt haben sich stets deutlich mehr den pro-palästinensischen Versammlungen angeschlossen als den pro-israelischen. Ebenfalls ist wieder ein Großaufgebot der Polizei zu erwarten. Auch mit Einschränkungen im Verkehr muss laut Verwaltung gerechnet werden.
Begegnen sich die beiden Versammlungen örtlich?
Wie zuletzt könnte das vor allem am Paradeplatz geschehen. Nachdem im Frühjahr beide Gruppen aufeinandergetroffen waren, klappte die Trennung in den Wochen danach besser. Dennoch kam es immer wieder zu Wortgefechten, Beleidigungen und Bedrohungen. Dieses Mal soll laut Sprecherin der Versammlungsbehörde die Kundgebung der DIG auf der Kaufhof-Seite, aber in Richtung Planken, stattfinden. Die Demonstration von Free Palestine und Zaytouna biegt über die Stadthaus-Seite auf die Kunststraße ein.
Wie schätzt die Polizei die Sicherheitslage ein?
„Entsprechend der sehr konstruktiven Vorgesprächen mit allen Seiten, in Verbindung mit der aktuellen Lageauswertung, sieht die Polizei der Veranstaltung positiv entgegen“, erklärt ein Sprecher dazu.
Wie viele Menschen werden zelten - und warum?
Laut der Sprecherin der Versammlungsbehörde haben etwa 50 Personen „ihre Teilnahme im Vorfeld mit dem Veranstalter abgestimmt“. Die Abschlusskundgebung der zuvor stattfindenden Demonstration, zu der 800 bis 1000 Menschen erwartet werden, soll am frühen Abend enden. „Deshalb wird sich das Menschenaufkommen bis zum Beginn des Camps ab 22 Uhr nach und nach auflösen.“ Zwischen 20 und 22 Uhr ist eine „Movie Night“ geplant.
Free Palestine teilt auf Instagram mit, die Zelte sollten „mehr als nur ein Ort zum Übernachten“ sein. „Sie sind ein Symbol für das Leid, das viele unserer Vorfahren während der Nakba durch die zionistische Vertreibung“ erfahren haben. Zudem sollen die Zelte auf die „prekäre Situation“ der Palästinenser in Gaza aufmerksam machen, heißt es. Somit liege ein inhaltlicher Bezug zum Versammlungskontext vor, erklärt die Behördensprecherin. Deshalb müsse das Camp als Bestandteil der Versammlung gesehen werden und unterliege dem Versammlungsrecht, „weshalb es nicht ohne Weiteres eingeschränkt oder verboten werden kann“, bestätigt sie auf Nachfrage.
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Der Marktplatz liegt mitten in Mannheim. Nachts passieren Menschen den Platz, teilweise angetrunken. Wie will die Polizei das Camp schützen, aber auch die Jüdische Gemeinde, die in Nähe des Platzes liegt?
Der Sprecher der Polizei erklärt, dass Beamtinnen und Beamten auf dem Marktplatz „während der gesamten Veranstaltung“ präsent sein werden. Und: „Aufgrund der Nachbarschaft werden sich die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auch unmittelbar auf die Jüdische Gemeinde auswirken.“ Konkreter wird der Sprecher nicht, was bei einsatztaktischen Fragen allerdings üblich ist.
Was plant die Deutsch-Israelische Gesellschaft am Samstag?
Nach einem Stand ab 15 Uhr ruft die DIG ab 18 Uhr zu einer Kundgebung unter dem Motto „Kein Hass in Mannheim - für ein friedliches Zusammenleben“ auf. Im Aufruf erklärt die DIG, der „vielen unschuldigen zivilen Opfer, darunter auch viele Kinder in Israel und im Gazastreifen“ zu gedenken. „Wir verurteilen den Terror der Hamas scharf. Sich hinter Zivilisten zu verschanzen ist feige und soll zu einer einseitigen Solidarisierung führen.“
Die DIG kritisiert, dass auf „Demonstrationen unter dem Motto ,Free Palestine’“ Hass einseitig geschürt werde, die Terrorgruppe Hamas nicht verurteilt werde sowie „engagierte Menschen dieser Stadt beschimpft und verunglimpft“ würden. Die DIG fordert: „Wir wollen in Mannheim religions- und herkunftsüberschreitend solidarisch und respektvoll miteinander leben - ohne Hass und Hetze egal woher und von wem.“ Angekündigt sind Reden, etwa von Erster Bürgermeisterin Diana Pretzell (Grüne), dem Landtagsabgeordneten Boris Weirauch (SPD) sowie dem Bundestagsabgeordneten Konrad Stockmeier (FDP).
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