Mannheim. Zumindest von außen könnte es so wirken, dass der Mannheimer Stadtrat Julien Ferrat von der Wählervereinigung „Die Mannheimer“ derzeit mehr Einsatz ins Organisieren seiner „politischen Bildungsfahrt“ in ein französisches FKK-Swinger-Resort steckt als in die Arbeit im Gemeinderat. Im Mannheimer Amtsblatt hatte er Mitte Mai zu der achttägigen Reise im August ins „Village naturiste“ am Cap d‘Agde eingeladen. Seitdem hat der Einzelstadtrat zahlreiche Pressemitteilungen zu seinem aktuellen Lieblingsprojekt verschickt. Und fand damit in Medien auf der ganzen Welt Resonanz.
Jetzt hat das Projekt offenbar ein wichtiges Etappenziel genommen, wie der 33-Jährige mit dem großen Bedürfnis nach Aufmerksamkeit am Dienstag in einer zwei DIN-A4-Seiten langen Pressemitteilung berichtet. Das von ihm angekündigte „Trainingslager mit Outdoor-Sex“ auf der Friesenheimer Insel für die Teilnehmer der Frankreich-Reise sei ein großer Erfolg gewesen, erklärt er darin. Ferrat spart in der Mitteilung nicht mit Details, auf die in diesem Text aber verzichtet werden soll. Nur so viel: „Insgesamt ist es gut gelungen, das Cap-d‘Agde-Feeling rüberzubringen. Zudem wurden die wichtigsten Vokabeln in Bezug auf Anzüglichkeiten auf Französisch vermittelt.“ Unter anderem aus terminlichen Gründen waren laut Ferrat nur zwölf der insgesamt 25 Frankreich-Fahrer dabei.
In der vergangenen Woche hatte es nochmal viel Wirbel um Ferrats Treffen auf der Friesenheimer Insel gegeben. Denn es sollte am dortigen FKK-Strand stattfinden, einer von Nackt-Fans genutzten Stelle am Altrhein. Nach Medienanfragen hatte die Staatliche Rhein-Neckar-Hafengesellschaft als Eigentümerin der Fläche der Deutschen Presseagentur erklärt, dass es sich bei dem Bereich „nicht um öffentlich gewidmetes Freizeit- oder Erholungsgebiet“ und auch nicht um einen ausgewiesenen FKK-Strand handele. „FKK, Baden oder andere freizeitbezogene Nutzungen sind dort weder gestattet noch geduldet.“ Ein Sprecher der Polizei sagte dagegen, der dortige Altrheinstrand sei „bisher ein geduldeter FKK-Bereich“ gewesen.
„What happens in Vegas, stays in Vegas“
Ob sein „Trainingslager“ an diesem FKK-Strand und damit auf Hafengelände stattgefunden hat, lässt Ferrat in seiner Mitteilung offen. „Der alte Grundsatz ,What happens in Vegas, stays in Vegas‘ gilt auch für freizügige Aktivitäten auf der Friesenheimer Insel“, schreibt er. Unabhängig davon berichtet Ferrat, der Altrhein-Arm habe sich „seit mehr als zehn Jahren als kleiner, aber feiner FKK-Treffpunkt etabliert. Dass die Hafengesellschaft davon scheinbar erst durch den Medienrummel erfahren hat, ist prinzipiell ein gutes Zeichen“. Offenbar sei es dort nie zu nennenswerten Problemen gekommen.
Kritik vom Verband für Freikörperkultur
Nicht nur von der Hafengesellschaft hatte Ferrat Gegenwind bekommen, sondern auch vom Deutschen Verband für Freikörperkultur. Dessen Präsident Alfred Siegloch kritisierte im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur, der Mannheimer Stadtrat unterscheide „leider nicht“ zwischen Swingen und Freikörperkultur. „Die Vermischung beider Begriffe führt zu Missverständnissen und entspricht nicht dem Selbstverständnis der Freikörperkultur, bei der Nacktheit ausdrücklich nicht sexuell konnotiert ist.“
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-naechstes-etappenziel-fuer-swinger-bildungsreise-von-mannheimer-stadtrat-julien-ferrat-_arid,2313674.html