Mannheim. Es ist ein Verbrechen am helllichten Tag, mitten im beliebten Mannheimer Wohnviertel Schwetzingerstadt, dessen Hintergründe für die Öffentlichkeit zunächst noch im Dunklen liegen: An einem Dienstagmorgen Ende Oktober 2021 finden Polizisten eine 41-Jährige tot in ihrer Wohnung. Schon am Tatort steht fest: Die Frau wurde getötet. Wenige Tage später führen sichergestellte DNA-Spuren zur Festnahme eines Tatverdächtigen. Warum die gebürtige Rumänin sterben musste, dazu macht der Festgenommene aber bei den Vernehmungen keine Angaben. Doch nun hat der 31-jährige Mann sein Schweigen gebrochen. Wie der „MM“ exklusiv erfuhr, sprach er in der Zwischenzeit mit einem psychiatrischen Sachverständigen.
Die Mannheimer Staatsanwaltschaft erklärt: „Der Tatverdächtige wurde zwischenzeitlich begutachtet, da die Ermittlungen Hinweise auf eine psychische Erkrankung ergaben.“ Dass der 31-Jährige wegen dieser Erkrankung für schuldunfähig erklärt werden könnte, sei durch dieses vorläufige Gutachten nicht auszuschließen. Gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen soll der Mann auch Angaben zur Tat gemacht haben. Aufgrund des Gutachtens sei er vorläufig in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht.
Rückblick: An einem frühen Dienstagmorgen Mitte Oktober betreten Polizisten, alarmiert durch den Anruf einer Bekannten des Opfers, eine Wohnung in der Schwetzingerstadt. Um 9.45 Uhr finden sie die Leiche einer 41-jährigen Berufstätigen, sie ist Mutter einer zwölfjährigen Tochter. Das Zuhause der Ehefrau liegt in einem Mehrfamilienhaus in der Gaußstraße. Schon am Tatort gibt es Anzeichen, die auf ein Gewaltverbrechen hindeuten. Die Frau ist beim Eintreffen der Ermittler noch nicht lange tot. Eine 50-köpfige Sonderkommission (Soko), genannt „Glocke“, wird eingerichtet, Spuren am Tatort werden gesichert. Die Polizei bittet Zeugen um Hinweise, vom Täter fehlt zunächst jede Spur. Einen Tag nach dem Fund des Opfers bestätigt die Obduktion den Verdacht auf ein Verbrechen: Die 41-Jährige starb durch Gewalteinwirkung. Dass sie stranguliert wurde, verschweigen die Ermittler zunächst aus taktischen Gründen vor der Öffentlichkeit – schließlich ist das Täterwissen. Die Polizei bittet stattdessen wieder um Hinweise auf verdächtige Personen, die sich nach der Tat dort in direkter Umgebung aufgehalten haben.
Zwei Treffer in der DNA-Datenbank
Im Verborgenen aber ist die Soko schon einen Schritt weiter: Die am Tatort gesicherten DNA-Spuren führen nach der Auswertung des Landeskriminalamts die Ermittler direkt zu einem Tatverdächtigen. Schließlich spuckt die DNA-Datenbank gleich zwei Treffer aus: Zum einen offenbaren die gespeicherten genetischen Daten die Identität eines 31-jährigen Mannes ohne festen Wohnsitz, der bis dahin nicht vorbestraft ist. Die Soko handelt schnell, erwirkt auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen den Deutschen – wegen des Verdachts des Mordes. Zum anderen wird genau diese DNA mit einem weiteren Verbrechen in Verbindung gebracht.
In Zusammenarbeit mit einem Spezialeinsatzkommando (SEK) der nordrhein-westfälischen Polizei gelingt es, den Mann im 300 Kilometer entfernten Duisburg aufzuspüren. Das Spezialeinsatzkommando stürmt daraufhin nur drei Tage nach der Tat an einem Samstagabend die Wohnung eines Bekannten, in der sich der 31-Jährige versteckt hält. Nach der Festnahme wird der Tatverdächtige nach Mannheim überführt. Bei seiner Verhaftung schweigt der Mann. Bei der Festnahme finden die Ermittler weitere Gegenstände in seinem Besitz, die sich später als Diebesgut herausstellen. Denn wieder sind es DNA-Spuren aus der Datenbank, die den Mann mit einer weiteren bis dahin ungelösten Straftat in Verbindung bringen – einem Raubüberfall an einer jungen Frau in Heidelberg.
Weitere Frau mit Schlägen verletzt
Schließlich lassen sich am Rucksack der 28-Jährigen sichergestellte DNA-Spuren eindeutig dem Tatverdächtigen zuordnen. Die Soko bündelt daraufhin die Ermittlung zu beiden Fällen, geht nun der Frage nach: Hat der Tatverdächtige nur einen Tag vor dem mutmaßlichen Mord in Mannheim eine andere Frau in Heidelberg ausgeraubt? Oder hat er sogar noch weitere Straftaten begangen? Wie brutal der Mann beim Überfall vorgegangen sein soll, zeigt ein Blick auf den Tathergang: So soll er sein Opfer mit der Faust mehrfach ins Gesicht geschlagen und so verletzt haben. Die junge Frau hatte sich dabei den Knöchel gebrochen.
Ob es nun bald zu einer Anklage kommt? Dazu sagt die Staatsanwaltschaft: Noch sei das Ermittlungsverfahren nicht abgeschlossen, unter anderem stehe das rechtsmedizinische Gutachten aus. Obwohl sich Opfer und Täter vorher offenbar nicht gekannt haben sollen, bleibt noch offen, warum die 41-Jährige den Täter überhaupt in ihre Wohnung gelassen hat.
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