Mannheim. Nach dem Urteil im Prozess um das Mannheimer Messerattentat treibt viele Menschen die Frage nach einer möglichen Abschiebung des Täters um. Der Angeklagte Sulaiman A. ist am Dienstag unter anderem wegen Mordes und versuchten Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, auch stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest. Bereits zu Beginn des Prozesses in Stuttgart-Stammheim sprach A. selbst über die Möglichkeit, abgeschoben zu werden. Als der Psychiatrische Sachverständige Professor Johannes Fuß den 26-Jährigen nach seinen Zukunfts- und Lebensplänen fragte, antwortete dieser: „Ich denke, ich werde abgeschoben, dann werde ich meine Eltern pflegen, kaufe mir vielleicht ein Kamel, Schafe. Damit werde ich mich ernähren, bis ich tot bin.“
Nach Urteil gegen Suleiman A. - Abschiebung kein Automatismus
Doch eine Abschiebung ist kein Automatismus, die Entscheidung darüber ist eine hochkomplexe Angelegenheit, bei der die zuständigen Behörden verschiedene Faktoren miteinbeziehen: die besonderen Umstände der Tat, die Schwere der Schuld, die persönliche Lage des Verurteilten, wie gefährlich er noch ist – und auch wie groß das öffentliche Interesse an einer nachhaltigen Strafvollstreckung ist.
Nach einem Urteil wird zunächst die Ausländerbehörde aktiv. Wer in Deutschland ein Verbrechen begangen hat, läuft Gefahr, nicht länger in Deutschland bleiben zu dürfen. Die Behörde weist denjenigen aus und verhängt ein Wiedereinreiseverbot, das mal zehn, mal 15 Jahre oder auch länger gilt. Das variiert je nach Einzelfall und hängt von der Prognose und auch von den sogenannten Bleibeinteressen des verurteilten Straftäters ab. Darunter fällt zum Beispiel, ob ein Täter Kinder unter 18 Jahren hat.
Selbst im Falle dieser Ausweisung kommt ein verurteilter Täter aber regulär ins Gefängnis. „Wenn jemand eine Straftat begeht, dann gibt es in aller Regel Opfer. Und deswegen hat der deutsche Staat, der die Opfer nicht allein lässt, den Anspruch, dem Täter eine Strafe aufzuerlegen und ihn in ein entsprechendes Gefängnis zu bringen, wenn die Tat schwer genug ist“, sagte der Ulmer Jurist Thomas Oberhäuser, der auf Asyl- und Ausländerrecht spezialisiert ist, im Frühjahr im Gespräch mit dieser Redaktion.

Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.
Allerdings kann die Staatsanwaltschaft, die dafür zuständig ist, dass eine Strafe vollstreckt wird, nach einer bestimmten Zeit im Gefängnis die Entscheidung treffen: Wir verzichten auf die weitere Strafvollstreckung, erlassen aber gleichzeitig einen Haftbefehl für den Fall, dass der Täter versucht, wieder nach Deutschland oder Europa zu kommen. Und nachdem die Staatsanwaltschaft diesen Weg gegangen ist, kann die Ausländerbehörde aktiv werden und die Abschiebung in die Wege leiten. Bei frühzeitiger Wiedereinreise des Täters gilt dann: Er muss zurück ins Gefängnis und den Rest seiner Strafe verbüßen.
Staatsanwaltschaft entscheidet darüber, wie lange das Strafvollstreckungsinteresse über allem anderen steht
Es gibt verschiedene Verwaltungsvorschriften, die Fristen regeln, wann bei welcher Strafe frühestens eine Abschiebung in Betracht kommt. Die Verwaltungsvorschrift in Baden-Württemberg wird gerade neu verfasst. Grundsätzlich entscheidet die Staatsanwaltschaft darüber, wie lange das Strafvollstreckungsinteresse über allem anderen steht. Und sie hat auch keine Verpflichtung, die Freigabe zur Abschiebung zu geben.
Ein prominentes Beispiel für die Abschiebung eines Ausländers, der wegen Mordes verurteilt worden war und in dessen Fall das Gericht – wie bei Sulaiman A. – die besondere Schwere der Schuld feststellte, ist der Fall Mooshammer. 18 Jahre nach dem Mord an dem prominenten Münchner Modeunternehmer Rudolph Moshammer wurde dessen Mörder in sein Geburtsland Irak abgeschoben.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-nach-messerangriff-warum-sulaiman-a-seine-strafe-in-einem-deutschen-gefaengnis-verbuesst-_arid,2329069.html