Mannheim. Es ist ein Sprachbild, das alle Redner an diesem Abend wählen. Im Mannheimer Bauamt sei man zum Glück mittlerweile „auf einem guten Weg“, heißt es im Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik in sämtlichen Wortmeldungen. Freude und Erleichterung allenthalben, vor allem beim zuständigen Bürgermeister Ralf Eisenhauer. Denn nicht minder unstrittig: Vorher war die Behörde lange, was die Bearbeitung von Bauanträgen angeht, auf einem ausgesprochen schlechten Weg. Genauer gesagt sogar einem miserablen.
Mitunter länger als ein Jahr gewartet
Eigentlich muss zehn Tage nach Einreichen eines Bauantrags eine Eingangsbestätigung vorliegen. Im Normalfall ist dann spätestens drei Monate später über ihn zu entscheiden. Doch diese gesetzlichen Fristen wurden in den vergangenen Jahren offenbar so gut wie nie eingehalten. In einigen Fällen hätten Bauherren selbst nach einem Jahr weder eine Zu- noch eine Absage bekommen, beklagte die Mannheimer Architektenkammer im November. Auch bei den Etatreden der Fraktionsvorsitzenden nahm das Problem breiten Raum ein. Einhellig wurde deutliche Besserung gefordert.
Umso mutiger wirkt eine Pressemitteilung, die Eisenhauers Dezernat Ende November verschickte. „Einfach und schnell zur Baugenehmigung“, steht in der Überschrift. Die zur Bekämpfung der Antragsflut eingeleiteten Maßnahmen zeigten bereits „erste Früchte“. So habe eine im Bauamt eigens dafür neu eingerichtete Task Force in nur einer Woche 60 Baugenehmigung erteilt, 45 davon für Wohnungen.
„Tue Gutes und rede darüber“ ist zwar auch in der Lokalpolitik eine beliebte Devise. Übertreibungen bekommt man aber schon mal um die Ohren gehauen, gerade knapp ein halbes Jahr vor der Kommunalwahl. Doch sowohl Thomas Hornung (CDU), Volker Beisel (FDP) als auch Christopher Probst (Mannheimer Liste) ersparen Eisenhauer im Ausschuss größere Kritik. Weniger überraschend ebenso SPD-Fraktionschef Reinhold Götz, dessen LI.PAR.Tie-Kollege Dennis Ulas sowie Grünen-Stadtrat Patric Liebscher.
Missstände im Mannheimer Bauamt: Drei Ursachen
An Ermattung - die Sitzung läuft bereits mehr als drei Stunden, und man ist im öffentlichen Teil erst bei Tagesordnung vier von 14 - muss das nicht liegen. Das lässt die Länge mancher Wortmeldung erkennen. Vielmehr dürften die vorangegangenen Erläuterungen der Verwaltung die Redner überzeugt haben.
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Laut Fachbereichsleiterin Lisa Ronellenfitsch haben die Missstände im Bauamt drei Hauptursachen: Erstens einen zwischenzeitlichen „Aderlass“ beim Personal, viele bewährten Kräfte hätten durch unerfahrenere ersetzt werden müssen. Zweitens habe es in den zurückliegenden Jahren einen regelrechten Boom bei Bauanträgen gegeben, der mittlerweile abgeflaut sei. Drittens seien die Genehmigungsverfahren immer komplexer geworden. Zwischenzeitlich hätten zwei Drittel der Beschäftigten im Bauamt intern Überlastungsanzeigen gestellt. Daraufhin habe sich auch der städtische Personalrat eingeschaltet und nach Abhilfemöglichkeiten gesucht.
Lob besonders für Task Force
Als „sehr effektive Maßnahme“ habe sich vor allem das Einsetzen der Task Force erwiesen, so Ronellenfitsch. Bis Ende Februar sollten alle Rückstände an Bauanträgen abgearbeitet sein. Zudem habe man die telefonische Erreichbarkeit der individuell zuständigen Sachbearbeiter verbessert. Würden Stellungnahmen anderer Behörden benötigt, werde nunmehr nach einer Vier-Wochen-Frist von deren Einverständnis ausgegangen, sofern noch nichts verlautet sei.
In der Summe zeigt sich die Fachbereichsleiterin optimistisch, die gesetzlichen Fristen bald wieder einhalten zu können. Wobei sich diese durch fehlende Unterlagen oder sich neu auftuenden Klärungsbedarf natürlich verlängern könnten.
Hier soll vor allem ein virtuelles Bauamt Fortschritte bringen, das Ronellenfitschs Mitarbeiter Andreas Senft vorstellt. Ab April 2024 können Bauanträge demnach auch digital gestellt und bearbeitet werden. Fehle etwa ein bestimmtes Dokument, werde das direkt angezeigt und ein Hochladen angeboten. Zudem gebe es einen direkten Draht über eine Chat-Funktion. Und man könne jederzeit sehen, wie weit fortgeschritten die Bearbeitung sei.
Beratungszentrum im Technischen Rathaus soll wieder öffnen
Die Fachbereichsleiterin kündigt zudem an, das beim Umzug des Technischen Rathauses vom Collini-Center ins Glücksteinquartier geschlossene Beratungszentrum an ein, zwei Tagen die Woche wieder zu öffnen. Aber wohl erst bis Ende nächsten Jahres. Man wolle das behutsam angehen, um die Beschäftigten nicht erneut zu überlasten.
In den Wortmeldungen der Stadträte wird auch die Vermutung geäußert, dass der immense Anstieg der Baukosten und die schlechte konjunkturelle Lage noch einen weiteren Rückgang der Anträge bewirken. Probst fragt, ob die überlange Bearbeitung zu Schadenersatzklagen geführt habe. Ronellenfitsch verneint. Sie wisse auch von keinem konkreten Bauprojekt, das wegen der Verzögerungen geplatzt sei.
Götz würde sich auch in anderen Bereichen der Stadtverwaltung mehr Digitalisierung wünschen. Hornung sagt indes, diese sei begrüßenswert, werde die Probleme im Bauamt aber allein nicht lösen. Unzufriedenheit, dass es überhaupt so weit kommen konnte, wird bei allen Rednern deutlich. Eisenhauer dankt gleichwohl für das Verständnis. Sie seien wirklich sehr zuversichtlich - und, klar, „auf einem guten Weg“.
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