Mannheim. Auf dem Weg zum Klinikum fällt der Blick auf ein Schild. Darauf steht: „Das Land baut für Sie.“ Gemeint sind die neuen Fakultätsgebäude, die auf der anderen Straßenseite entstehen. Aber das passt nun natürlich auch prima aufs große Ganze. Am Vortag hat das Kabinett in Stuttgart endgültig beschlossen, dass die landeseigene Heidelberger Uniklinik mit 89,9 Prozent der Anteile in Mannheim einsteigt. Auch die „Neue Mitte“ soll endlich kommen. Die Stadt muss sich an dem Mega-Projekt zwar noch mit einer Art Abschlagszahlung von insgesamt 205 Millionen Euro beteiligen, die in vier Raten fließen sollen. Aber den großen Rest – mindestens eine halbe Milliarde, womöglich sogar mehr als eine ganze – übernimmt ebenfalls das Land.
An diesem regnerischen Mittwoch ist die federführende Wissenschaftsministerin Petra Olschowski nach Mannheim gekommen, um die Krankenhausbeschäftigten näher über die gefundene Lösung zu informieren. Später wird sie das Gleiche in Heidelberg tun. Vorab ist eine kurze Pressekonferenz angesetzt. Den Ort dürfte jemand mit Gespür für Symbolik gewählt haben: den sechsten Stock des Patientenhauses, das für die „Neue Mitte“ abgerissen werden soll (voraussichtlich 2027 oder 2028). Von hier oben hat man einen prima Blick unter anderem auf die Bagger unten. Der Raum trägt den auch im übertragenen Sinne passenden Namen „Weitblick“.
Er könnte auch „Langer Atem“ heißen. Oder „Zäher Wille“, wie eine Straße bei den Benz-Baracken auf dem Waldhof. Um den Verbund, der ursprünglich eine Fusion werden sollte, musste mehr als fünf Jahre gerungen werden. Maßgebliche Wegbereiterin war Olschowskis Vorgängerin Theresia Bauer. Die Heidelbergerin konnte allerdings die massiven Widerstände in der Landesregierung, vor allem an höchster Stelle, noch nicht überwinden.
Überraschend beruhigende Geschichte eines der Wegbereiter
Vor ein paar Tagen berichtete ihre Nachfolgerin in einer Journalistenrunde in Stuttgart sehr offen, dass sie bei ihrer Amtsübernahme im September 2022 nicht begeistert gewesen sei, von ihrer Grünen-Parteifreundin dieses unfertige, höchst umstrittene Mega-Projekt hinterlassen zu kommen. Aber Olschowski hat es beharrlich durchgesetzt.
Dafür wird sie nun ebenso mit Dank überschüttet wie der Mann links neben ihr, der das Ganze auch von seinem Vorgänger übernehmen musste. Jetzt überrascht er mit einer berührenden Anekdote. Ebenfalls an einem regnerischen Mittwoch sei einst ein zwölfjähriger Junge in einem Mannheimer Mehrfamilienhaus zusammengebrochen und ins Klinikum gebracht worden. Die Ärzte hätten zunächst Wachstumsbeschwerden vermutet. Doch dann habe ein junger Chirurg einen Tumor entdeckt und erfolgreich entfernt.
Dass er nun 47 Jahre später dazu beigetragen habe, dieses Krankenhaus zu retten, nennt Christian Specht einen „besonderen Hinweis des Schicksals“. Er sei sehr glücklich, das Klinikum Anfang 2026 in gute Hände zu geben, „denen wir vertrauen können“, betont der Mannheimer Oberbürgermeister.
Jürgen Debus, Leitender Ärztlicher Direktor der Heidelberger Uniklinik, zeigt sich von Spechts persönlichem Erlebnis und der Verbundenheit mit diesem Haus beeindruckt. Er dankt wie alle dem Stadtoberhaupt und Olschowski, aber auch ihren Mitarbeitern für ihren enormen persönlichen Einsatz. Oft hätten sie gemeinsam nächtelang und ganze Wochenenden durchverhandelt. „Nicht das, was man sich unter deutschem Beamtentum vorstellt.“
Debus berichtet, er komme aus der Region und sei wohl derjenige im Raum, der als Erster im Klinikum gewesen sei. Schon als kleines Kind habe er hier seine Großeltern besucht. Künftig wird man ihn noch häufiger sehen. Zum Verbundkonzept gehört, dass er ab Januar in Personalunion auch Medizinischer Geschäftsführer in Mannheim wird.
Hennes zieht Vergleiche mit Tour de France
Sollte sich der jetzige Amtsinhaber deswegen grämen, lässt er sich das nicht anmerken. Hans-Jürgen Hennes wirkt fröhlich und tiefenentspannt wie immer. Auch er schwärmt von einem ganz wichtigen Tag fürs Klinikum. Als passionierter Radfahrer – häufig kommt er mit S-Bahn und Klapprad aus Speyer zur Arbeit – vergleicht er die zurückliegenden fünf Jahre mit der Tour de France. Als Bergetappe habe sich insbesondere das Wettbewerbsrecht entpuppt, so der Geschäftsführer.
Olschowski nickt heftig. Nach dem Veto des Bundeskartellamts im Sommer 2024 gelang es ihr dann, im Krankenhausgesetz des damaligen SPD-Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach eine ursprünglich nicht vorgesehene Passage unterzubringen, die den Verbund doch noch ermöglichte. Für die jetzt anstehenden finalen Verhandlungen wählt Hennes auch eine Tour-de-France-Metapher: Nun gehe es nicht mehr um die Wertung, „aber die letzte Etappe muss gefahren werden“.
Versetzungen und nicht mehr besetzte Stellen sind möglich
In einer kurzen Fragerunde geht es noch um einen möglichen Stellenumbau. Die Ministerin bekräftigt, es werde keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Der Mannheimer SPD-Landtagsabgeordnete Stefan Fulst-Blei warf ihr im Gemeinderat vor, das am Dienstag nicht mehr klar ausgeschlossen zu haben. Nun sagt Olschowski, vorstellbar sei nur, jemanden an einen anderen Ort zu versetzen oder frei werdende Stellen nicht mehr zu besetzen.
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