Landgericht Mannheim

Messerattacke beim Wasserturm: Doch keine Notwehr

Überraschende Wendung am Landgericht Mannheim: Im Prozess wegen einer Messerstecherei in der Innenstadt hat der Angeklagte seine Aussage geändert. Das Gericht gab einen Hinweis auf den Strafrahmen

Von 
Roland Schmellenkamp
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Eine zweifache gefährliche Körperverletzung beschäftigt das Landgericht. © ROS

Mannheim. Am dritten Prozesstag wegen einer Messerstecherei in der Nähe des Wasserturms sagten weitere Zeugen aus, und es kam nach einem Appell des Richters an den 18-jährigen Angeklagten zu einem veränderten Geständnis. An den ersten zwei Prozesstagen war zwar klar, dass Mohammed M. einen jungen Mann mit dem Messer im Gesicht verletzt und einen anderen in den Bauch gestochen hatte, doch es gab unterschiedliche Aussagen über das Geschehen: Der Iraker M. behauptete, eine Gruppe verfolgt zu haben, die ihm nach einer Auseinandersetzung am Wasserturm sein Handy weggenommen hatte.

In der Lameystraße sei es zu einer weiteren Auseinandersetzung gekommen, er sei geschlagen worden, habe am Boden gelegen und sich dann mit den Stichen verteidigt. Aus der Gruppe hieß es jedoch, dass M. unvermittelt zugestochen habe, von einem mitgenommenen Handy wusste keiner etwas.

Was eine Zeugin gehört und gesehen hat

Das Geschehen in der Dämmerung hatte eine Zeugin von ihrem Balkon beobachtet: Es habe einen Tumult gegeben, sechs bis acht Personen hätten in für sie unverständlicher Sprache geredet, dann folgte ein Gerangel, wobei einer eine Eisenstange in eher verteidigender Haltung in beiden Händen trug. Sie habe laut „Schluss jetzt!“ oder Ähnliches heruntergerufen, es habe sich nichts getan.

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Dann habe sie noch einmal geschrien, und die Traube habe sich aufgelöst. Einige seien weggerannt, einer habe sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite hingesetzt. Dass es bei der Auseinandersetzung Schläge gegeben habe oder einer der Kontrahenten am Boden lag, bestätigte sie auch auf Nachfrage des Staatsanwalts nicht. Das sah auch ein zweiter Zeuge nicht.

So schätzt das Gericht die Szene ein

Der Vorsitzende Richter Joachim Bock schilderte deshalb M. die vorläufige Einschätzung des Gerichts: „Keiner ist zu Boden gegangen wie Sie es dargelegt haben, und es gab auch keinen Blitzüberfall von Ihnen auf die Geschädigten, wie diese es gesagt haben.“ Das Gericht schätze es so ein, dass die jungen Männer angelaufen kamen, laut diskutierten, und die Sache eskalierte. „Es ist davon auszugehen, dass Sie in einer bedrängten Situation waren.“ Aber darauf mit Messerstichen zu reagieren sei zu viel, M. hätte die Situation anders lösen können, zum Beispiel erst mal nur mit dem Messer zu drohen. Bock: „Notwehr kommt aus unserer Sicht eher nicht in Betracht!“

Verhandelt werde, so Bock, wegen zweifacher gefährlicher Körperverletzung, nicht wegen versuchten Totschlags - ein Hinweis auf die Höhe des Strafrahmens. Er betonte, dass ein korrektes Geständnis größeres Gewicht beim Urteil bekäme.

Das sagt der Angeklagte

Nach kurzer Verhandlungspause gab Rechtsanwalt Uwe Kirsch im Namen seines Mandanten eine Erklärung ab: M. sagte, dass sich die Sache so zugetragen habe wie vom Gericht geschildert. Er sei überfordert gewesen und habe niemanden töten wollen. „Es war ein großer Fehler, die Beiden zu verletzen, dafür entschuldige ich mich!“ Auf die Nachfrage von Bock, ob es keine Notwehr gewesen sei, antworte der junge Iraker: „Nein.“

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