Jubiläum - Veranstaltung zum 301. Geburtstag des Schlosses / Mehr digitale Rekonstruktionen geplant

Mannheimer Schloss feiert verspäteten 300. Geburtstag

Von 
Peter W. Ragge
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Der Mittelbau wurde zuerst errichtet, nachdem am 2. Juli 1720 der Grundstein des Schlosses gelegt worden war. Jetzt gab es die Jubiläumstagung. © Markus Prosswitz

Mannheim. Die kurfürstliche Bibliothek und die Schlosskirche sollen in ihrer ursprünglichen Pracht wiedererstehen – digital. Das planen die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. „Irgendwann wollen wir auch eine ganze Appartementfolge digital rekonstruieren“, kündigte Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten, bei der Veranstaltung zum 301. Geburtstag des Schlosses an.

Das zweitägige Fachsymposium war eigentlich 2020 geplant. Am 2. Juli 1720 hatte Kurfürst Carl Philipp (1661-1742) den Grundstein für die neue Residenz der Kurfürsten der Pfalz in Mannheim gelegt. Die Corona-Pandemie verhinderte damals die Veranstaltung zum 300. Geburtstag. Aber einige Verbesserungen bescherten Hörrmann und sein Team dem Mannheimer Schloss zum Jubiläum, so einen Hofmusikraum und die virtuelle Rekonstruktion des Paradeschlafzimmers von Carl Philipp, die man – dank Virtual-Reality-Brille – dreidimensional per Computer erzeugt wahrnehmen kann.

Schlossmuseum

  • Zu besichtigen: Haupttreppenhaus, Rittersaal, je vier rekonstruierte Räume des Kaiserlichen Quartiers und des Appartements der Großherzogin, darunter ein Raum als Musikmuseum, sowie das Schlossmuseum im Erdgeschoss mit Dauerausstellung. Sie zeigen das Leben zur Zeit der Kurfürsten (1720 bis 1777) sowie der Großherzogin Stéphanie von Baden (1809-1860).
  • Eintritt: Schloss mit Audioguide für Erwachsene acht Euro, ermäßigt vier Euro, Familien 20 Euro.
  • Öffnungszeiten: Donnerstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr, letzter Einlass um 16 Uhr. 24., 25. und 31. Dezember geschlossen.
  • Corona-Regeln: Derzeit gilt die Pflicht, eine medizinische oder FFP2- Maske zu tragen, sowie Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises oder eine Bescheinigung über einen PCR-Test (nicht älter als 48 Stunden). Kontaktdaten werden an der Kasse, über die Luca-App oder das Kontaktformular registriert, das es unter www.schloss-mannheim.de gibt. pwr

Das sei aber nur eine „erste Etappe“ gewesen und solle weitergehen, versprach Hörrmann zusätzliche digitale Projekte. Die dazu geschaffene Personalstelle sei verlängert, und er habe „erste Signale aus dem Landtag“, dass die nötigen Gelder für weitere digitale Darstellungen bewilligt würden, freute er sich.

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Das alles diene der, wie er sagte, „Kernaufgabe“ der Staatlichen Schlösser und Gärten, die für 62 Monumente im Südwesten mit zusammen – in 2019 – rund vier Millionen Besuchern verantwortlich sind.

„Wir brauchen Akzeptanz“

Sie fungierten als Gelenk zwischen Wissenschaftlern wie Kunsthistorikern und Restauratoren, die alles zur Erforschung und für den Erhalt der Gebäude und Gärten tun, sowie den Besuchern. Ihnen wolle man „breitenwirksam und barrierearm den Zugang zum kulturellen Erbe ermöglichen“. Und zur attraktiven Vermittlung zählten heute auch zwingend digitale Angebote. „Wir wollen Mauern zum Reden bringen“, so Hörrmann. Dabei gehe es auch darum, in einer sich ständig mehr fragmentierenden Gesellschaft, deren Mitglieder aufgrund unterschiedlicher Biografien nicht mehr alle einen Bezug zu Schlössern, Burgen und Klöstern hätten, dennoch die Überzeugung zu bewahren, dass sich die Erhaltung der historischen Bauten mit Steuergeldern lohne. „Wir brauchen Akzeptanz, wir brauchen Relevanz“, so Hörrmann. Daher suche man immer nach neuen Geschichten und modernen Ansätzen zur Vermittlung.

Dabei räumte er ein, dass dies gerade in Mannheim schwierig sei. Zwar stehe das Schloss für eine „nach wie vor die Stadt und die Region prägende Identität – die Kurpfalz“, so der Geschäftsführer. Doch der Barockbau sei „ein geschundenes Schloss, Zeugnis einer geschundenen Geschichte“, da mit dem Verlust der Residenz 1788 viele Kunstschätze nach Bayern abgegeben wurden und nach dem Zweiten Weltkrieg lediglich die Fassade wieder aufgebaut wurde, wegen der Nutzung für Behörden und die Universität aber kaum Innenräume.

Hiram Kümper, Lehrstuhlinhaber der Uni Mannheim, und die für die Kurpfalz zuständige Konservatorin Uta Coburger der Staatlichen Schlösser und Gärten zeichneten die Geschichte der Residenzgründung durch Carl Philipp und die einstige barocke Pracht nach. Dabei äußerte Coburger Unverständnis, „dass eines der größten Barockschlösser Europas auf einer Verkehrsinsel steht – vorne eine sechsspurige Straße, hinten rückten ihm Straßen und Bahngleise so auf die Pelle, dass man die Güterzüge in der Beletage hört“. Mit einer Fassade an der Schauseite von 400 Metern habe das Schloss „gigantische Ausmaße“ und enorme politische Bedeutung aufgrund der herausgehobenen Rolle der pfälzischen Kurfürsten im Reich. Nicht festlegen wollte sie sich zu der oft gehörten Aussage, Mannheim habe ein Fenster mehr als das Schloss Versailles. „Das kann man leicht behaupten“, sagte sie schmunzelnd, denn schon 1795 seien Hofoper und Ballhaus abgebrannt und nie mehr aufgebaut worden.

Redaktion Chefreporter

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