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Mannheims DHBW-Rektor und Studiengangleiter streiten vorm Landgericht

Ein Studiengangleiter greift Mannheims DHBW-Rektor Georg Nagler in Mails scharf an - und 131 Kollegen lesen mit. Vor dem Landgericht will Nager eine einstweilige Verfügung erwirken. Am Ende gibt es keinen Gewinner des Rechtsstreits

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Sebastian Koch
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An der DHBW Mannheim lernen mehr als 5700 Männer und Frauen in einem dualen Studium. © dhbw mannheim

Mannheim. Mehr als 5700 Menschen studieren an der Dualen Hochschule (DHBW) in Mannheim. Georg Nagler leitet die zweitgrößte Studieneinrichtung der Stadt seit 2013. Zuletzt hatte der Rektor im „MM“-Interview über fehlende Lehrräume gesprochen und sich mit Kritik der Studierendenvertretung, die DHBW arbeite nicht nachhaltig, auseinandergesetzt.

Dass Studierendenvertretungen Rektorate kritisieren - das ist nicht außergewöhnlich. Dass es an der DHBW aber einen Streit zwischen Rektor und einem Studiengangleiter - also zwei wichtigen Akteuren - gibt, der am Mittwoch in einer öffentlichen Verhandlung drei Stunden lang das Landgericht beschäftigt, ist durchaus bemerkenswert.

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Ein Studiengangleiter hatte den Rektor in Mails persönlich wie fachlich scharf attackiert. Die Schreiben wurden nicht nur Nagler geschickt, sondern haben einen 131 Personen umfassenden Verteiler aus Professorinnen und Professoren sowie weiteren Funktionsträgern der Dualen Hochschule erreicht. Der Studiengangleiter unterstellt Nagler Verletzungen seiner Pflichten und dass er dem Amt nicht gewachsen sei. Den Verteiler ruft er zur im Landeshochschulgesetz verankerten Abwahl des Rektors auf. Nagler würde etwa die Lüge als „alltägliches, selbstverständliches Führungsinstrument“ gebrauchen; wegsehen, wenn Studierende und Kollegen schikaniert würden; auf Kosten der DHBW zu viele Auslandsreisen machen oder Vetternwirtschaft nicht bekämpfen.

Nagler bezeichnet die Angriffe in einer eidesstattlichen Versicherung als „falsch und grob ehrverletzend“ und stellt einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Schriftlich nimmt darauf der Studiengangleiter Stellung, begründet seine Vorwürfe. Mails und Stellungnahmen sind dieser Redaktion anonym zugestellt worden.

Angespanntes Verhältnis

Zur inhaltlichen Beurteilung der „teilweise unstreitig überspitzt formulierten“ Vorwürfe brauche man tiefergehende Einblicke in den Betrieb, erklärt der Vorsitzende Richter Kai Brauneisen. Es gehe heute nur um den Antrag auf eine einstweilige Verfügung. „Wir befassen uns mit der Frage, ob die Äußerungen gegen Herrn Nagler zulässig sind oder nicht“, sagt der Jurist. „Es geht nicht um eine inhaltliche Aufarbeitung.“

Fast eine Stunde lang erklärt Nagler, weshalb Vorwürfe nicht zuträfen, ihn diskreditierten und ehrenrührig seien. Ein Teil der Diskussion dreht sich etwa um eine automatische Jalousie, die mehrfach am Tag - witterungsunabhängig - Minuten lang herunterfährt. Weil das schon jahrelang den Betrieb störe, aber nicht geändert werde, sieht der Studiengangleiter darin eine „Schikane“. Nagler entgegnet, das Problem sei bereits an das für die Gebäude zuständige Vermögen- und Bauamt gemeldet. „Ich schikaniere niemanden und sehe auch nicht weg, wenn jemand schikaniert wird.“

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Vieles dreht sich in der Debatte, die mit scharfen Argumenten in sachlichem Ton geführt wird, um Semantik. Was heißt „Schikane“, was ist eine „Lüge“? Was fast philosophisch klingt, unterscheidet aber auch zwischen Meinungsfreiheit und verbotenen Äußerungen. „Es geht oft um Nuancen, die entscheiden, ob man etwas sagen darf oder nicht“, sagt Brauneisen.

Überwiegend sprechen die Protagonisten. Ihre Anwälte flüstern ihnen häufig ins Ohr, ansonsten verfolgen sie die Diskussion, in der Rektor und Studiengangleiter oft übereinander, aber selten miteinander reden. Es fällt schwer, sich vorzustellen, wie die beiden nach Ausgang des Streits weiter an der DHBW zusammenarbeiten können.

Richter: Kritik versachlichen

Der Studiengangleiter - der laut Brauneisen auch in der Vergangenheit der Organisation an der DHBW „kritisch gegenüberstand“ und „teilweise unter Bemühungen auch externer Instanzen“ versucht hatte, tätig zu werden - fühlt sich in einigen Punkten nicht richtig verstanden. Er sagt, Vorwürfe teilweise pointiert und zugespitzt zu haben. „Ich kann Kollegen nicht zumuten, 20 Seiten zu lesen - das muss auf den Punkt gebracht werden.“ Er zweifle nicht daran, dass Naglers Auslandsreisen rechtens seien. Ihm missfalle aber, wenn sich der Rektor oft im Ausland befinde, während finanzielle Mittel zur Besetzung von Professorenstellen seit Jahren knapp seien. An der DHBW liege vieles im Argen, was die Zuspitzungen verdeutlichen sollten. „Ich kann nicht nachweisen, dass er täglich lügt“, sagt er. „Er sagt mir an einem Tag das und macht drei Tage später das genaue Gegenteil.“

Brauneisen fürchtet, der Streit könne sich ziehen. Bei jedem Urteil werde jemand die höhere Instanz bemühen. Er schlägt deshalb vor, der Studiengangleiter passe in einer Ehrenerklärung die Vorwürfe so an, dass Kritik an der Amtsführung - mit der sich Nagler auseinandersetzen müsse - sachlich bestehen bleibt, ehrverletzende Passagen aber außen vor bleiben. Über die Formulierung der insgesamt sieben zur Verhandlung stehenden Punkte diskutieren die Parteien eine Stunde - das Vertrauen in die Gegenseite fehlt.

Nach einer Unterbrechung stimmen sie der Ehrenerklärung schließlich zu. Einen juristischen Gewinner kennt dieser Ausgang nicht. Der Studiengangleiter passt alle im Antrag aufgeführten Äußerungen öffentlich an, muss die aber nicht an den Mailverteiler schicken. „Mir ist klar, dass das heute nicht dazu beigetragen hat, alle Probleme zu lösen“, sagt Brauneisen. „Es ist mir aber ein großes Anliegen, dass die Diskussion wieder sachlich geführt wird. Damit wäre schon viel gewonnen.“ Beide Professoren verlassen Sitzungssaal 5 - getrennt voneinander. Natürlich.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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