Mannheim. Phishingmails, Sextortion oder Skimming: Zahlreiche Betrugsversuche über das Internet sind einer großen Öffentlichkeit bereits bekannt. Viele Menschen sind deshalb auf der Hut, wenn es um betrügerische Mails, die Frage nach Nacktfotos über Whatsapp oder Einkäufe im Internet geht. Doch Betrüger lassen sich immer wieder neue Ideen einfallen, um an das Geld anderer Leute zu kommen.
Dass Anja M. (Name von der Redaktion geändert) einmal auf eine solche Masche hereinfallen könnte, hätte sie sich niemals vorstellen können; und doch ist ihr genau das passiert. „Ich leide wirklich, es geht mir echt schlecht. Aber wenn ich mit der Veröffentlichung meiner Geschichte jemanden davor bewahren kann, auch darauf hereinzufallen, dann mache ich das natürlich“, berichtet die Mannheimerin im Gespräch mit dem „MM“.
Betrügerische Maschen im Online-Dating und Krypto-Handel
Dass ihr Peiniger es auf Geld abgesehen haben könnte, kommt M. überhaupt nicht in den Sinn. Denn die alleinerziehende Mutter wünscht sich einen neuen Partner und lernt ihn auf der Dating-Plattform Bumble kennen. Er stammt angeblich aus Frankfurt und arbeite im Bankwesen, lässt er wissen. Die Beiden schreiben sich oft, verstehen sich gut und wechseln von Bumble auf Whatsapp. Er teilt mit ihr seine Erfolge beim Online-Trading, also beim internetbasierten Handel und fragt sie ganz subtil nach ihrer Lebenssituation aus, ihrer Wohnsituation, nach ihren Finanzen - als Banker ganz normal, wie er auf ihre Nachfrage beteuert. „Hätte mich jemand angerufen und danach gefragt, hätte ich sofort aufgelegt. Aber da wir schon so lange Kontakt hatten und wir uns ja schließlich beide auf Partnersuche befanden, habe ich nichts Böses erwartet“, rekapituliert M..
Schließlich ist ja auch er offen, was seine Finanzen betrifft. Er zeigt ihr auf einer App, wie lukrativ er mit der Krypto-Währung Ethereum handelt: Aus 200 Euro werden innerhalb weniger Tage 280 Euro. Das ist der Köder. Doch M. hat zunächst kein Interesse am Online-Trading. Er „leiht“ ihr 3 000 Euro, die er auf ihren Namen bei der App anlegt. Daraus werden 10 000 Euro - und sie beißt an. „Ich habe nie an der Echtheit dieser App gezweifelt. Das war das Problem. Ich hätte überhaupt nicht für möglich gehalten, dass so etwas funktioniert“, berichtet sie. Dass die App ein Fake ist und zu Betrugszwecken entwickelt wurde, weiß M. zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Die vermeintlich ihr gehörenden 10 000 Euro bleiben auf ihrem Trading-Konto liegen, das sie für echt hält.
Als Zielscheibe eines Krypto-Betrug: Staatsanwaltschaft ermittelt
Bei den folgenden Kontaktaufnahmen versichert sich der Betrüger per Whatsapp, dass sie gerade abgelenkt ist - mit den Kindern, Sport, Kochen. Ist dies der Fall, bittet er sie, doch mal kurz in die Krypto-App zu klicken und schnell eine Entscheidung zu treffen und immer wieder Geldbeträge zu investieren. Insgesamt kommen rund 15 000 Euro zusammen. Als sie sich ihren vermeintlichen Gewinn auszahlen lassen möchte - 180 000 Euro liegen inzwischen auf ihrem Krypto-Konto - soll sie eine Auszahlungsgebühr von rund 30 000 Euro bezahlen. „Zu diesem Zeitpunkt war ich schon so brainwashed, dass ich das Geld bezahlt habe, um das investierte Geld zurück zu bekommen.“
Doch nach der Bezahlung der Gebühr soll sie nun weitere 50 000 Euro Steuern auf ihren Gewinn bezahlen - nach einem Krypto-Gesetz, das es gar nicht gibt. Bei dieser Forderung fällt der Groschen, und sie bezahlt nicht. Sie weiß, dass sie ihren Gewinn selbst versteuern muss, nicht jedoch das Krypto-Unternehmen. Anfang Januar erstattet sie Anzeige bei der Polizei. Dort ist die Betrugsmasche bereits bekannt, wie die Geschädigte berichtet. „Bis dahin habe ich nie daran gedacht, dass ich das Geld nie wieder sehe.“, sagt M. Die Krypto-App ist jedoch eine Fälschung. In ihrem Fall ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft.
„Ich habe jetzt kapiert: Ich war das perfekte Opfer“, sagt die alleinerziehende Mutter. Denn in einer Partnerschaft hätte man über die Überweisungen geredet und wäre im Gespräch vielleicht darauf gekommen, dass etwas nicht stimmt. Rückblickend wünscht sie sich, schon vorher von dieser Betrugsmasche gehört zu haben.
Diese Betrugs-Masche hat das Bundeskriminalamt (BKA) schon länger auf dem Schirm. Es empfiehlt Bürgern, sich im Internet durch die Warnhinweise der Polizei zu klicken, um nicht Opfer einer Straftat zu werden. „Die Bandbreite an Gefahren im Internet ist groß“, warnt ein BKA-Sprecher. Ein Blick auf die beiden empfohlenen Websites macht deutlich, wie viele unterschiedliche Betrugsmaschen bekannt sind: Allein unter der Rubrik „Betrug“ finden sich 18 Unterpunkte - darunter Finanzagenten, Gewinnversprechen und Scamming, etwa „Love-Scamming“, Betrug mit falschen Geldversprechen oder falscher Identität.
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