Mannheim. Fast 13 Prozent der Menschen in Deutschland sind von sexualisierter Gewalt betroffen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Dunkelfeldstudie zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, die an diesem Montag in Mannheim vorgestellt wurde.
Durchgeführt hat die repräsentative Untersuchung, für die Personen zwischen 18 und 59 Jahren befragt wurden, das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) im Rahmen des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit (DZPG). Koordinator der Untersuchung ist Harald Dreßing, Leiter der Forensischen Psychiatrie am ZI.
Mannheimer Studie: Mädchen werden öfter Opfer im Familien und Freundeskreis
Die Betroffenenrate betrug demnach bei Frauen 20,6 Prozent, bei Männern lag sie bei 4,8 Prozent. Auffällig sei, so heißt es in einer Vorabveröffentlichung, dass Männer häufiger sexualisierte Gewalt in Sport- und Freizeiteinrichtungen, im kirchlichen Kontext und im Rahmen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe erlebt haben.
Mädchen hingegen werden häufig Opfer im Familien- oder Freundeskreis. Mehr als jeder Dritte hat niemandem von den Übergriffen erzählt. Das Tabu bei dem Thema ist groß, viele Opfer schämen sich und machen häufig sich selbst für das, was passiert ist, verantwortlich. Nur selten gehen die Betroffenen zur Polizei und erstatten Anzeige, die Täter kommen so ungeschoren davon oder suchen sich gar weitere Opfer.
ZI-Studie zeigt: Sexualisierte Gewalt im Internet wirkt lange nach
Von sexualisierter Gewalterfahrung über das Internet und soziale Medien berichten in der Untersuchung knapp 32 Prozent der Befragten. Die Betroffenen hatten ungewollt Kontakt mit sexuellem und pornografischem Material, sie wurden zu sexuellen Handlungen aufgefordert oder sollten sexuelle Bilder beziehungsweise Videos teilen.
Dass das Erlebte lange nachwirken kann, Betroffene auch noch Jahre nach den Taten leiden, zeigt das psychische Befinden der von sexualisierter Gewalt Betroffenen, das schlechter war als das der Nichtbetroffenen.
Hohes Dunkelfeld bei sexualisierten Gewalterfahrungen vermutet
Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist seit langem ein drängendes Problem. Einmal mehr bestätigt sich mit der neuen Studie, dass das Dunkelfeld hier erheblich größer ist als das Hellfeld. Zwischen ausermittelten Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen - im Jahr 2024 waren das laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) rund 18.000 - und dem, was im Dunkeln bleibt, weil sich die Betroffenen nicht zu erkennen geben, ist erheblich.
Mit Blick auf die Orte, wo sexualisierte Gewalt stattfindet, gibt die Untersuchung neue Hinweise, dass nämlich Übergriffe auf männliche Betroffene vielfach in institutionellen Kontexten, etwa dem Sportverein oder der Kirchengruppe, passieren. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit differenzierter Schutzkonzepte, betonen die Studienautoren.
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