Hotellerie

Mannheimer Steubenhof-Hotel wird zum Pflegeheim

Von 
Peter W. Ragge
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Aus nach 20 Jahren: Das Steubenhof-Hotel in der Steubenstraße mit Restaurant und fünf Tagungsräumen bleibt auf Dauer geschlossen. Es wird für vier Millionen Euro umgebaut zum Pflegeheim. © Michael Ruffler

Seit über einem Jahr ist es geschlossen - und das bleibt es auch auf Dauer: Das Best Western Steubenhof Hotel wird das erste große Opfer der Corona-Pandemie unter der Mannheimer Hotellerie. Die Eigentümer, das Familienunternehmen Diringer & Scheidel, werden das 2001 eröffnete Haus im Niederfeld für vier Millionen Euro zum Pflegeheim umbauen. Der Bauantrag dafür soll noch diese Woche eingereicht werden.

„Es schmerzt, wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht“, sagt Achim Ihrig, Mitglied der Unternehmensleitung von Diringer & Scheidel, auf Anfrage. Er ist verantwortlich für die Pflegeheim-Tochter Avendi wie auch die Ariva Hotel GmbH. Nach dem 1998 eröffneten Boardinghaus Platanenhof Käfertal war der Steubenhof das zweite Hotel und damals der Auftakt für das Engagement des Familienunternehmens in der Branche. „Schon deshalb haben wir lange überlegt“, sagt Ihrig.

Ein Bau von Schmucker

Das 4-Sterne Hotel bot 79 komfortable Hotelzimmer und Suiten, deren stilvolle Inneneinrichtung die Frau des Firmenchefs, Evi Scheidel, selbst entwarf. Geplant hat es das Architekturbüro Schmucker als Herzstück des größeren Komplexes Steubenhaus, in dem sich zudem 75 Wohnungen sowie eine Apotheke und mehrere Arztpraxen befinden. Das Investitionsvolumen betrug damals 50 Millionen Mark - heute wären das 25 Millionen Euro.

„Aber nach 20 Jahren hätten wir das jetzt komplett renovieren müssen“, so Achim Ihrig, „oder eben eine neue Nutzung finden, denn wir wollen keine leerstehende Immobilie haben“. Die Schließung durch die Corona-Pandemie habe die Entscheidung nicht ausgelöst, sondern letztlich nur beschleunigt, erklärt er. Ausschlaggebend war laut Ihrig „die schwierige Situation der Branche“. Der wachsende Wettbewerb in der Mannheimer Hotellerie hätte die wirtschaftliche Fortführung des Hotels früher oder später in Frage gestellt. Alleine rund um den Hauptbahnhof gebe es inzwischen gleich mehrere Hotels vergleichbarer Kategorie, die jünger seien.

„Wir mussten also entscheiden, ob sich die nicht unbeträchtlichen Kosten für eine umfassende Hotelrenovierung bei der Konkurrenzsituation und einer unter Umständen sinkenden Auslastung tatsächlich wirtschaftlich darstellen lassen“, so Ihrig: „Und dem ist dem nicht so,“ fasst er zusammen. Die Ariva Hotel GmbH werde sich deshalb im Mannheimer Süden auf den Betrieb des Best Western Plus Hotels LanzCarré im Glückstein-Quartier konzentrieren, wozu auf der anderen Seite des Hauptbahnhofs das in 2019 eröffnete Hilton Garden Inn (das wegen Corona aber derzeit auch geschlossen ist) sowie ferner das Radisson Blue in Q 7 zählt.

Während der Hotelmarkt schwierig sei, sieht Ihrig wachsende Nachfrage nach Pflegeeinrichtungen. „Der Bedarf wird weiter zunehmen“, ist er überzeugt. Bisher betreibt Avendi 19 vollstationäre Heime, darunter vier in Mannheim, sowie fünf ambulante Pflege- und Betreuungsdienste.

Erstmals auch Tagespflege

Ihrig geht davon aus, dass das neue Haus sehr gut angenommen wird. Die Lage direkt an einer Stadtbahnhaltestelle der Linie 3 sei auch für Besucher ideal: „Neben der üblichen Kurz- und Langzeitpflege möchten wir erstmals auch eine Tagespflege mit 15 Plätzen anbieten“, kündigt er an. Nach kräftigem Umbau soll das Haus mit 70 Pflegeplätzen in fünf Wohngruppen zur Jahresmitte 2022 in Betrieb gehen. Auch wenn es bei Zimmergrundrisses, Gemeinschaftsflächen sowie Küche und Hauswirtschaft viele planerische Parallelen zwischen Hotel- und Pflegeimmobilien gebe, fehlten doch Freiflächen für die pflegerisch betreute Wohngruppen. Zudem müssen laut Ihrig „erhebliche Umbauten und Investitionen in Hinblick auf Brandschutz, Barrierefreiheit, sanitäre Anlagen und die Gebäudeinfrastruktur und -technik erfolgen“.

Von den derzeit 20 Hotel-Mitarbeitern werde „keiner entlassen“, betont der Geschäftsführer. Der Koch etwa solle im Pflegeheim weiter am Herd stehen, andere Mitarbeiter kommen in den übrigen Hotels oder Firmen der Diringer & Scheidel-Gruppe unter. Der beliebte Hotel-Generaldirektor Leandros Kalogerakis, der sich auch stets sehr um die Einbindung des Hotels in Neckarau bemühte, bleibt bis zur Pensionierung ebenso an Bord. Er war ja schon bisher auch für den Platanenhof und das LanzCarré zuständig. Kalogerakis hatte viele Veranstaltungen wie die Neckarauer Gesundheitswoche beherbergt, Weihnachtsmärkte und Kunstausstellungen organisiert und war dafür 2020 von der Gemeinschaft der Selbständigen (GdS) Neckarau mit der Ehrenmedaille ausgezeichnet worden.

Hotel-Branche

Die Lage der Hotel-Branche generell und besonders in Mannheim gilt als katastrophal.

Kongressgäste, die sonst für viele Übernachtungen sorgen, gibt es ebenso wenig wie Besucher kultureller Veranstaltungen in Theater, SAP Arena oder von Ausstellungen. Touristische Übernachtungen sind wegen der Corona-Pandemie verboten. Firmen haben ihre Dienstreisen drastisch reduziert. Die Auslastung pendelt zwischen 10 und 15 Prozent.

Einige Häuser sind derzeit komplett oder zumindest an Wochenenden geschlossen. Andere wurden neu eröffnet (zwei auf dem ehemaligen Postgelände am Hauptbahnhof) oder sind zwar fertig gebaut, aber noch gar nicht eröffnet worden, etwa das Holiday Inn im Glücksteinquartier.

Im Bau sind derzeit ein Hotel im E-Gebäude der Taylor-Kaserne, das neue Motel One im Postgebäude am Paradeplatz und der Umbau von J 1, 7-8, wo Supermarkt und Hotel geplant sind. Die Accor-Gruppe verzichtet auf ihre zwei geplanten Hotels Ibis und Ibis Budget im Postquadrat. pwr

Redaktion Chefreporter

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