Bundestagswahl

Mannheimer SPD setzt voll auf Cademartori und Geschlossenheit

Die Mannheimer SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori freut sich über ein "hervorragendes Ergebnis", mit dem sie für Wahl in einem Jahr nominiert ist. Ein prominenter Gast aus Berlin meint, es könne auch schneller gehen

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Steffen Mack
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Die Mannheimer SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori. © dpa

Mannheim. Vor der Abendakademie hängen zwei SPD-Banner. Dahinter wird mit einem Poster für das Kursprogramm geworben. Darauf steht „Liebe oder so“. Das ist eine interessante Ausgangsfrage für die erneute Nominierung Isabel Cademartoris.

Als sie bei der Bundestagswahl 2021 das Direktmandat nach 16 Jahren für ihre Partei zurückgewann, dankten ihr das vielleicht nicht alle in der Mannheimer SPD mit Liebe, aber mit größter Begeisterung. Zuletzt indes war es bei einigen eher „oder so“. In den Konflikten zwischen Jusos und Partei-Establishment stand sie stark aufseiten des Nachwuchses.

Cademartori holte 2021 einziges SPD-Direktmandat in Süddeutschland

Ohne die Spannung kaputtmachen zu wollen: An diesem Abend geht es wieder in die andere Richtung. Nach eineinhalb Stunden liebevoller Reden ohne kritischen Unterton wird Cademartori mit 88 Prozent der Stimmen erneut zur Kandidatin gewählt. Im Gespräch mit dem „Mannheimer Morgen“ nennt sie das Ergebnis „hervorragend“. Sie berichtet auch von einer besonderen Glückwunsch-SMS, die sie danach erhalten habe.

Geschrieben hat sie jener Mann, der um 17.50 Uhr allein und unauffällig in die Abendakademie geschlendert ist. Der SPD-Kreisvorsitzende Stefan Fulst-Blei erzählt, früher als Berufsschullehrer habe er seinen Klassen immer gesagt, wenn Prominente gekommen seien: „Schaut euch die Leute an, die ihr aus dem Fernsehen kennt.“ Danach wüssten sie auch, dass diese tatsächlich existierten.

Gruppenbild mit Dame: Die SPD-Genossen Boris Weirauch (v.l.), Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich, Stefan Fulst-Blei und Sascha Brüning stehen Isabel Cademartori in der Mannheimer Abendakademie in jeder Hinsicht zur Seite. © Steffen Mack

So können jetzt knapp 100 Menschen aus Mannheim bezeugen, dass es Rolf Mützenich wirklich gibt. Den Chef der SPD-Bundestagsfraktion begrüßt Fulst-Blei „in der schönsten Stadt Baden-Württembergs“. Landtagskollege Boris Weirauch schwärmt auch von der „sozialdemokratischsten Stadt“. Neben Cademartoris sehr guter Arbeit in Berlin gebe es hier viele weitere Mandats- und Funktionsträger, die tagtäglich für ihre Partei kämpften.

Cademartori attackiert in Mannheim CDU-Chef Merz

Weirauch erinnert daran, dass drei Monate vor der letzten Bundestagswahl „niemand uns auf dem Zettel hatte“. Er auch nicht, räumt der Landtagsabgeordnete ein. Aber sie hätten das Blatt doch noch gedreht.

Cademartori meint einen Weg zu sehen, wie das auch diesmal gelingen könnte. In ihrer kämpferischen, heftig beklatschten Rede attackiert sie vor allem Friedrich Merz. Ihre ersten Worte sind sein Zitat „Wir tun damit auch den Frauen kein Gefallen“. Damit begründete der CDU-Kanzlerkandidat, wieso es mit ihm im Kabinett keine Geschlechterparität geben werde. Cademartori bezweifelt, ob Frauen eine krassere Fehlbesetzung wären als die früheren CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer.

Die 36-Jährige wirft Merz vor, das Land ins vorherige Jahrhundert zurückführen zu wollen. Heute sei die Gesellschaft weitaus vielfältiger, speziell in einer Stadt wie Mannheim. „Bei allen Debatten um Migration dürfen wir die gemeinsame Menschlichkeit nicht vergessen.“

Zur Person: Isabel Cadematori

  • Am 9. Januar 1988 wurde Isabel Cademartori in Brandenburg geboren. 1989 zog die Familie für elf Jahre nach Chile, die Heimat des Vaters.
  • 2007 kam sie nach Mannheim, studierte BWL und Wirtschaftspädagogik. Danach arbeitete Cademartori als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität.
  • 2013 trat sie in die SPD ein. Zunächst engagierte sie sich in der Innenstadt als Bezirksbeirätin. 2019 wurde Cademartori in den Gemeinderat gewählt. Den Sitz darin gab sie vor zwei Jahren auf, nachdem sie 2021 als Wahlkreissiegerin in den Bundestag eingezogen war. 

 

Cademartori zählt einige Erfolge auf, die - trotz schwierigster Zeiten - die SPD-geführte Bundesregierung erzielt habe. So nennt die verkehrspolitische Sprecherin ihrer Fraktion das Deutschlandticket „die größte revolutionäre Maßnahme im öffentlichen Nahverkehr“. Sie räumt allerdings auch ein, dass die Ampel viele Erwartungen enttäuscht habe. Künftig müsse man weniger versprechen und mehr halten, sagt Cademartori.

Die Abgeordnete endet mit einer Hommage an die örtlichen Genossen: „Der Geschlossenheit der Mannheimer SPD habe ich es zu verdanken, dass ich das einzige Direktmandat in Süddeutschland geholt habe.“ Sie sei sehr zuversichtlich, dass dies ein weiteres Mal gelinge.

Befürchtet SPD-Frakionsschef Mützenich den Bruch der Ampel?

Mützenich richtet ihr herzliche Grüße von 205 weiteren SPD-Abgeordneten aus (zwei davon beehrt er an diesem Tag ebenfalls bei Nominierungsveranstaltungen in Heidelberg und Heilbronn). „Wir sind sehr froh, dass wir Isabel in unseren Reihen haben.“ Sie tue alles für den Zusammenhalt, schärfe mit „Ecken und Kanten“ aber auch das Profil der SPD. Was sie soeben über Merz gesagt habe, finde er sehr schön. „Das musst du vielleicht auch nochmal im Bundestag wiederholen.“

Trotz allen Gegenwinds laufe seine Partei nicht vor ihrer Verantwortung davon - anders als andere. Sie bereite sich intensiv auf die Wahl vor, wann immer die sei. Er hoffe, dass es beim 28. September 2025 bleibe. Offensichtlich hält der Fraktionschef einen Bruch der Ampel keineswegs für unmöglich.

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Dann muss Mützenich weg. Den Strauß, den Cademartori nach ihrer Wahl überreicht bekommt, sieht er nicht mehr. Ihm entgehen auch weitere verbale Blumen für die Abgeordnete, die nach eigener Berechnung bereits mehr als 20 Millionen Euro an Fördermitteln nach Mannheim geholt hat. Daimler-Gesamtbetriebsrat Stefan Höß lobt auch ihren immensen Einsatz für 1500 bedrohte Evobus-Arbeitsplätze. So habe man 1400 bis Ende 2033 retten können. Ulrike Kahlert, SPD-Ortsvereinsvorsitzende auf der Rheinau, dankt unter anderem hymnisch für den Erhalt des dortigen Freibads.

Kahlert outet sich überdies als gebürtige Sauerländerin und urteilt: „Ich will nicht, dass ein Sauerländer Kanzler wird!“ Das würde Merz wohl nicht gern hören. Fraktionschef Reinhold Götz, der danach ans Mikrofon tritt, befindet sogleich: „Da bin ich ja froh, dass ich gebürtiger Mannheimer bin.“ So mischt sich in all die Harmonie und Geschlossenheit eine Brise Erleichterung.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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