Mannheim. „Das ist aber schön hier. Das kommt auf den Bildern gar nicht rüber“, freut sich die Tochter von Waltraud Kapser, als sie ihre Mutter auf die Terrasse begleitet. Die Seniorin besucht die Tagespflege in der Gotenstraße 13 seit der Eröffnung am 1. August. Heute ist sie die einzige Kundin. Gleich nach ihrer Ankunft wird sie von der Pflegehilfskraft Mikelya Ade liebevoll umsorgt: „Möchten Sie ein Wurst- oder ein Marmeladenbrot zum Frühstück?“ Kapser ist begeistert: „Ach, das ist toll, da wird man sogar bedient.“
In einer Tagespflege verbringen Senioren den Tag, schlafen aber zuhause. „Das soll ihnen den Heimaufenthalt ersparen, ist aber trotzdem eine große Entlastung für Angehörige, die sich vorher den ganzen Tag gekümmert haben“, sagt Thomas Marzenell, Geschäftsführer und Gründer der Vida Tagespflege.
Retro-Einrichtung soll für Wohlbefinden sorgen
Das Besondere an der Pflegeeinrichtung ist die Innenausstattung. „Alles ist hier im Retro-Look eingerichtet, damit sich unsere Kunden gleich wohlfühlen“, erzählt Marzenell. Und das ist nicht übertrieben. Aus einem Radio aus den 50er Jahren schallen deutsche Schlager, eine alte Vesta-Nähmaschine steht im Flur, in der Küche wurde ein antiker Schrank liebevoll mit altem Porzellan bestückt. Ein Raum wurde komplett im 70er- Jahre-Look eingerichtet, mit Schallplatten an der Wand, Ausschnitten von bunter Tapete und einem grünen Telefon mit Wählscheibe. Um den Service zu vervollständigen, sollen in zwei noch leerstehende Räume ein Friseur und eine Fußpflege einziehen.
Pflegemöglichkeiten für ältere Menschen in Mannheim
- Ambulante Pflege: Pflegekräfte unterstützen Pflegebedürftige in ihrem häuslichen Umfeld. Mitarbeiter eines professionellen, mobilen Dienstes kommen zu ihnen nach Hause.
- Tagespflege: Das ist eine Form der teilstationären Pflege, bei der pflegebedürftige Menschen tagsüber in einer Einrichtung betreut werden, aber zuhause schlafen.
- Seniorenheim: Hier werden pflegebedürftige ältere Menschen stationär betreut. Die Bewohner übernachten dort.
- In Mannheim werden alle drei Betreuungsformen angeboten.
- Neben den bekannten Anbietern, wie Caritas oder Deutsches Rotes Kreuz, gibt es viele weitere private Anbieter auf dem Markt.
- Bei allen drei Betreuungsformen wird ein Teil der Kosten von der Pflegeversicherung übernommen, der Eigenanteil ist dabei von vielen verschiedenen Faktoren abhängig.
- Auskunft über die Kostenübernahme erhält man bei seiner Krankenkasse und der Pflegeversicherung. smz
„Ich habe einige Tagespflegen angesehen, und viele haben mich an ein Krankenhaus erinnert“, sagt Marzenell. Das habe er für seine Einrichtung nicht gewollt. Er wolle, dass die Seniorinnen und Senioren „Erinnerungen mit dem Mobiliar verbinden und so ein persönliches Ambiente schaffen“. Es sei auch gar nicht so einfach gewesen, an die Originalstücke heranzukommen. Teilweise habe er lange gesucht, im Internet, auf Flohmärkten und bei Trödelhändlern. Aber es sei ihm eben wichtig gewesen, dass seine Kunden eine einladende Atmosphäre vorfinden. Und das ist ihm gelungen. Die Zimmer sind hell und freundlich, die Ruheräume gemütlich und einladend gestaltet. Alles ist sauber und gepflegt, außerdem barrierefrei.
Tagespflege soll den Heimaufenthalt ersparen
„Ich komme gerne hierher“, sagt Kapser, die Seniorin, die schon seit zwei Wochen kommt. „Jetzt fehlen nur noch mehr Kunden“, sagt Marzenell. Dass Bedarf bestehe, wisse er. Denn gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Edin Alickovic führt er auch noch einen mobilen Pflegedienst. „Er ist erst vor drei Jahren nach Deutschland gekommen und konnte kein Deutsch. Mittlerweile kann er sehr gut Deutsch, und wir haben schon das zweite Unternehmen eröffnet“, stellt Marzenell anerkennend fest.
Vor zwei Jahren habe er Alickovic kennengelernt. „Wir haben zusammen den ambulanten Pflegedienst gegründet mit dem Ziel, älteren Menschen zu helfen und sie so lange wie möglich zuhause versorgen zu können“, berichtet Marzenell. Denn ein Heimaufenthalt sollte immer die letzte Option sein, ist er überzeugt. Auch für die Tagespflege stehe ein Fahrdienst zur Verfügung, der die Kundinnen und Kunden abholen und nach Hause fahren könne.
Krankenkassen bezuschussen Tagespflege zum großen Teil
Im Moment seien nur zwei Mitarbeiterinnen jeden Tag im Einsatz, „aber das restliche Personal steht schon bereit und wartet nur noch auf seinen Einsatz“, führt Marzenell aus. Laut Marzenell kostet ein Platz bei Vida die Pflegeversicherung 71,66 Euro. Und auch der Eigenanteil von circa 15 Euro könne als Entlastungsbudget oder Verhinderungspflege geltend gemacht werden. Zudem gebe es ein Extra-Budget bei den Krankenkassen, der je nach Pflegegrad die Tagespflege bezuschusst. „Das wissen die wenigsten. Am besten man erkundigt sich bei seiner Krankenkasse“, sagt Marzenell. Wer nicht sicher sei, ob das Zentrum das Richtige sei, könne einen kostenlosen Schnuppertag hier verbringen. Es sei auch nicht verpflichtend, jeden Tag zu kommen, auch einzelne Tage in der Woche seien möglich.
Auch für Abwechslung ist gesorgt: Spiele und Schlager
Damit es den Seniorinnen und Senioren nicht langweilig ist, sorgen die Mitarbeiterinnen für Unterhaltung. „Am Morgen frage ich unsere Kunden, was sie gerne machen würden“, erzählt Pflegedienstleitung Claudia Scherf.
Am Vortag habe man zu Andrea Berg Schlager gesungen. Aber das sei nicht die einzige Möglichkeit: „Wir haben alles da. Gesellschaftsspiele, Rätsel, Memory, Bingo, oder es kann auch Gymnastik werden. Wenn es nicht zu heiß ist, gehen wir auch spazieren.“ Kasper, die heute als Einzige da ist, spiele gerne Mensch-Ärgere-Dich-nicht. Über ein bisschen mehr Gesellschaft würde auch sie sich freuen: „Ja, hoffen wir, dass es bald voller wird.“
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