Mannheim. Eine 77 Jahre alte Frau hat unwissentlich die Rundfunkgebühr für die offenbar geheime Zweitwohnung ihres Ehemanns bezahlt - der schon seit 2008 nicht mehr lebt. Nun versucht ihr Neffe, die Gebühr für sie zurückzuholen. „Bei der GEZ tut man geflissentlich so, als würde mein Onkel noch leben“, berichtet der Neffe, Peter Weinkötz, der sich mit der pikanten Geschichte hilfesuchend an den „MM“ gewandt hat.
Seit Dezember vergangenen Jahres steht Weinkötz laut eigener Aussage im Kontakt mit der Verwaltungsgemeinschaft der Rundfunkanstalten, vormals Gebühreneinzugszentrale GEZ. Seine Tante ist in ein Pflegeheim umgezogen. Weinkötz hatte das Konto, das die Tante früher gemeinsam mit dem Onkel hatte, abgemeldet und dabei entdeckt, dass die Rundfunkgebühr jahrelang doppelt abgebucht worden war. Von der Zweitwohnung haben aber weder er noch seine Tante gewusst. „Es ist völlig unklar, ob nach dem Tod meines Onkels noch jemand in der Wohnung gewohnt und dort ferngesehen hat oder nicht“, meint Weinkötz. „Ich finde es einfach ungerecht, von einem Toten Geld einzuziehen.“
Wie man einen Toten vom Rundfunkbeitrag abmeldet
Er ärgert sich auch darüber, dass der Beitragsservice noch einen Brief an seinen Onkel adressiert habe, nachdem die Sterbeurkunde schon vorgelegen habe. Er will sich dafür einsetzen, die Rundfunkgebühren zurückerstattet zu bekommen. Schließlich habe seine Tante 15 Jahre Rundfunkgebühren für einen Toten bezahlt, es gehe um eine Summe von 2500 bis 3000 Euro. „Ich möchte das Geld gern für meine Tante beschaffen“, sagt Weinkötz.
Rundfunkbeitrag
Der Beitragsservice hat 2013 den Einzug des Rundfunkbeitrags übernommen und ist eine Gemeinschaftseinrichtung von ARD, ZDF und Deutschlandradio, zuvor Gebühreneinzugszentrale (GEZ) aus dem Jahr 1973.
Der Rundfunkbeitrag beträgt 18,36 Euro pro Monat für eine Wohnung und ist gesetzlich geregelt.
Der Beitragsservice verwaltet rund 47 Millionen Beitragskonten und bearbeitet Anmeldungen, die Änderung von Daten sowie Anträge auf Ermäßigung und Befreiung.
Menschen in Alten- und Pflegeheimen können sich beim Beitragsservice abmelden. vg
Eigentlich müssen Hinterbliebene einen Toten vom Rundfunkbeitrag abmelden. Dazu benötigen sie neben der Kopie der Sterbeurkunde eine Abmeldung der Wohnung. Ein Sprecher des Beitragsservice erklärt auf Nachfrage, die Verpflichtung zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen ende nach den gesetzlichen Regelungen erst, wenn die betroffene Wohnung nicht mehr bewohnt wird. Dies müsse der Landesrundfunkanstalt oder dem Beitragsservice mitgeteilt werden. Der Beitragsservice habe jedoch erstmals im März 2024 erfahren, dass die Nebenwohnung in der Collinistraße nicht mehr existiere. Man sei bis dahin davon ausgegangen, dass die Witwe die Nebenwohnung nach dem Tod ihres Ehemannes übernommen und später aufgelöst habe.
Eine rückwirkende Abmeldung sei grundsätzlich nicht möglich. Die Witwe habe nach dem Tod ihres Ehemannes weder eine Abmeldung der Rundfunkempfangsgeräte noch - nach Umstellung auf den wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrag im Jahr 2013 - eine Abmeldung der Nebenwohnung vorgenommen. Dies hatte zur Folge, dass sie auch weiterhin zur Zahlung der Rundfunkbeiträge verpflichtet blieb. „Da die Abbuchungen in der Folge jahrelang unbeanstandet blieben, entstand der Rechtsschein, dass der Kontoinhaber mit den Abbuchungen einverstanden war“, heißt es. Weinkötz meldete auch seine Tante bei der GEZ ab. Er habe die Abmeldung mitsamt dem Nachweis, dass seine Tante in ein Pflegeheim umgezogen ist, im Dezember vergangenen Jahres übermittelt. Die Tante habe sogar schon Post von der GEZ in ebendieses Pflegeheim bekommen. Von der Abmeldung will der Beitragsservice aber nichts wissen. „Diese liegt uns bis heute nicht vor“, erklärt der Unternehmenssprecher.
Wie der Beitragsservice mitteilt, werde für die Abmeldung der Nebenwohnung jetzt ausnahmsweise die Sterbeurkunde zugrunde gelegt. „Unter Berücksichtigung der dreijährigen Verjährungsfrist werden wir die für diese Wohnung ab Januar 2020 gezahlten Rundfunkbeiträge erstatten.“ Verjährte Zeiträume, also die zuviel gezahlten Beiträge zwischen 2008 und 2019, könnten hingegen nicht berücksichtigt werden und seien deshalb nicht erstattungsfähig.
Wer hat nach dem Tod des Mannes in der Wohnung gelebt?
Pikant ist nicht nur, dass das mutmaßliche Doppelleben des Ehemannes 15 Jahre nach dessen Tod durch den Einzug der Rundfunkbeiträge entdeckt worden ist. Auch den Standort der Wohnung hat der Neffe über den Beitragsservice herausbekommen. Auf Nachfrage habe ein Mitarbeiter die Adresse im ColliniCenter genannt. Um welche der vielen Wohnungen es sich handelte, war jedoch nicht herauszufinden. „Es wäre für mich schon interessant, wer da gewohnt hat und von der Rundfunkgebühr profitiert hat - falls es überhaupt so eine Person gab“, sagt Weinkötz. Es könne ihm jedoch niemand sagen, ob in der Wohnung jemand außer seinem Onkel gewohnt habe - weder zu Lebzeiten noch nach seinem Tod.
Die Witwe des Verstorbenen kümmert die Aufregung indes nicht: Aufgrund ihrer inzwischen eingetretenen Demenz hat sie den Umstand, dass ihr Mann eine Zweitwohnung und offenbar ein geheimes Doppelleben hatte, nicht mehr bewusst erfassen können.
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