Polizei

Mannheimer Poserjäger: Wir sind keine Spielverderber

Die Ermittlungsgruppe des Polizeipräsidiums Mannheim will junge Fahrer für Posing sensibilisieren. Bei einem Vortrag in der Heinrich-Lanz-Schule in Mannheim sprechen Polizisten mit Azubis

Von 
Valerie Gerards
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Von der Harley bis zum Ferrari: Mannheim ist nach wie vor ein Anziehungspunkt für sogenannte Poser, wie schon im vergangenen Jahr. © Lisa Wazulin

Mannheim. Die Ermittlungsgruppe Poser des Polizeipräsidiums Mannheim will junge Fahrer für das Posing sensibilisieren und hat die Kfz-affinen Ausbildungsgänge der Heinrich-Lanz- und Carl-Benz-Schule zu einem Vortrag in die Aula der Lanz-Schule eingeladen.

Anstatt der geplanten 120 waren es dann gut 200 Auszubildende, die am Donnerstag den Polizeibeamten Michael Schwenk und Ralf Mayer zuhören wollten, wie sie von ihrer Tätigkeit als „Poserjäger“ berichteten.

Der Tuner steigt bei der Kontrolle aus und hat zwei Leitz-Ordner dabei. Für den ist das ein Erlebnis, mal bei einer Kontrolle dabei zu sein
Ralf Mayer Polizeibeamter

Die Beamten zogen vorab eine klare Grenze zwischen Tunern, Posern und Rasern. Poser hätten ein möglichst lautes Auto mit dicken Reifen, das relativ neuwertig sei. Ihr Ziel: angeben. 80 Euro Bußgeld plus Gebühr koste ein Verstoß, wer mehrmals auffällt, sei schnell bei 1 000 Euro Strafe.

Ganz anders hingegen der Tuner. „Der Tuner steigt bei der Kontrolle aus und hat zwei Leitz-Ordner dabei. Für den ist das ein Erlebnis, mal bei einer Kontrolle dabei zu sein.“ Die Raser seien schwer zu entdecken, dafür gehe es beim Bußgeldbescheid in die Tausende Euro plus Führerscheinentzug. Bei der Frage nach Posern unter den Zuhörern traute sich einer aufzuzeigen. „Wir sehen uns dann“, sagte Mayer, und beide grinsten.

Posing bringt viel Lärm in die Stadt

„Oberstes Ziel ist Ruhe in der Stadt“, sagte Schwenk, und so ging es bei dem Vortrag erstmal um das Thema Lärm. Schließlich sollte vor allem die Problematik des Posings und die damit verbundene übermäßige Lärmbelastung ins Bewusstsein der jungen Männer gerückt werden. 100 Dezibel seien so laut wie eine Kreissäge, zehn Dezibel mehr hörten sich schon doppelt so laut an. „Die Leute können nachts nicht mehr schlafen, aber sie haben ein Recht darauf, dass es leise ist in der Stadt“, betonte Schwenk.

Yüksel (v.l.), Kidane, Luca, Malik und Fabian vor dem BMW I4. © V. Gerards

Getönte Seitenfenster tödlich

Dass aber nicht nur der Lärm, der erwiesenermaßen krank mache, sondern auch das Tuning selbst gefährlich sein könne, erklärten Schwenk und Mayer anhand zahlreicher Bilder - angefangen bei der Manipulation der Abgasanlage über folierte Seitenfenster, dunkel abgetönte Rückleuchten bis hin zu einem BWM, bei dem die inneren Karkassen zentimeterweise sichtbar waren.

Der Fahrer des getunten Wagens habe Glück gehabt, dass er bei seiner Fahrt mit 300 Stundenkilometern nicht zu Tode gekommen sei. Überraschend für die Zuhörer war vermutlich die Aussage, dass auch getönte Seitenfenster tödlich sein können. Im Falle eines Unfalls könne die Feuerwehr das Fenster nicht so einfach einschlagen, um Insassen aus dem Fahrzeug zu befreien.

Verbotene Folien sind extrem teuer

Warum jede Art der Abdunklung von Rückleuchten verboten ist, liegt auf der Hand. Das galt auch für die Methode eines Fahrers, der einen schwarzen Damenstrumpf über die Heckleuchte gezogen hatte. „Da möchte man den Halter wegen Kreativität schon ohne Bußgeld laufen lassen“, witzelte Mayer.

Auch an der Mannheimer Rheinpromenade sind Auto-Poser unterwegs. © Christoph Bluethner

Ob eine Chromfolierung wie auf dem gezeigten Foto zulässig sei, wollte er von den Azubis wissen. Bei „zulässig“ und „nicht zulässig“ hoben sich nur einige Hände, bei „sieht geil aus“ waren die meisten Hände in der Luft, und alle lachten. Mayer ließ durchblicken, dass er dem zustimmte. Jedoch sei die glänzende Chromfolie nicht zulässig und koste zwischen 8 000 und 10 000 Euro. „Das tut schon weh, die mit einem Heißluftfön wieder runter zu holen.“

Mit Autos "Mädels" aufreißen 

Für viele Poser ist hingegen der Klang ihres Autos wichtiger als das Aussehen. Die Soundabteilung sei bei Weitem die teuerste Abteilung bei vielen Autoherstellern, sagte Schwenk. Die Extras seien jedoch nicht immer sinnvoll. So dürfe man beispielsweise eine Klappenauspuffanlage beim Jaguar F-Type durchaus besitzen, aber nicht benutzen.

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Bei alledem zeigten die Polizeibeamten durchweg großes Verständnis für die jungen Fahrer. Als Mayer sagte, er wisse natürlich um die Superlage der Mannheimer Poserstrecke, zum Angeben, Mädels aufreißen, Zeigen, wer das krasseste Auto hat, und das Beeindrucken von „Chicas“, erntete er tosendens Gelächter und zustimmende Rufe. „Wir sind nicht die Spielverderber, wir stehen ja selber auf Autos. Wenn ihr tunt, dann macht es bitte richtig“, appellierte Alex Kuhn, zukünftiger Leiter der Verkehrsgruppe, an die Zuhörer.

Reaktionen der Zuhörer

Nach ihrem Verständnis für die geplagten Innenstadtbewohner gefragt, hat sich die Ansicht einiger Zuhörer nicht verändert. Gustavo bastelt gern an Autos herum, um sie „schöner zu machen“. Er wäre in der Zukunft gern ein Poser, meint der Azubi im dritten Lehrjahr. Er hat Verständnis für beide Seiten, findet jedoch, dass auch andere nachts in der Stadt Lärm machen. Er sieht keinen Unterschied darin, ob er von Autos oder feiernden Menschen ausgeht.

Attila gibt nach kurzem Zögern zu, dass er ab und zu schon gern post. „Der Sound gefällt mir, aber ich fahre nicht schnell. Mein Auto ist ab Werk so laut, das ist alles legal“, sagt er.

Freie Autorin

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