Mannheim. Ein paar Hammerschläge sind nötig, denn er sitzt schon sehr fest. Aber kaum ist das metallische Geräusch verklungen, geht es sehr schnell. Der riesige Faltkran hebt den Schornstein vom Museumsschiff an, hievt ihn langsam auf einen am Ufer bereitstehenden Laster. Damit ist ein wichtiger Meilenstein erreicht. Nächste Woche soll der historische Raddampfer, der derzeit noch am Neckarufer liegt, zu einer Werft nach Köln geschleppt werden – und nach einer Sanierung wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
Mit dem Schornstein würde er nicht unter den Brücken durchpassen.
„Mit dem Schornstein würde er nicht unter den Brücken durchpassen“, erklärt Rolf Götz. Der als Bloomaul geehrte Unternehmer leitet den Verein Museumsschiff Mannheim. Er hat es nach mehrjährigem Kampf geschafft, dass der zuvor dem Technoseum gehörende, 1929 vom Stapel gelaufenen Raddampfer nicht verschrottet, sondern erhalten wird.
Verein "Mannheimer Museumsschiff" will Schiff auf Vordermann bringen
Im April wurde beim Notar der Vertrag unterschrieben, wonach das Technoseum sein – seit 2018 geschlossenes – größtes Exponat an den Verein übereignet. Seither laufen die Vorbereitungen, um das Schiff wieder auf Vordermann zu bringen. Immer wieder tauchten neue, überraschende Hindernisse auf. Beinahe hätte auch die Aktion mit dem Kran nicht geklappt, weil der Antrag, mit dem Kran den Weg zum Neckarufer befahren zu dürfen, lange unbearbeitet bei der Stadt lag.
Mit dem Schornstein hätte das Museumsschiff nicht transportiert werden können. „Der ist zu hoch“, erläutert Rolf Götz mit Blick auf das rund 4,50 Meter hohe Stahlteil, das eineinhalb Tonnen schwer ist. Der moderne Faltkran legt den Kamin aber problemlos auf einem Lastkraftwagen ab.
Es ist ein Fahrzeug des Unternehmens Preßluft Götz, der Firma von Rolf Götz. Ans Neckarufer gefahren hat ihn seine Frau Alexandra. „Sie hat den richtgen Führerschein und kann das“, lobt Götz. Sie brachte auch gleich noch ein Notstromaggregat mit, das die Firma zur Verfügung stellt. Das hebt der Autokran ebenso aufs Museumsschiff wie einen Reserveanker, der immerhin 750 Kilogramm wiegt.
„Das alles ist vorgeschrieben für die Fahrt“, sagt Konrad Fischer, Mitglied des Beirats des Vereins. Das Museumsschiff müsse, wenn beim Transport zur Werft auf dem Rhein ein Notfall eintrete, per Anker festmachen können. Und wenn es zu einem plötzlichen Leck kommen sollte, müssen zwei Tauchpumpen vorhanden sein. „Die hat uns die Mannheimer Berufsfeuerwehr geliehen“, hebt Götz dankbar hervor.
Museumsschiff 2018 vom Technoseum geschlossen
Und nicht nur die Unterstützung der Feuerwehr lobt er. Auch die MVV Energie AG habe sich als „ausgesprochen hilfsbereit“ erwiesen, schließlich muss das bisher am Neckarufer fest vertäute Schiff in den nächsten Tagen von diversen Leitungen getrennt werden: Nicht nur von Strom und Wasser, auch Fernwärmeanschluss hatte der alte Dampfer.
1929 auf der Mainzer Werft Christoph Ruthof vom Stapel gelaufen, fuhr er bis zum Zweiten Weltkrieg im Auftrag der Köln-Düsseldorfer Rheindampfschifffahrt und überstand unbeschadet Fliegerangriffe. 1956 kollidierte er am Deutschen Eck bei Koblenz mit einem Motorschiff und sank, wurde aber gehoben und modernisiert.
Nach der letzten fahrplanmäßigen Fahrt 1980 schenkte die Köln-Düsseldorfer Deutsche Rheinschiffahrts AG der Mannheimer Gesellschaft zur Förderung des Deutschen Rheinschifffahrtsmuseums das Schiff. Sie sanierte es und übergab es dem Technoseum. 1986 wurde es als Museumsschiff „Mannheim“ in Betrieb genommen, 2018 aber geschlossen, weil das Technoseum die Unterhaltskosten und die Aufwendungen für den regelmäßig erforderlichen „Schiffs-TÜV“ nicht mehr aufbringen wollte.
Mannheimer Museumsschiff kommt auf Werft in Köln
Die Schiffsuntersuchungskommission schaut sich den Raddampfer nun auf der Werft in Köln-Deutz an. Zugleich wird dort, so berichtet Rolf Götz, der Rumpf unterhalb der Wasserlinie nicht nur geprüft, sondern auch per Hochdruckstrahl gereinigt und gestrichen. Was sich noch etwas hinzieht, ist der Komplettanstrich des gesamten Museumsschiffs. „Weiß wie ein Schwan“, solle es werden, kündigt Götz an. Da der Verein öffentliche Zuschüsse erhält, muss er diese Arbeiten indes europaweit ausschreiben – das dauert.
Die Zahl der Bieter dürfte überschaubar sein.
„Die Zahl der Bieter dürfte überschaubar sein“, bemerkt Götz und findet es „unwahrscheinlich, dass ein Maler von Spanien oder Litauen kommt, um unser Schiff zu streichen“, wie er sarkastisch bemerkt. Aber die Formalie ist zwingend. Den Schornstein lässt Götz – als Spende – in seiner Firma reinigen und frisch streichen. „Der wird wieder sehr schön“, freut er sich.
Bis Herbst Sanierung von außen abgeschlossen
Konrad Fischer schätzt, dass das alles bis Herbst fertig ist. „Aber dann müssen wir ja noch innen restaurieren“, sagt er, weshalb eine Wiedereröffnung wohl im Frühjahr erfolge. Während das Museumsschiff in Köln auf der Werft ist, kommt das alte Polizeiboot auf die Sandhofener Xylon-Werft und wird dort überholt. „Dann geht es endlich wieder los“, freut sich Hans Goos.
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16 Jahre gehörte er zu dem Dutzend ehrenamtlicher Museumsmitarbeiter, die an den Wochenenden mit dem 1957 erbauten, bis 1992 im Rheinauhafen im Streifendienst eingesetzten Boot kleine Ausflugsfahrten mit den Besuchern des Museumsschiffs unternommen haben. „Wir wollen wieder loslegen“, sagt Goos und freut sich schon. „Dann wird gefeiert“, kündigt auch Christian Kühnle, der Zweite Vorsitzende des Vereins, an.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Museumsschiff des Mannheimer Technoseums: Jede Chance nutzen