Mannheim. Fußball-Vergleiche sind oft nicht sehr originell. Vor allem, wenn gerade die Weltmeisterschaft läuft. Doch mit der Metapher, die der Heidelberger Uni-Rektor nun bemüht, zitiert Bernhard Eitel immerhin den Bruder des Bundeskanzlers: Jens Scholz, ausgewiesener Experte in Sachen Klinika-Fusion, hatte über die gemeinsamen Pläne in Mannheim und Heidelberg wiederholt gesagt: „Das ist wie ein Elfmeter, den die Landespolitik nur noch verwandeln muss.“
Bislang hat die grün-schwarze Koalition, allen voran Ministerpräsident Winfried Kretschmann, dazu indes noch wenig Lust ausgestrahlt. Daher sind die Verantwortlichen am Donnerstag erneut nach Stuttgart gekommen, um nochmals öffentlich für ihr Vorhaben zu werben. Das tun neben Eitel aus Mannheim Oberbürgermeister Peter Kurz und Klinikum-Geschäftsführer Hans-Jürgen Hennes, aus Heidelberg der Uniratsvorsitzende Hanns-Peter Knaebel sowie Wolfgang Wick, Prodekan der Medizinischen Fakultät.
Unklar, wann mit Verbund-Entscheidung zu rechnen ist
Wer was sagt, müsste man sich als Journalist eigentlich gar nicht aufschreiben. Die Fünf auf dem Podium zeigen sich absolut einig: Es handle sich um ein herausragendes Projekt, einmalig in Europa, von dem nicht nur die Region, sondern ganz Baden-Württemberg enorm profitieren werde. Nur bräuchte es - nach mehr als zweijähriger Prüfung - nun doch bitte endlich eine positive Grundsatzentscheidung dafür aus Stuttgart. Möglichst noch dieses Jahr, spätestens Anfang 2023.
Das Projekt um die beiden Krankenhäuser
- Die Uniklinika Mannheim und Heidelberg wollen fusionieren. Alleiniger Träger wäre das Land.
- Bisher ist das Mannheimer Klinikum eine städtische Tochter. Das Land ist aber bereits über die Medizinische Fakultät, eine Außenstelle der Uni Heidelberg, mit im Boot.
- Um die Klinika ist eine „Health + Life Science Alliance“ mit vier sehr renommierten Forschungseinrichtungen gegründet worden: dem Zentralinstitut (ZI) für Seelische Gesundheit in Mannheim sowie dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), dem Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung und dem Europäischen Molekularbiologie-Laboratorium (EMBL) in Heidelberg.
- Zusammen hätten die beiden Klinika nach offiziellem Stand mehr als 3300 Betten (in Heidelberg 1988, in Mannheim 1352). Damit wären sie größer als die Berliner Charité (rund 3000 Betten) und somit die Nummer Eins der deutschen Krankenhäuser. sma
Aber daraus wird wohl nichts. Auf „MM“Anfrage schreibt Regierungssprecherin Caroline Blarr zwar später: „Wir sind vollkommen einig in dem Ziel, die Rhein-Neckar-Region als Leuchtturm der Gesundheits- und Lebenswissenschaften zu etablieren.“ Deshalb habe das Land den damit verbundenen Innovationscampus bereits seit 2021 mit insgesamt 50,7 Millionen Euro unterstützt. Aber für einen Verbund der beiden Krankenhäuser seien weitergehende Themen wie eine effiziente, leistungsfähige und landesweit ausgewogene Patientenversorgung zu prüfen. „Dies muss mit der notwendigen Sorgsamkeit gemacht werden.“ Wann dann mit einer Grundsatzentscheidung zu rechnen ist, lässt Blarr unbeantwortet.
Doch darauf warten die Betroffenen händeringend. „Allein können wir nicht weitermachen“, betont Hennes. Das Kartellamt habe ihnen klar gesagt, dass ohne eine politische Grundsatzentscheidung aus wettbewerbsrechtlichen Gründen keine engere Zusammenarbeit der beiden Klinika möglich sei. Verwiesen wird auch auf die Unsicherheit für die insgesamt rund 18 000 Beschäftigten sowie auf die Schwierigkeit, angesichts der ungeklärten Situation Spitzenpersonal zu rekrutieren.
Kurz erwähnt noch einen anderen Punkt. Neben dem großen Nutzen für ganz Baden-Württemberg gehe es auch um den „durchaus prekären Status quo“ in Mannheim. Das Universitätsklinikum habe inzwischen eine Dimension, die von der Stadt nicht mehr bewältigt werden könne. Eine derartige Träger-Konstruktion gebe in ganz Deutschland nicht mehr, zuletzt sei das Augsburger Klinikum vom Land übernommen worden. Da springt auch der Heidelberger Uniratsvorsitzende Knaebel dem Oberbürgermeister bei: Mannheim habe hier Großartiges geleistet, aber mittlerweile wäre damit jede Großstadt überfordert.
Kosten einer Klinika-Fusion
Die Verantwortlichen betonen immer wieder, eine Fusion (Anfangs sprechen sie, wie vom Land gewünscht, nur von einem Verbund, aber später rutscht ihnen immer mehr das F-Wort raus) bringe immense wirtschaftliche Vorteile. Das hätten inzwischen mehr als 50 externe Gutachter bestätigt. Trotz der finanziellen Probleme in Mannheim könnten beide Klinika zusammen schon 2030 schwarze Zahlen schreiben. Da sei der gewaltige betriebswirtschaftliche Nutzen durch das Bauprojekt „Neue Mitte“ - kurz taxiert ihn rauf 30 Millionen Euro pro Jahr - noch nicht eingerechnet.
Von den Stuttgarter Korrespondenten auf mögliche Kosten einer Fusion angesprochen, nennen die Männer auf dem Podium die kursierenden Milliarden-Summen unredlich. Man dürfe nicht einfach alle in beiden Krankenhäusern anstehenden Bauprojekte addieren, weil die ohnehin kommen müssten und größtenteils bereits bewilligt seien. Auch zur Unterstützung der „Neuen Mitte“ habe sich die Regierung ja bereits bereiterklärt. Und Kurz stellt klar, dass sich die Stadt daran auch weiter beteiligen werde, wenn das Land die Trägerschaft des Klinikums wie gewünscht ganz übernehme.
Eitel bessert auch seinen Elfmeter-Vergleich noch mal nach: Im vorliegenden Fall seien sogar der Torhüter besonders klein und das Tor ungewöhnlich groß. Da bräuchten dem Schützen ganz bestimmt nicht die Knie zu schlottern.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Fürs Mannheimer Klinikum muss endlich eine Lösung her