Verkehr - Nach einer Verordnung im Jahr 2006 wurde im Odenwald schnell saniert – aber was geschah in Mannheim?

Mannheimer Fahrlachtunnel: Richtlinie wirft Fragen auf

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Timo Schmidhuber
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Der Fahrlachtunnel wird vor Sommer 2022 nicht geöffnet. © Christoph Blüthner

Mannheim. Es dürfte spektakulär werden, was da nächste Woche im gesperrten Fahrlachtunnel geplant ist. Eine Spezialfirma wird dort - vereinfacht gesagt - ein Fahrzeug durchschicken, das brennt. So will man überprüfen, wie die Tunnel-Technik bei einem Feuer funktioniert. Unter anderem geht es um die Frage, wie sich der Rauch unter verschiedenen Lüftungsbedingungen ausbreitet. Das alles soll Aufschluss geben, welche Sanierungen in der knapp 500 Meter langen Doppelröhre nötig sind, um sie möglichst schnell wieder zu öffnen.

Wie es dazu kommen konnte, dass die Stadt den Tunnel so abrupt schließen musste - diese Frage ist nach wie vor unbeantwortet. Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) hatte Ende September im Hauptausschuss des Gemeinderats betont, dies intern untersuchen zu wollen. Zunächst müsse es aber darum gehen, den Tunnel wieder zu öffnen.

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Die Ursachenforschung im Rathaus wird bis ins Jahr 2006 zurückgehen müssen. Damals hatte das Bundesverkehrsministerium die fortgeschriebenen „Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln“ - kurz RABT - an Land, Regierungspräsidien und Kommunen weitergegeben. In seinem Rundschreiben zu den RABT, die auf EU-Recht beruhen und als Folge von schweren Brandunfällen in Alpen-Tunneln entstanden sind, empfiehlt das Ministerium eine Risikoanalyse von Tunneln mit mehr als 400 Metern Länge und explizit auch Brandversuche. In den RABT selbst heißt es zudem, es sei im Einzelfall zu prüfen, welche Nachrüstungen vorgenommen werden müssten, um den Sicherheitsstandard gemäß der Richtlinien zu erreichen.

Wie der Fahrlachtunnel ist auch der rund 2700 Meter lange Saukopftunnel zwischen Weinheim und Birkenau bereits vor der Fortschreibung der RABT eröffnet worden, nämlich 1999. Nach dem Rundschreiben aus dem Ministerium im Jahr 2006 ist dort allerdings offenbar ziemlich schnell ziemlich viel passiert. Betreiber des Tunnels ist der Rhein-Neckar-Kreis, der für Nachrüstungen zuständige sogenannte Baulastträger das Regierungspräsidium (RP) in Karlsruhe. „Der Saukopftunnel wurde komplett nachgerüstet, so wie es in den RABT 2006 vorgegeben ist“, erklärt RP-Sprecherin Irene Feilhauer. Die Karlsruher Behörde habe in den zwei Jahren nach den RABT die Betriebstechnik erneuern lassen, Feilhauer zählt unter anderem Lüftung, Beleuchtung, Steuerung, Überwachungstechnik, Leittechnik und unterbrechungsfreie Stromversorgung auf. Das Land Hessen, zu dem Birkenau gehört, habe 2012 zudem einen Fluchtstollen gebaut. „Der Tunnel ist wie neu“, betont Feilhauer.

Fahrlachtunnel – seit August komplett gesperrt

Der knapp 500 Meter lange, zweiröhrige Fahrlachtunnel auf der B 36 südlich der Mannheimer Innenstadt verbindet die östlich von Mannheim verlaufende B 38a mit der nach Ludwigshafen führenden B 37 im Westen. An Spitzentagen nutzten ihn vor der Sperrung bis zu 60 000 Fahrzeuge. Nach sechs Jahren Bauzeit war er im April 1994 eröffnet worden.

Wegen Mängeln in der Sicherheitstechnik - unter anderem bei der Lüftung des Tunnels im Fall eines Brands - wurden am 18. Juni jeweils eine Fahrspur in beide Richtungen gesperrt. Am 3. August folgte dann die Vollsperrung.

Jetzt sind erste Erneuerungsarbeiten geplant, damit nach Angaben der Stadtverwaltung „ab Sommer 2022“ zumindest eine jeweils einspurige Öffnung möglich sein soll. Die gilt dann aber nur für Autos. Dieser Notbetrieb wird wohl bis Mitte 2024 dauern. Während dieser Phase sollen dann weitere Erneuerungen vorgenommen werden, so dass danach wieder eine komplette Öffnung auch für Lastwagen möglich sein soll.

Doch auch dann wird es immer wieder zu Teil- und Komplettsperrungen kommen. Denn parallel erfolgt bis voraussichtlich 2027 eine Generalsanierung des Bauwerks.

Die anderen drei Tunnel im Rhein-Neckar-Kreis - Hollmuthtunnel in Neckargemünd, Branichtunnel in Schriesheim und der Tunnel der B 535 in Schwetzingen - sind alle nach 2006 entstanden. Dem Landratsamt zufolge erfüllen sie alle die Vorgaben der RABT.

Was in Mannheim konkret nach dem Rundschreiben zu den RABT passierte, ist unklar. Das Rathaus erklärte diese Woche auf Anfrage, man sei noch mit den Nachforschungen dazu beschäftigt. „Es werden verwaltungsintern Fragestellungen des Gemeinderates, der Presse und auch der Verwaltung selbst zu der Vergangenheit des Tunnels aufgearbeitet - mit dem Ziel, zum einen über die Ursachen der Sperrung aufzuklären und zum anderen Schlüsse zu ziehen, wie zukünftige Prozesse und Organisationsstrukturen des Tunnels aufgebaut werden müssen.“

Der frühere Bürgermeister Lothar Quast (SPD), bei dessen Dezernat viele Jahre die Zuständigkeit für den Tunnel lag, und der nun im Ruhestand ist, verweist bei einer Anfrage dieser Redaktion auf die Stadtverwaltung. Er selbst werde Fragen der Stadtverwaltung beantworten, wenn ihm dies möglich sei, sagte Quast.

Klar ist allerdings: Von übergeordneter Stelle kontrolliert wurde die Umsetzung der RABT nicht, wie das Regierungspräsidium erklärt. „Der Baulastträger - in diesem Fall die Stadt Mannheim - hat selbst dafür zu sorgen, dass das Regelwerk (RABT) eingehalten wird.“

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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