Verkehr - Der Fahrlachtunnel braucht nach fast 30 Jahren eine Komplettsanierung – die Kosten dafür sind noch unklar

Mannheimer Fahrlachtunnel: Lange Liste voller Mängel

Von 
Timo Schmidhuber
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Aus Sicherheitsgründen ist im Fahrlachtunnel in jede Richtung nur eine Spur befahrbar – bis auf Weiteres. © Thomas Tröster

Mannheim. „Verkehrssicherheit im Fahrlachtunnel“ war der Titel der Power-Point-Präsentation, die Alex Storck vergangene Woche für den Gemeinderats-Ausschuss Technische Betriebe vorbereitet hatte. Die fünf Charts des Rathaus-Abteilungsleiters Ingenieurbau und Straßentechnik hatten es in sich. Überprüfungen hätten „Defizite und Mängel in der Betriebstechnik“ des 27 Jahre alten Tunnels ergeben, aufgelistet wurden acht Punkte: von Steuerungstechnik über Fluchtwege bis Lüftung.

„Die Betriebs- und Sicherheitssysteme funktionieren zwar noch“, erklärte Storck den Stadträten. Sie entsprächen aber nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik und seien deshalb so nicht mehr zulässig. Deshalb ist der Tunnel seit vergangen Freitag in jede Richtung nur noch einspurig befahrbar. Und das könnte auch noch Monate, wenn nicht sogar Jahre so bleiben. Auf einem von Storcks Charts war zu lesen, dass dies „evtl. bis 2024“ andauern könne. Genaueres soll ein für Herbst erwartetes Gutachten bringen.

Eröffnet im April 1994

  • Nach sechs Jahren Bauzeit wurde der Fahrlachtunnel im April 1994 eröffnet. Mit umgerechnet 80 Millionen Euro war er das bis dahin teuerste Straßenbauprojekt in Mannheims Geschichte. Vor dem Spatenstich 1988 war fast zehn Jahre lang darüber diskutiert worden. Gebaut wurde er von Bilfinger Berger.
  • Anfangs wurde der Tunnel von den Autofahrern nicht angenommen. Gezählt wurden nur rund 30 000 Fahrzeuge pro Tag. Heute nutzen ihn bis zu 60 000.

Kevin Ittemann, der Sprecher des für den Tunnel zuständigen Umweltdezernats, konkretisiert am Donnerstag die genannten Mängel: Fluchtwege müssen geltenden Regeln angepasst werden, außerdem sind zusätzliche Lüfter nötig, was möglicherweise eine bessere Stromversorgung erfordert. Außerdem müssen eine neue Beleuchtungs-, eine neue Lautsprecher- und eine neue Notrufanlage her. Mit den ersten baulichen Maßnahmen habe man bereits begonnen, so Ittemann, notwendig sei aber eine Gesamtsanierung. Kosten: bislang unklar.

Industrie mahnt zur Eile

Durch die Teilsperrung könne das Sicherheitsrisiko minimiert, aber der Verkehr gleichzeitig aufrechterhalten werden, hieß es in der Präsentation von Storck. Durch die gesperrten Spuren sind weniger Autos im Tunnel, gleichzeitig können die Spuren bei Unglücksfällen zur Flucht oder zur Rettung genutzt werden. Auch die Kameraüberwachung im Tunnel hat die Stadt jetzt ausgeweitet, wie Ittemann erklärt. Bislang haben die Mitarbeiter in der Verkehrsleitzentrale nur von 6 bis 22 Uhr auf die Bilder aus dem Tunnel geschaut, jetzt tun sie das rund um die Uhr – dafür ist mehr Personal nötig.

Eine Gesamtsanierung nach knapp 30 Jahren – ist das normal bei einem solchen Tunnel? Stadtsprecher Ittemann sagt, dies sei „nicht ungewöhnlich“. „Es gab in der Vergangenheit neue Erkenntnisse zum Brandverhalten, der Rauchgasentlüftung und den Rettungswegsituationen“, erklärt er. Darauf müssten Tunnelbetreiber reagieren.

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Auch im Gemeinderat war der Tunnel am Dienstag kurz Thema, CDU-Fraktionschef Claudius Kranz hatte es angesprochen. „Die Situation mit dem Tunnel hat für alle verkehrlichen Themen Auswirkungen“, sagte er. Insbesondere für die im August geplanten Verkehrsversuche mit einer probeweisen Sperrung von Kunststraße und Freßgasse. Der Versuch soll zeigen, welche Auswirkungen das auf den Ring hat. „Aber wie aussagekräftig ist ein solcher Versuch, wenn wegen der Teil-Sperrung des Tunnels schon mehr Autos als sonst auf dem Ring sind?“

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) erklärt am Donnerstag, die längerfristige Teil-Sperrung des Tunnels würde „die Verkehrsengpässe in Mannheim weiter verschärfen“. Neben den Beeinträchtigungen auf den Rheinbrücken und der Sperrung des „Suezkanals“ dürfe der Fahrlachtunnel „kein weiteres Nadelöhr werden“, betont IHK-Verkehrsexpertin Dagmar Bross. Die Südtangente sei zur Entlastung der Innenstadt und für die Anbindung zahlreicher Unternehmen an die B 38a sowie an die Autobahn unverzichtbar. „Daher ist Eile bei den Sanierungsarbeiten geboten.“

Dass Eile geboten ist, zeigt auch die Antwort der Stadt auf die Frage, warum sie denn keine Umleitungsempfehlung ausgesprochen habe. „Im städtischen Netz ist die Nutzung der Südtangente nahezu alternativlos, einzig ein Umfahren über das Autobahnnetz könnte als Empfehlung ausgesprochen werden.“

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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