Als Linie 2 unterwegs

Mannheimer "Dschungelbahn" im Sondereinsatz: Fahrgäste begeistert

Viele Menschen, die am Montag in den Mannheimer Osten wollten, standen plötzlich in einer Straßenbahn voller Pflanzen. Der Fahrer der "Dschungelbahn" hatte entschieden, kurzfristig auf der Strecke der Linie 2 auszuhelfen

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Steffen Mack
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Plötzlich proppevoll: Die „Dschungelbahn“ fuhr am Montag zwischenzeitlich von der Innenstadt nach Feudenheim und auf die Vogelstang. © Steffen Mack

An der Haltestelle Klinikum ist viel los. Vor allem junge Frauen sind es, die hier am Montag gegen 16 Uhr warten. Nachdem die Bahn ihre Türen geöffnet hat, ruft Fahrer Martin Gärtner hinaus: „Wir fahren nach Feudenheim, wer will mit?“ Fast alle wollen, die Straßenbahn füllt sich auf einen Schlag. Die Zugestiegenen schauen teils überrascht, teils amüsiert, wo sie da hineingeraten sind: eine Bahn voller Pflanzen, die sich nun zwischen ihnen ranken und schlängeln. Fragt man sie, wie ihnen das gefällt, zeigen sie sich begeistert: “Super“, „toll“, „total witzig“.

Seit 7. Juni rollt die „Dschungelbahn“ durch Mannheim. Bisher habe er noch keine einzige negative Reaktion erlebt, berichtet Norman Schilling, einer der beiden Security-Männer an Bord. Aber nun sind er und sein Kollege Batuhan Yarmaz im Sondereinsatz besonders gefordert.

Eigentlich nur als Attraktion

Der Grund sind Störungen im Straßenbahnverkehr, die es am Montag in der Mannheimer Innenstadt gibt. Manche Fahrten fallen ganz aus, vor allem bei der Linie 2. Mehrere Linien, darunter auch die 5 und die 7, müssen andere Strecken als üblich fahren. Um das Netz an zentralen Achsen etwas zu entlasten, soll die Grüne Bahn (so der offizielle Name) weichen. Sie dient ja in erster Linie als Attraktion, nicht als wichtige Verbindung, und taucht in Fahrplänen und Haltestellen-Anzeigen ohnehin nicht auf. Also wurde sie erstmal nach Ludwigshafen geschickt, damit sie aus dem Weg ist.

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Doch da hatten die Planer Martin Gärtner nicht auf der Rechnung. „Natürlich hätten wir uns irgendwo eine gemütliche Endhaltestelle suchen können“, sagt der Fahrer. „Aber man kann die Menschen doch nicht einfach an den Haltestellen stehen lassen.“ Also beschloss er, zurückzukehren und im Mannheimer Osten auszuhelfen. Erst auf der Strecke der Linie 2, dann der 7.

Fahrtziel wird nicht an der "Dschungelbahn" angezeigt

Das einzige Problem sei, dass es keine Lautsprecheranlage gebe und das Fahrziel draußen nicht angezeigt werden könne, sagt Gärtner. Also lösen er, die Securitymänner und eine freundliche RNV-Mitarbeiterin, die ihren Namen nicht genannt haben will, das Haltestelle für Haltestelle mit Zurufen.

Das ist zwar für sie recht anstrengend, klappt aber offenbar gut. Allerdings sind auch an paar Menschen gezielt in die „Dschungelbahn“ eingestiegen, die sich nun über die neue Route sehr wundern. So Sigrid Ludewig, die es zwar „sehr schön“ hier drinnen findet, aber nicht nach Feudenheim will und daher gleich wieder aussteigt. Nils Paternoga dagegen bleibt einfach mal sitzen. Er ist ein Bahn-Fan, das zeigt schon der Zug auf seinem T-Shirt. Auf die „Dschungelbahn“ hat er extra gewartet. Wohin sie jetzt fahre, sei ihm eigentlich egal, lacht er. „Hauptsache, sie fährt.“ Auch ein Buga-Besucher aus Thüringen und seine Begleiterin sind gezielt zugestiegen und begeistert. „Ich komme aus dem Erzgebirge. Sowas habe ich noch nie gesehen“, schwärmt die Frau.

Kurioser Nebeneffekt der Streckenänderung: Nun fährt die Grüne Bahn doch am Gartenschaugelände auf Spinelli vorbei. Dabei soll sie ja eigentlich anlässlich der Buga nur in der stärker frequentierten Innenstadt für Nachhaltigkeit werben.

Höchstgeschwindigkeit ist 62

Mittlerweile sind die meisten Fahrgäste ausgestiegen, auf freier Strecke kurz vor der Vogelstang macht Gärtner Tempo. „62“, sagt er, „mehr geht nicht“. Immerhin war jene Bahn schon bei der Buga 1975 in Mannheim im Einsatz. Bei einem modernen Modell mit Klimaanlage wäre es mit der Belüftung der Pflanzen schwierig. So sind, ganz klassisch, einfach die Fenster oben alle gekippt. Dadurch ist es allerdings auch gut warm in der Bahn.

Wo sie gerade fährt

  • Nähere Informationen zur „Dschungelbahngibt es im Internet unter www.gruenebahn.buga23.de.
  • Dort ist auf einer Karte auch zu sehen, wo sie sich gerade befindet. Aber das funktioniert nicht immer.

Die Stimmung ist jetzt sehr gelöst, Gärtner erfüllt auf der Rückfahrt sogar individuelle Haltewünsche. So stoppt er am Theresienkrankenhaus für Gisela Fröde. „Das war lieb, dass ihr mich mitgenommen habt“, dankt sie. In der Innenstadt füllt sich die Bahn dann wieder. Am Nationaltheater steigen Musikerinnen zu, die gleich noch ein bisschen spielen sollen. Begleitet werden sie von Projektleiter Christian Mäntele von der gemeinnützigen Gesellschaft Engagement Global, die das Ganze bezahlt und organisiert. Er begrüßt Gärtner und Schilling und lobt sie für ihren Einsatz: „Finde ich super, wie die improvisieren.“ Aber auch auf der regulären Route - sie führt noch bis 18. Juni täglich zwischen 10 und 18 Uhr vom Hauptbahnhof über Schloss, Marktplatz, und Wasserturm zurück zum Hauptbahnhof - habe es bislang an jedem Tag mehr als 1000 Fahrgäste gegeben.

Pflanze aus der Dschungelbahn als Souvenir? Zu spät!

Doch besonders glücklich dürften diejenigen sein, die an diesem Montag nach langem Warten unverhofft mit der Dschungelbahn nach Feudenheim oder auf die Vogelstang fahren konnten. Schilling schätzt, dass das um die 150 Menschen waren. Sofern sie gerne eine der Pflanzen als Souvenir hätten, sind sie allerdings zu spät dran. Es seien bereits einige Hundert Anfragen eingegangen, heißt es. Deutlich mehr, als es hier drinnen Pflanzen gebe.

Auch wenn die „Dschungelbahn“ doch nicht, wie zunächst von den Verantwortlichen einhellig behauptet, die weltweit erste ihrer Art ist und es 2018 schon eine ähnliche im polnischen Katowice ab: In Mannheim kommt sie jedenfalls sehr gut an.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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