Kino-Schließung

Mannheimer Cineplex schließt: Kinobesucher trauern und teilen ihre Erinnerungen

In knapp einem Jahr soll das Cineplex in der Mannheimer Innenstadt schließen. Fans des Lichtspielhauses sind fassungslos und bedauern, dass der City eine weiteres Traditionsgeschäft verloren geht.

Von 
Markus Mertens
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Elisabeth Wesolowska und ihre Enkelin Bianka erfahren vor dem Kinobesuch von der anstehenden Schließung des Cineplex. „Dieses Kino wird vielen fehlen“, sagt Elisabeth Wesolowska. © Markus Mertens

Mannheim. In ihrer Samstagsausgabe hatte diese Zeitung exklusiv darüber berichtet, Stunden später ist das Bedauern über die Schließung des Mannheimer Cineplex-Kinos bereits in aller Munde. Gegenüber dieser Redaktion hatte die Geschäftsführung um Frank Noreiks erklärt, dass sich Mannheims erstes Multiplex-Kino nicht mehr wirtschaftlich führen lasse - und das Aus für das Traditionslichtspielhaus zum 30. Juni 2023 angekündigt.

Am Tag, an dem die Entscheidung öffentlich wird, könnte die Fassungslosigkeit über das Ende des Publikumsmagneten in der Mannheimer Innenstadt kaum größer sein. Trotz der Hitze sind Yvonne Teke und ihr Sohn aus Ludwigshafen nach Mannheim gekommen, um sich in ein kindgerechtes Leinwand-Abenteuer zu stürzen. Seit vielen Jahren kommt die alleinerziehende Mutter mit ihrem neunjährigen Sohn Dominic wöchentlich einmal hier ins Cineplex, um die Neustarts in Sachen Kino-Spaß für die Familie zu erkunden - und hat damit ein festes Ritual für sich und ihren Sohn etabliert.

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Von „Sonic - The Hedgehog“ bis hin zu „Space Jam 2“ haben die beiden Filmliebhaber im Cineplex schon so manchen prägenden Spaß erlebt - wobei sich Yvonne Teke sogar erinnert, den ersten „Space Jam“-Teil 1996 hier selbst gesehen zu haben. Umso trauriger macht sie das nun verkündete Aus: „Das ist wirklich eine deprimierende Nachricht. Schon während der Pandemie sind mir als alleinstehende Mutter so viele Möglichkeiten weggebrochen, etwas mit meinem Sohn zu unternehmen, jetzt auch noch dieses Kino. Das ist extrem schade.“

„Tradition geht verloren“

Die Besuche kurzerhand ins Cinemaxx in N 7 zu verlegen, muss Yvonne Teke überdenken, denn „diese besondere Atmosphäre“ im Cineplex sei für sie nicht einfach ersetzbar. Umso mehr wollen die Tekes nun die Gelegenheiten nutzen, die sich für kommende Besuche noch ergeben - und machen mit den „Minions“ schon einmal den Anfang. Mit Fatih Yildiz läuft uns an der Kinokasse ein junger Mann über den Weg, der exemplarisch für all jene steht, die das angekündigte Ende des Cineplex in einem größeren Zusammenhang mit dem Kampf um die Lebensqualität in der Innenstadt an sich betrachtet. Denn der 30-Jährige, der als Kind bereits die Filme von „Dragonball“, „Digimon“ und anderen Anime-Klassikern im Cineplex feierte, macht im Gespräch deutlich: „Wenn solche Häuser wie das Cineplex schließen, geht eine Tradition verloren, die man nicht wieder aufbauen kann.“

Ohnehin habe die Innenstadt mit bedeutenden Geschäften wie Decathlon und Karstadt, zahllosen Einzelhändlern und zuletzt dem Restaurant „Istanbul“ am Marktplatz wichtige Reizpunkte verloren - nun stelle sich die Frage, mit welchen Akzenten man die Attraktivität wieder herstellen wolle. „Sonst“, so Yildiz, „ist das bald keine Innenstadt mehr.“

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Ein regelrechtes Kulturereignis wird in fast genau einem Jahr für Elisabeth Wesolowska und ihrer sechsjährige Enkelin Bianka verloren gehen. Denn seit fast genau einem Jahr ist der Besuch im Cineplex für das Mädchen eine Belohnung und gleichzeitig wertvolle gemeinsame Zeit mir ihrer Oma. Als die Kinogängerinnen von der Schließung erfahren, schlagen sie die Hände über den Kopf zusammen. „Das kann doch nicht wahr sein!“, entfährt es der Großmutter, die das Cineplex vor allem für seine gute Erreichbarkeit und Familienfreundlichkeit lobt. Wo sie nach dem Sommer 2023 mit ihrer Enkelin die Filmtradition fortsetzen wird, weiß Elisabeth Wesolowska noch nicht, klar ist ihr nur: „Dieses Kino wird vielen fehlen.“

Leser blickt auf Historie

Es sind Worte, mit denen auch der Mannheimer Klaus Hiltscher viel anfangen kann. In seiner Zuschrift an die Redaktion blickt der Cineast nicht nur nach vorne, sondern auch zurück auf die packende Geschichte dieses besonderen Ortes. In seinem Leserbrief berichtet der treue Lichtspielfreund von der damaligen Gründung des Planken-Kinos durch den Stuttgarter Geschäftsmann Willy Knörzer, der massiv in den Standort investierte und das Kino kurzweilig sogar zum größten Lichtspielhaus im ganzen Land werden ließ. „Betrüblicherweise“, so Hiltscher, sei Knörzer in Mannheim jedoch nicht nur durch sein Radiogeschäft, sondern auch seinen Hang zu kostenintensiven Box-Veranstaltungen bekannt gewesen.

Gleich mehrfach habe er sich als Manager und Promoter verzockt und damit sein geschäftliches Leben gefährdet. Allein, sein Planken-Kino sei unter insgesamt 25 kleineren Vorort-Kinos im Mannheim der 50er bis 80er Jahre einer der Treffpunkte junger und alter Bürger dieser Stadt gewesen. Und auch Hiltscher denkt allzu gerne an seinen Besuch zu „Apocalypse Now“ zurück, den er 2019 mit seiner Enkelin und der „Eiskönigin“ Elsa erneuern durfte.

Freier Autor

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