Wissenschaft

Mannheim, was macht deine Psyche? Studie sucht Teilnehmer

Was gefährdet unsere psychische Gesundheit? Alle Mannheimer, ob psychisch krank oder gesund, können mithelfen, wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. Was man mit der Teilnahme an der MAKO-Studie bewirken kann und wie sie geht

Von 
Lea Seethaler
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© melitas/iStock

Mannheim. Die neue MAKO-Studie ist eine großangelegte Untersuchung zur psychischen Gesundheit der Mannheimerinnen und Mannheimer. Sie soll ein besseres Verständnis für das Auftreten von psychischen Erkrankungen schaffen und nicht zuletzt die Versorgung von Betroffenen verbessern. Denn bei dieser hakt es regional und auch in ganz Deutschland gewaltig.

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Ob Waschzwang, Panikattacken, Borderline oder Depression: Das Gesicht der psychischen Krankheit ist vielfältig. In Deutschland leiden jedes Jahr von rund 84 Millionen Menschen 18 Millionen an einer solchen Erkrankung. Aber nur etwa 20 Prozent gehen in Behandlung, so die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN).

Menschen aus allen Stadtbezirken Mannheims werden befragt

Zudem müssen viele zu lange auf Diagnose oder Therapie warten. Die MAKO-Studie will das ändern: „Für lokale Versorgungsplanung ist es unerlässlich, ein gutes und aktuelles Bild über die mentale Gesundheit der Bevölkerung und die Anzahl von neuen Erkrankungen zu erfassen“, erklärt dazu Ulrich Reininghaus, Leiter der Abteilung Public Mental Health am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI). Anhand dieser Infos können laut Reininghaus Angebote, etwa die Anzahl an Plätzen einer Station oder die Anzahl an Praxen, besser vorausgeplant werden.

Deshalb werden nun Menschen aus allen Stadtbezirken Mannheims zu ihrer mentalen Gesundheit interviewt. Die Studie befragt Personen, die zum ersten Mal in ihrem Leben von einer schweren psychischen Erkrankung betroffen sind. Darüber hinaus werden Menschen interviewt, die noch nie eine psychische Erkrankung hatten. So sollen Häufigkeit und Verbreitung psychischer Krankheit sowie die psychische Gesundheit Mannheims allgemein festgestellt werden.

So können Interessierte an der Studie teilnehmen

Interessierte können teilnehmen, wenn Sie
  • in Mannheim wohnen,
  • zwischen 14 und 64 Jahre alt sind,
  • sich psychisch gesund fühlen oder
  • sich gestresst fühlen, Schwierigkeiten im Umgang mit Gefühlen haben
  • oder von einer psychischen Erkrankung betroffen sind.

Man kann sich telefonisch oder per E-Mail melden. Das ZI prüft in einem Telefonat, ob man teilnehmen kann. Dann führt man vor Ort am ZI oder per Videokonferenz ein ausführliches Gespräch, in dem die Forscher die Studie näher erläutern und offene Fragen klären.

Anschließend wird man in einem Gespräch und mit Fragebögen ausführlich zur eigenen psychischen Gesundheit und den Lebensumständen befragt. Daten werden vertraulich behandelt. Über die Studien-App können Teilnehmende am Smartphone Erlebnisse und Befinden über sechs Tage hinweg dokumentieren. Einige Teilnehmende werden dann im Abstand von sechs Monaten zu zwei bis vier Folgebefragungen eingeladen.

Kontakt bei Interesse per Telefon 0621 1703-1932 (Anrufbeantworter) oder per E-Mail an mako-studie@zi-mannheim.de

Für mehr Details zur Studie können Interessierte sich an das Studienteam wenden (mako-studie@zi-mannheim.de) oder die Website besuchen (www.mako-studie.de). MAKO steht für Mannheimer Inzidenz- und Kohortenstudie. see

Ein Schwerpunkt der Studie liegt zudem auf Inklusion von Gruppen, die in der Forschung unterrepräsentiert sind, betont das Team um Reininghaus. Es habe sich gezeigt, „dass besonders Personen aus ethnischen Minoritäten und andere Minderheiten oft nicht ausreichend in Studien eingeschlossen werden, etwa aufgrund einer Sprachbarriere“, so die Forschenden. Man lege großen Wert darauf, „dass Menschen mit unterschiedlichen kulturellen, ethnischen und individuellen Hintergründen an der Studie teilnehmen“.

Studie in Mannheim: Auch Menschen, deren Muttersprache Türkisch, Russisch oder Englisch ist, können teilnehmen

Daher können an der Studie auch Menschen mitmachen, die kein Deutsch sprechen und deren Muttersprache beispielsweise Türkisch, Russisch oder Englisch ist. Darüber hinaus kooperiert die MAKO-Studie mit Arztpraxen, Vereinen und Selbsthilfegruppen, um das gegenseitige Vertrauen zu stärken und Möglichkeiten des Mitwirkens zu schaffen. „Wir hoffen, dass auf diese Weise langfristig für alle Einwohnerinnen und Einwohner Mannheims ein wichtiger Beitrag für die Versorgung geleistet und die Behandlung verbessert werden kann“, sagt Reininghaus.

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Indes gibt es bereits neueste Zahlen zur mentalen Gesundheit der Bundesrepublik: Die aktuellen Daten der „Mental Health Surveillance“ des Robert Koch-Instituts weisen auf eine Verschlechterung der psychischen Gesundheit über die letzten Jahre hin. 2023 haben selbstberichtete Depressionssymptome im Vergleich zu 2019 zugenommen. Der Anteil der Personen, die diese angeben, hat sich 2019 annähernd verdoppelt. Eine ähnliche Entwicklung ist für Angstsymptome zu beobachten: Während 2021 etwa acht Prozent der erwachsenen Bevölkerung eine auffällige Belastung berichteten, waren es ab der zweiten Hälfte des Jahres 2022 fast doppelt so viele, so die Wissenschaftler.

Immer weniger Personen mit guter psychischer Gesundheit

Der Anteil der Personen, die ihre psychische Gesundheit als sehr gut oder ausgezeichnet bezeichneten, reduzierte sich von 46 Prozent im Frühjahr 2021 auf 36 Prozent Ende 2022. Im Gesamtbeobachtungszeitraum zeigten sich Ungleichheiten zwischen einzelnen Bevölkerungs- gruppen: Frauen, jüngere Menschen und niedrigere Bildungsgruppen zeigten schlechtere Werte als Männer, ältere Menschen und höhere Bildungsgruppen, so die Forscher. Auf der anderen Seite steht die immer größer werdende Versorgungslücke. Die beunruhigt etwa auch den Sozialverband VdK. Bei Regionalverbänden melden sich immer häufiger Mitglieder, die Schwierigkeiten haben, zeitnah einen Termin bei einem Psychotherapeuten zu finden, so der Verband zuletzt.

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Zwar bekämen viele innerhalb von vier Wochen einen Termin für das Erstgespräch. Aber dann könne es zwischen sechs und neun Monaten dauern, bis ein Platz für eine Psychotherapie frei wird und die eigentliche Behandlung beginne. Der VdK fordert dringend mehr Kassenzulassungen für Psychotherapeuten. „Wer an Depressionen und Ängsten leidet, hat meist nicht die Kraft, alle Praxen in der Umgebung abzutelefonieren und um einen Therapieplatz zu bitten“, so der VdK. „Außerdem besteht die Gefahr, dass sich während der langen Wartezeit die Symptome verschlimmern und Störungen sich festsetzen.“

Selbst mit schweren psychischen Erkrankungen müssten Menschen „zunehmend länger“ auf einen Klinikplatz oder eine ambulante Behandlung warten, so die Psychotherapeutenkammer. Um die Versorgung zu verbessern, schlagen einige Kammern vor, mit „Sonderbedarfszulassungen“ die Behandlungskapazitäten zu erweitern.

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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